Als die ungarische Schiedsrichterin Katalin K. Kulcsar nach über 97 Minuten die erste Partie der diesjährigen Frauen-EM zwischen Island und Finnland beendete, erlebte die Stockhorn-Arena im schweizerischen Thun eine echte Gefühlsexplosion.
Die EM hat ihr erstes Märchen
Mitgereiste finnische Fans jubelten ausgelassen auf den Tribünen, auf dem Spielfeld lagen sich die Spielerinnen der siegreichen Finninnen in den Armen.
Erster EM-Sieg seit 16 Jahren
Dass der 1:0-Sieg über Island der Helmarit (Spitzname der finnischen Frauen-Nationalmannschaft; d. Red.) viel bedeutet, wurde wenige Augenblicke nach Abpfiff schnell klar.
Erstmals seit 16 Jahren bejubelte Finnland einen Sieg bei einer Fußball-Europameisterschaft der Frauen. 2009 sicherte sich die Helmarit gleich zwei Siege bei der Heim-EM, schlug in der Gruppenphase zunächst Dänemark mit 1:0 und ließ einen Sieg über die Niederlande (2:1) folgen.
Erst im Viertelfinale war damals für Finnland Schluss, als die Skandinavierinnen am späteren EM-Finalisten England mit 2:3 scheiterten.
Finnische Presse stimmt Jubelarien an
Der überraschende Sieg gegen die im Vorhinein leicht favorisierten Isländerinnen löste auch in der finnischen Heimat riesige Euphorie aus.
„Finnlands Mut wird belohnt“, kommentierte Helsingin Sanomat, die auflagenstärkste Zeitung des Landes, den Auftritt des Außenseiters, der überraschend aggressiv auftrat und hoch presste: „Selten haben drei Punkte so gut geschmeckt wie am Mittwochabend in der Thun-Arena. Als der Ball im Netz landete, ging ein gewaltiger Seufzer der Erleichterung durch die Thuner Bergluft.“
„Gut gemacht, Helmarit! Sensationeller Sieg für Finnland bei der EM“, jubelte Ilta-Sanomat, die größte finnische Boulevard-Zeitung.
Eigentlich sei es ja nur das Ziel gewesen, nicht zu verlieren, war bei Hufvudstadbladet zu lesen, doch dann „ging ein Traumszenario in Erfüllung“.
Auch die Tageszeitung Aamulehti stimmte in die Jubelarien mit ein, dabei hatte das Blatt im Vorfeld noch geschrieben, „niemand hat Angst vor Helmarit, den Außenseitern“.
Traumtor sichert umjubelten Sieg
Ihrem Status als vermeintliche Außenseiterinnen wurden die Finninnen von Beginn an nicht gerecht - auch wenn sie in der Weltrangliste um satte zwölf Plätze hinter Island (14.) aufgeführt werden.
In die finnischen Karten spielte in der zweiten Halbzeit sicherlich auch ein isländischer Platzverweis, als Hildur Antonsdóttir nach 58 Minuten mit Gelb-Rot vom Platz flog. In Person von Katariina Kosola nutzte Finnland die nummerische Überzahl auf dem Rasen und schlenzte sich per Traumtor zum ersten EM-Sieg seit 16 Jahren.
Am Sonntag steht für die Helmarit das nächste Gruppenspiel auf dem Programm. In Sion wartet Norwegen - und mit einem Sieg das Ticket für die K.o.-Runde.