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Als eine große Karriere in der Nationalmannschaft mit einer bitteren Pleite begann

Bitteres Debüt eines deutschen Helden

Deutschland trifft in der WM-Qualifikation auf Nordirland. Ein Blick in die DFB-Historie zeigt: Spiele in Belfast waren oft etwas Besonderes. Dort erlebte auch Rudi Völler einen unvergesslichen Moment.
Er war Weltmeister, gewann die Champions League und wurde als DFB-Teamchef Vizeweltmeister. Für die Fans gibt es nun einen Rudi Völler. Wie steht er heute zur legendären Fan-Hymne?
Deutschland trifft in der WM-Qualifikation auf Nordirland. Ein Blick in die DFB-Historie zeigt: Spiele in Belfast waren oft etwas Besonderes. Dort erlebte auch Rudi Völler einen unvergesslichen Moment.

Wenn die deutsche A-Nationalmannschaft am Abend in Belfast (ab 20.45 Uhr im LIVETICKER) aufläuft, ist es für die meisten Spieler - außer für Joshua Kimmich, Serge Gnabry und Jonathan Tah, die beim 2:0-Sieg 2019 dabei waren - eine Premiere.

Doch noch jemand im DFB-Tross kann von Belfast und dem kleinen, aber stimmungsvollen Windsor-Park erzählen: Nationalmannschaftsdirektor Rudi Völler. Er gab dort 1982 sein Länderspieldebüt.

Ein bedeutender Moment im Leben jedes Fußballers, der einmal davon geträumt hat, den Adler zu tragen. Jedoch war es auch ein düsterer, der Vize-Weltmeister unterlag dem krassen Außenseiter mit 0:1 im ersten Spiel der EM-Qualifikation für die Endrunde 1984 in Frankreich.

Es war der Anfang einer tristen Phase, auch das Rückspiel in Hamburg wurde verloren und die folgende EM war nach der Vorrunde vorbei. Nationaltrainer Jupp Derwall musste gehen, „Kaiser“ Franz Beckenbauer übernahm.

Schon nach dem verlorenen WM-Finale war eine hitzige Debatte um Derwall entbrannt. Das erwartete Debüt der jungen Sturmhoffnung Völler stand unter keinem guten Stern.

Völler in Belfast zunächst auf der Bank

Beim Hinspiel in Belfast saß der 22 Jahre alte Neu-Bremer, der in seinem ersten Bundesligajahr an der Weser war und bereits sechs Tore erzielt hatte, erst einmal auf der Bank. Fach- und Boulevardpresse rechneten fest mit seinem Startelfeinsatz als Mittelstürmer neben den Weltklassespitzen Karl-Heinz Rummenigge und Pierre Littbarski. Bild schlagzeilte: „Neuer Bomber: Völler stürmt mit Litti und Kalle gegen Nordirland.“

„Wenn er so forsch, so unkompliziert auftritt wie in den meisten seiner Juniorenspiele und in der Klubelf, wird ihm auch der internationale Durchbruch gelingen“, prophezeite der kicker, auch wenn „niemand von ihm Wunderdinge erwarten“ dürfe.

Jupp Derwall schien sie auch nicht zu erwarten und gab Routinier Klaus Allofs den Vorzug, der aber „außer Fleiß nicht viel mehr zu bieten hatte.“ Und der Kapitän kam besonders schlecht weg in der Kritik: „Erstaunlich die Harmlosigkeit Rummenigges!“

Die Nordiren gingen schon nach 18 Minuten durch Ian Stewarts 17-Meter-Schuss in Führung und gaben sie nicht mehr her.

Völler kann die Niederlage nicht verhindern

Auf tiefem Boden und begleitet von peitschendem Regen lief bei der deutschen Elf, in die Bernd Schuster nach 18-monatiger, selbstverschuldeter Zwangspause zurückkehrte, wenig zusammen.

Weder der namhafte Rückkehrer noch der talentierte Debütant konnten die erste Niederlage überhaupt gegen die Nordiren verhindern. Völler kam erst nach 72 Minuten für den schwachen Lothar Matthäus ins Spiel und sorgte noch zweimal für Unruhe, schlug eine gefährliche Flanke und verpasste ein Zuspiel nur knapp.

