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Fragwürdige Vorgänge: Was ist da schon wieder los beim DFB?

Fragwürdige Vorgänge beim DFB

Der Regionalverband Süd nominiert Silke Raml statt Silke Sinning als DFB-Vizepräsidentin. Geht es um Kompetenz- oder um Machtfragen?
Jule Brand (r.) wurde 2023 von Silke Raml mit der Fritz-Walter-Medaille ausgezeichnet
Jule Brand (r.) wurde 2023 von Silke Raml mit der Fritz-Walter-Medaille ausgezeichnet
© IMAGO/Team 2
Der Regionalverband Süd nominiert Silke Raml statt Silke Sinning als DFB-Vizepräsidentin. Geht es um Kompetenz- oder um Machtfragen?

Wenn beim DFB-Bundestag Wahlen des DFB-Präsidiums anstehen, wie am 7. November in Frankfurt, so sind das in den meisten Fällen eigentlich Bestätigungen: Die Kandidat*innen werden zuvor nominiert, meist bleibt es bei einer Nominierung, ohne Gegenkandidat*in.

Wer für welches Amt vorschlagsberechtigt ist, regelt § 33 der Satzung des DFB. Hier lohnt sich ein genauerer Blick, um Zusammenhänge zu verstehen.

Weiteres Vize-Amt für „Umsetzung des Strategieprozesses“

Das Präsidium im – basierend auf der Mitgliederzahl – größten nationalen Sportverband der Welt sieht derzeit folgendermaßen aus: Präsident Bernd Neuendorf und Schatzmeister Stephan Grunewald, beide sind frühzeitig von den Regional- und Landesverbänden des DFB sowie der DFL für eine zweite Amtszeit nominiert worden. Erstmals wird diese Wahlperiode dann vier statt bisher drei Jahre betragen.

Dazu kommen die zwei sogenannten ersten Vizepräsident*innen. Zum einen der Sprecher des Präsidiums der DFL, als solcher wurde Hans-Joachim Watzke im September erneut gewählt. Außerdem der Vorsitzende der Konferenz der Regional- und Landesverbandsvorsitzenden des DFB, diese hat Ronny Zimmermann im September erneut nominiert.

Neben den beiden ersten Vizepräsident*innen gab es zuletzt zehn weitere: drei aus Reihen der DFL, fünf der Regional- und Landesverbände, eine*n für Frauen- und Mädchenfußball sowie eine*n für Gleichstellung und Diversität.

Zum Bundestag hat das DFB-Präsidium den Antrag gestellt, für die kommende Wahlperiode einen weiteren Vize zur „Umsetzung des Strategieprozesses“ zu wählen, sprich: einen zusätzlichen Posten zu schaffen. Die Höhe der Tagessätze für Präsidiumsmitglieder orientiert sich an den Diäten der Bundestagsabgeordneten.

Satzungsthemen sind gleichzeitig Machtthemen

Die fünf Regionalverbände innerhalb des DFB sind: der Norddeutsche, der Nordostdeutsche, der Westdeutsche, der Verband Südwest und der Süddeutsche. Letzterer wird als einziger satzungsgemäß von zwei Vizepräsident*innen im DFB-Präsidium vertreten, die anderen von einem, aktuell jeweils ihrem Präsidenten. Das Vorschlagsrecht haben die Landesverbände der Regionalverbände. Zimmermann, Süd-Präsident, ist wie beschrieben bereits nominiert, dem Süd-Verband steht aber eben eine zweite, eigene Nominierung zu.

Diese Satzungsthemen sind naturgemäß trocken. Allerdings geht es um einige der höchsten Posten im deutschen Fußball, es sind also gleichzeitig Machtthemen. Und das wird mit dem Näherrücken des DFB-Bundestags immer deutlicher.

Aktuell ist der Süden neben Zimmermann mit Silke Sinning vertreten, der Präsidentin des hessischen Landesverbandes (LV).

Sinning hat sich beim Bundestag im März 2022 gegen den zuvor als unantastbar geltenden Rainer Koch, damals Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes BFV, durchgesetzt. Dass der einstige Strippenzieher und heutige Ehrenpräsident des BFV Sinning mit 68 zu 163 Stimmen unterlag, dürfte er nicht vergessen haben.

Wie sehr Koch im Hintergrund weiter wirkt, ist schwer zu beurteilen – seine Abwahl bedeutete auch, dass der mächtige bayerische Verband „seinen“ Vize-Posten im DFB-Präsidium verlor.

Geht es letztlich nur Proporz?

Die Hessen schlugen dem RV Süd erwartungsgemäß vor, Sinning für eine zweite Amtszeit zu nominieren. Bayern setzte seine Vizepräsidentin Silke Raml entgegen. Hessen stellte darauf den Antrag, als Regionalverband beide Frauen zu entsenden – schließlich haben das letzte Wort ja ohnehin die Delegierten beim DFB-Bundestag.

Der Antrag, der SPORT1 vorliegt, wurde mit 15:2 Stimmen abgelehnt, und Raml wurde nominiert. Die Konsequenz? Beide treten beim Bundestag gegeneinander an, Raml nominiert vom Regionalverband, Sinning nominiert vom Landesverband Hessen.

Man kann nun Argumente dafür finden, dass eine Wahl ohnehin demokratischer ist als die reine Bestätigung einer einzelnen Kandidatin. Man kann aber auch die Frage stellen, welche Interessen Bayern antreiben, Sinning – 2022 just von diesem LV nominiert – nicht mehr zu unterstützen. Interessant auch, dass nicht der bayerische Präsident gegen sie ins Rennen geschickt wird, sondern seine weibliche Vize.

Nur so, heißt es hinter vorgehaltener Hand, habe man sich Chancen ausgerechnet, schließlich sind Frauen im DFB-Präsidium weiter rar gesät und der Plan war eigentlich: mehr Diversität.

Geht es letztlich nur um Proporz? Was ist dran an der kolportierten Hinterzimmer-Absprache, wonach Bayern die Entsendung auf einen Süd-Vizeposten seit 2006 zustehe? Warum hat das dann 2022 keine Rolle gespielt? War man seinerzeit einfach so sicher, Sinning habe gegen Koch keine Chance?

Sabine Mammitzsch räumt Vize nach nur einer Amtszeit

Apropos Frauen im DFB-Präsidium. Mit Sabine Mammitzsch räumt eine Vize nach nur einer Amtszeit definitiv den Posten, für sie soll Heike Ullrich das Amt bei Frauen und Mädchen übernehmen, bisher Generalsekretärin und das ihrerseits erst seit einer Amtsperiode.

Das Vorschlagsrecht für ihre Nachfolge hat der DFB-Präsident, Holger Blask soll folgen.

Die eine oder andere kritische Stimme zu Sinning und Mammitzsch hat es zwar gegeben, allerdings in der Vergangenheit auch an Vizepräsidenten. Während ein Hermann Winkler aber beispielsweise noch jeden Social-Media-Unfall überlebt hat, braucht es bei Frauen womöglich nicht viel im Männerbund DFB, um nach nur einer Amtszeit ausgetauscht zu werden.

So weit ist es bei Sinning noch nicht: Sie hat den Kampf aufgenommen, wirbt bei den Kolleg*innen für sich und ihre Arbeit. Ihr Slogan: „Verantwortung statt Macht“.