Ein unachtsamer Moment der Besten hat am Mittwochabend genügt, um den großen EM-Titeltraum der DFB-Frauen jäh zerplatzen zu lassen. Als der Ball von Aitana Bonmatí an Ann-Katrin Berger vorbei ins kurze Eck flog, sickerte bei vielen wohl die Erkenntnis ein: Es wird wieder nichts werden mit dem ersten EM-Triumph seit 2013.
Bitte nicht blenden lassen
Doch auch wenn Christian Wücks Mannschaft die Schweiz ohne Trophäe verlassen muss - gewonnen hat sie auf anderer Ebene trotzdem: Denn die Herzen der Fans flogen dem Team in den vergangenen Tagen nur so zu. Selbst nach dem Ausscheiden verweilte ein großer Teil der Anhänger noch lange nach dem Abpfiff auf der Tribüne, um das Team zu feiern.
DFB-Frauen: Kett und Wamser als neue Hoffnungen
Durch den Umbruch nach den Olympischen Spielen 2024 hat die deutsche Nationalmannschaft ein neues Gesicht bekommen - die Lücken namhafter Vorgängerinnen wie Alexandra Popp wurden deutlich schneller gefüllt, als es viele prophezeit hatten.
Das junge Team trotzte nicht nur dem Verletzungspech, sondern brachte gleichzeitig auch neue Hoffnungsträgerinnen wie Franziska Kett und Carlotta Wamser hervor. Zudem wurde bewiesen, dass man aus Fehlern vorheriger Spiele lernen kann. Das trifft auch auf Bundestrainer Wück zu, der die richtigen Schlüsse aus dem Schweden-Debakel zog.
Das ging allerdings mit einem großen Offensivverzicht einher, und Fakt ist auch: Zu begeistern wusste die Mannschaft vor allem aufgrund ihres Kampfgeistes, ihrer Mentalität und ihres Teamgefühls. Die Schönheit des Spiels kam da oft zu kurz, weshalb Almuth Schult in der ARD gar meinte, erst „eine spielerisch richtig gute“ Partie unter Wück gesehen zu haben.
In den spanischen Medien war sogar von einem Bus die Rede, den Deutschland vor dem eigenen Tor geparkt hätte – ein legitimes und gegen Spanien wohl aktuell auch nötiges Mittel. Es unterstreicht aber auch, dass längst noch nicht alles Gold ist, was glänzt. Deutschland darf sich nicht blenden lassen.
Bühl und Brand künftige Anführer?
Zwar rettete die große Moral die DFB-Frauen trotz Spaniens klarer spielerischer Überlegenheit fast ins erhoffte Elfmeterschießen – an manchen Stellen überdeckte sie aber auch die Probleme wie die fehlende Kreativität und offensive Durchschlagskraft, wenn man mit England und Spanien mithalten möchte.
Das gilt sowohl auf Nationalteam- als auch auf Vereinsebene, denn auch dort geben diese beiden Nationen inzwischen klar den Ton an. Daher ist das EM-Finale zwischen den aktuellen Europa- und Weltmeisterinnen auch alles andere als Zufall.
Doch auch das DFB-Team hat Stars wie Jule Brand, die von europäischen Topteams wie Olympique Lyon gejagt und verpflichtet werden. Sie ist mit 22 Jahren weiter eines der Gesichter des DFB-Teams, das mit der kaum älteren Klara Bühl noch über viele Jahre eine der gefährlichsten Flügelzangen der Welt bilden kann.
Und mit Juwelen wie Kett gibt es vielversprechende Spielerinnen dahinter, die sich mit zunehmender Erfahrung in den nächsten Jahren noch weiter steigern werden. Ann-Katrin Berger, Giovanna Hoffmann und Co. betonten nach dem Aus daher zu Recht, dass diesem neu zusammengestellten Team in der Zukunft keine Grenzen gesetzt sind.
Doch aktuell zählt die Gegenwart - und in dieser müssen trotz des guten Abschneidens, was das Halbfinale mit dem neuen Kader zweifelsohne ist, auch die Problemfelder klar aufgearbeitet werden. Dann kann dieses Team in Zukunft noch Großes erreichen.