Hallo Fußball-Fans,
Das ist niederschmetternd
Die EM in der Schweiz ist gestartet - und die deutsche Mannschaft ist mit einem verdienten Auftaktsieg ins Turnier gestartet. Doch trotz des 2:0 gegen Polen wollte keine echte Euphorie aufkommen - zu schwer wog ein Moment, der das Spiel überschattete.
Giulia Gwinns Verletzung ist tragisch
Die Verletzung von Giulia Gwinn ist tragisch, auch in der Entstehung: Sie vereitelte mit dem Tackling eine hochkarätige Torchance. Man sah sofort, wie das linke Knie etwas hinterherzieht - in der Zeitlupe wird das dann noch deutlicher. Ich habe richtig mit ihr mitgelitten, man fühlt einfach mit. Gerade auch vielen ihrer Teamkolleginnen war in dem Moment bestimmt direkt bewusst: „Sch****, die hat schon zwei Kreuzbandrisse hinter sich.“ Der Schock stand den Spielerinnen ins Gesicht geschrieben. Wie aber auch alle gleich für sie da waren, war sehr herzlich und zeigt auch, was sie in der Mannschaft für einen Stellenwert hat.
Dass die EM nun vorbei ist für Gwinn, ist niederschmetternd. Trotzdem habe ich aufgeatmet, dass es „nur“ ein Innenbandriss ist und die noch schlimmere Befürchtung nicht eingetreten ist. Für die Mannschaft ist es aber ein herber Schlag. Du verlierst mit ihr eine absolute Leaderin, eine Spielerin, die auf ihre eigene Art und Weise vorangeht. Wie das Team nun ohne Gwinn durch das Turnier kommt, wird sich zeigen - aber am Freitag lief es schon mal gut.
Carlotta Wamser wurde für sie ins Spiel gebracht - und hat es richtig gut gemacht, zwei Torbeteiligungen inklusive. Ihr drittes Länderspiel, das erste bei einer Europameisterschaft - und dann so eine Leistung! Sie hat sofort ins Spiel gefunden.
Dass sie so eine Partie gemacht hat, bringt ihr persönliches Wachstum. Und das kann für den weiteren Turnierverlauf sehr wertvoll werden. Ich bin überzeugt: Wamser und die ganze Mannschaft können den Verlust weiter gut auffangen.
Im Vorfeld gab es Kritik an Bundestrainer Christian Wück, was die Nominierungen betrifft, unter anderem ging es auch um Wamser. Jetzt darf sich Wück bestätigt fühlen: Er hat mutige Entscheidungen getroffen - und das wurde jetzt belohnt. Für Carlotta freut es mich am allermeisten.
Jule Brand rückt in den Fokus
Ein gutes Spiel hat auch Jule Brand gemacht, eine andere Spielerin, die als Persönlichkeit im Blickpunkt steht, nach dem Aus von Gwinn noch mehr. Man darf bei Jule Brand aber nicht vergessen: Sie ist erst 22, ein Alter, in dem Leistungsschwankungen völlig normal sind. Es gibt viele Ups and Downs – das gehört dazu und man muss es ihr zugestehen.
Dass sie jetzt einen guten Start gehabt hat, ist erfreulich - und es stimmt mich optimistisch, dass sie im Turnierverlauf davon profitiert. Wenn Jule Brand bei diesem Turnier Konstanz findet, dann wird sie für diese Mannschaft unersetzlich.
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Anja Mittag, 40 Jahre alt, ist eine der erfolgreichsten deutschen Nationalspielerinnen. Die Stürmerin lief 158-mal für die DFB-Frauen auf, damit steht sie auf Rang vier der deutschen Rekordliste. Mittag erzielte 50 Tore, darunter den 1:0-Siegtreffer im EM-Finale 2013. Sie ist dreimalige Europameisterin (2005, 2009, 2013), Weltmeisterin (2007) und Olympiasiegerin (2016).
Auf Vereinsebene lief Mittag unter anderem für Turbine Potsdam, den VfL Wolfsburg, Paris Saint-Germain und RB Leipzig auf und gewann zahlreiche Titel. Zu den Sachsen stieß sie 2019, bis zuletzt agierte sie bei RB als Co-Trainerin der ersten Frauenmannschaft. Jetzt wartet eine neue Herausforderung als Individualtrainerin im Ausland.