Giorgi Mamardashvili holte - quasi im Alleingang - den ersten Punktgewinn Georgiens bei einer Europameisterschaft jemals. Beim 1:1-Unentschieden gegen Tschechien wusste der Keeper auf ganzer Linie zu überzeugen, hielt Bälle, die eigentlich unhaltbar waren - und stellte unter Beweis, wieso der FC Bayern ihn einst auf dem Zettel gehabt hatte.
Der Keeper, der Bayern entging
Die bärenstarke Leistung entging natürlich auch Rekordnationalspieler Lothar Matthäus nicht. Der 63-Jährige wunderte sich zugleich über die damalige Entscheidung der Bayern, den georgischen Keeper nicht zu verpflichten.
„Ich verstehe nicht, dass sie (der FC Bayern; Anm. d. Red.) ihn nicht gekauft haben“, erklärte Matthäus bei Magenta TV, ehe Moderator Florian König auf das hohe Preisschild verwies. 35 Millionen Euro wären im Sommer 2023 wohl fällig gewesen.
„Man hat für Harry Kane 110 Millionen ausgegeben ...“
Das reichte Matthäus als Begründung nicht: „Man hat für Harry Kane 110 Millionen ausgegeben, aber Mamardashvili hat halt nicht den Namen. Und das ist häufig das Problem.“
Heute habe man „gesehen, er wäre sicherlich auch ein würdiger Nachfolger von Manuel Neuer geworden.“ Matthäus‘ Schlussfolgerung: „Da hat man einen sehr, sehr guten Torhüter eben nicht geholt.“ Zur Erinnerung: Die Bayern hatten stattdessen Daniel Peretz für fünf Millionen Euro verpflichtet.
Mamardashvili steht seit Januar 2022 beim FC Valencia unter Vertrag. Vor wenigen Wochen hatte er das Interesse der Bayern bestätigt.
„Mein Vater und mein Berater waren in München und haben die letzten Verhandlungen geführt. Ich war bereits auf der Suche nach einem Haus in München, in dem ich wohnen sollte“, sagte er im Interview mit Geo Team. Der Deal sei jedoch am Geld gescheitert: „Am Ende stellte sich heraus, dass sie die Summe, die sie verlangten, nicht bezahlen konnten“, erklärte Mamardashvili über die Vorgänge im Sommer 2023.
Der 23-Jährige hatte gegen die Tschechen zwölf Torschüsse vereitelt, davon ganze acht in der ersten Halbzeit - eingestellter EM-Rekord! Das gelang zuvor nur Gianluigi Donnarumma und Thomas Strakosha.
Selbstredend wurde er von der UEFA anschließend als „Man of the Match“ ausgezeichnet. „Ich freue mich für ihn, dass die UEFA endlich mal die richtigen Leute zum Spieler des Matches gemacht hat, weil häufig werden die Namen gesucht“, sagte Matthäus. „Hier ist wirklich der beste Spieler zum Spieler des Spiels gewählt worden.“
Matthäus schwärmt von Mamardashvili
Noch hütet Mamardashvili das Tor beim FC Valencia. Mit seiner Körperlänge von 1,97 Meter ist der Torwart-Hüne eine imposante Erscheinung, trotzdem ist er in der Lage, bei Flachschüssen blitzschnell abzutauchen und gegnerische Spieler mit unglaublichen Reflexen zur Verzweiflung zu treiben. Außerdem gilt er als Elfmeterkiller.
„Kein Theater, kein Clown und sachlich ruhig und sicher“, lobte Matthäus den Torwart weiter. Mamardashvili habe schlichtweg ein Weltklasse-Torwartspiel. „Nicht nur die Paraden, sondern auch die Ruhe, die er ausgestrahlt hat. Stabil, nicht nervös machen lassen, alles souverän geklärt. Nicht nur mit seinen Reaktionen, sondern mit seiner Art.“
Von der Presse und Experten wurde Mamardashvili entsprechend abgefeiert. Laut Sofascore verhinderte er mit seinen Paraden absurde 3,19 Expected Goals.
Die dänische Torwart-Koryphäe Thomas Sorensen kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Von einem „Märchen“ war die Rede, einzig unvollendet, weil Saba Lobzhanidze unmittelbar vor Abpfiff noch eine hundertprozentige Chance liegen ließ und den ersten georgischen EM-Sieg somit aus den Händen gab. Mamardashvili konnte es nicht fassen und schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
Wer wird Neuer-Erbe beim FC Bayern?
Es war am Samstagnachmittag bei weitem nicht das erste Mal, dass Mamardashvili sich bei einer Europameisterschaft in den Fokus spielte. Sein Meisterstück lieferte der Torhüter bei der U21-Europameisterschaft 2023 ab, die neben Rumänien in Georgien ausgetragen wurde.
Obwohl er bereits neun Länderspiele für die A-Nationalmannschaft absolviert hatte, wollte er sich die Endrunde in seinem Heimatland nicht entgehen lassen.
In einer starken Vorrundengruppe mit Portugal, den Niederlanden und Belgien führte Mamardashvili seine Georgier mit starken Paraden sensationell zum Gruppensieg, ehe der Underdog im Viertelfinale gegen Israel unglücklich im Elfmeterschießen scheiterte.
Und so schließt sich der Kreis wieder: Damals stand bei den Israelis Peretz im Tor, heute Keeper bei den Bayern und einer der Anwärter auf das Neuer-Erbe - wie einst Mamardashvili.