Nirgendwo wird so viel um den heißen Brei geredet wie im Profifußball. Vielleicht noch in der Politik.
Nagelsmann spricht aus, was offensichtlich ist
Nagelsmanns Offenheit tut gut
Hypothesen, Vermutungen, Geheimniskrämerei, alle Aussagen mit ganz viel Bedacht wählen und ja nicht auf den Punkt kommen. Es könnte sich ja jemand auf dem Schlips getreten fühlen oder noch schlimmer: Es könnte in ferner Zukunft auf einen selbst zurückfallen.
Das ist bei Julian Nagelsmann anders. Bei der Nominierungs-PK am DFB-Campus nahm der Bundestrainer bei kaum einer Frage ein Blatt vor den Mund - wie erfrischend!
Sané? Nagelsmann wird deutlich
Warum Leroy Sané nicht dabei ist? Viele Funktionäre hätten wohl mit fehlender Fitness, Eingewöhnungszeit in seinem neuen Verein oder der verstorbenen Katze argumentiert.
Nagelsmann nicht: Er spricht aus, was offensichtlich ist. Die türkische Liga ist nun mal eine andere Hausnummer als die Bundesliga. Wer sich dort in den DFB-Fokus spielen will, muss eben herausstechen. Und das tat Sané bislang nicht. Für jeden im Raum, für jeden Fußballfan - deutlich, aber nachvollziehbar.
Nagelsmann stellt Bedingungen: „34“ Prozent
Generell macht der Bundestrainer eines ganz klar: Wer im Verein nicht spielt, hat bei ihm keine Chance. Eine wichtige Botschaft. Die bringt er seinen Jungs in nahezu jedem Zukunfts-Gespräch nahe. Lieber also bei einem „kleineren“ Verein spielen als bei einem Topklub nur Reservist sein. Mindestens „34 Prozent“ Spielzeit müssen es schon sein.
Der 38-Jährige macht keinen Hehl daraus, dass er manche Transfers in der Vergangenheit nicht gutheißen kann. Auch wenn er keinen Namen verriet, ist es naheliegend, dass ihm neben Sané auch die Wechsel von Malick Thiaw und Tom Bischof sauer aufgestoßen sind - aus eben genannten Gründen. Kein Wunder, dass er den inzwischen wohl sicheren Verbleib von Nick Woltemade beim VfB Stuttgart „nicht verkehrt“ findet.
Nagelsmann kommuniziert offen und nachvollziehbar
Nagelsmann lässt seinen Gedanken - so wirkt es zumindest - freien Lauf und vor allem die Öffentlichkeit und Fußballdeutschland daran teilhaben. Diese Transparenz und Nahbarkeit machen Spaß. Nagelsmann brachte so schon im vergangenen Jahr frischen Wind in den zuvor etwas staubig gewordenen DFB.
Nagelsmann sagt auch klipp und klar, was er von der Kritik von Matthias Sammer hält („Bin ein großer Fan davon, dass man das persönlich macht“). Warum Oliver Baumann in seinen Augen die Nase vorn hat. Oder woran es bei manchem Spieler, wie beispielsweise Aleksandar Pavlovic, gerade fehlt.
Man braucht nicht derselben Meinung wie der Bundestrainer zu sein. Durch seine klaren Worte macht er seine Entscheidungen aber nachvollziehbar.
Nagelsmann mit Klartext
35 Minuten Pressekonferenz können ganz schön lang sein. Vor allem wenn, wie üblich, nichts gesagt wird. Bei Nagelsmann ist das anders. Die gute halbe Stunde verfliegt wie im Fluge, jeder im Raum und auch die Fans bekommen klare Antworten auf ihre Fragen. Diese Offenheit tut gut.
Und wenn er doch mal ein paar taktische Kniffe, wie das Vorhaben mit Kimmich, nicht verraten will, macht er auch das deutlich - absolut plausibel.