Das Urteil der Fachpresse fiel gnädig aus für den Debütanten: „Völler schlug sich gut.“

In seiner Biographie, nach der Karriere erschienen, gab er zu: „Alle hockten in der Kabine, waren richtig sauer. Nur ich nicht, ich hätte die ganze Welt umarmen können. Immer wieder schoss es mir durch den Kopf: Ich hab es geschafft, jetzt bin ich Nationalspieler. Dieses Wahnsinnsgefühl ist unbeschreiblich.“

Früher passten 30.000 Fans in den Windsor-Park

Trotz einer Niederlage, der ersten nach 18 Spielen in der EM-Qualifikation – und Rudi war dabei. Übrigens spielten sie damals vor 30.000 Zuschauern, die der Windsor-Park heute längst nicht mehr fasst.

Jupp Derwall verlor seine Zuversicht nicht: „Das Spiel bringt uns nicht um, wirklich nicht.“ Auch Völler warf es nicht aus der Bahn, er wurde in jener Saison Torschützenkönig und Fußballer des Jahres – und für das nächste Jahrzehnt fester Bestandteil der Nationalmannschaft.

Erster DFB-Sieg auf der britischen Insel

In Belfast setzte die Nationalmannschaft noch einige Meilensteine der DFB-Historie – und das schon beim ersten Gastspiel am 26. Oktober 1960. Denn die Elf von Sepp Herberger fuhr endlich den ersten deutschen Sieg auf der britischen Insel ein, den ihr Engländer und Schotten stets verweigert hatten.

Im Windsor-Park von Belfast hatten sich 40.000 Zuschauer eingefunden, in der Vorfreude auf einen Sieg. Denn bis zu diesem Tag hatte noch gar keine Mannschaft des Kontinents dort gewonnen.

So wurde es eine doppelte Premiere, die der Bundestrainer von erhöhter Warte aus verfolgte. Die Elf wurde von Assistenztrainer Helmut Schön gecoacht, der „Chef“ saß auf der Tribüne.

Nordiren bitten um deutsche Trikots

Er sah ein wildes Spiel mit wechselnden Führungen und einen 4:3-Sieg. Drei Tore gingen auf das Konto der HSV-Stürmer Uwe Seeler (54.) und Gert „Charly“ Dörfel (55., 79.), das erste auf das des Gladbachers Albert Brülls (7.).

Die Nordiren baten nach Abpfiff höflich um die bereits in der Wäschetruhe liegenden deutschen Trikots als Erinnerung an den ersten Gegner, der bei ihnen gewann.

Unrühmliches Novum vom Elfmeterpunkt

Dann war da noch die EM-Generalprobe am 29. Mai 1996 (1:1). Zum zweiten Mal in der DFB-Historie verschoss die Nationalmannschaft in einem Spiel zwei Elfmeter.

Den Anfang machte Jürgen Klinsmann (4.), dann patzte Andreas Möller (33.). Beide schossen sogar am Tor vorbei, das wiederum war ein absolutes Novum.

1985 gegen Malta (6:0) trafen die Schützen zumindest den Kasten. Den traf auch Mehmet Scholl, sodass es wenigstens keine Niederlage gab.

Schnellster Hattrick der DFB-Historie

Spektakulär verlief die Partie am 20. August 1997, sie wurde zum „Fall für Zwei“. Wie schon 1982 gingen die Nordiren in Führung, freilich weit später – durch Hughes (60.).

Bundestrainer Berti Vogts traf daraufhin zwei goldrichtige Entscheidungen: er brachte erst Thomas Häßler (64.), dann Oliver Bierhoff (70.). Bessere Joker hat es wohl nie gegeben.

Zwischen der 73. und 79. Minute erzielte Bierhoff jeweils nach Häßler-Vorarbeit drei Tore! Es ist immer noch der schnellste Hattrick der DFB-Historie und es war der 3:1-Sieg.

Der Lange und der Kurze waren das neue Traumpaar des deutschen Fußballs. Bierhoff witzelte: „Wir geben unsere Vermählung bekannt.“