WM-Qualifikation>

Fans rasten aus: Afrikanischer Außenseiter träumt von der WM

Eine der größten Sensationen

Kap Verde ist nur noch einen Sieg von der erstmaligen WM-Teilnahme entfernt. Beispielhaft für den Erfolg der Inselgruppe ist ausgerechnet ein kurioses Missverständnis.
Es ist bunt, es fällt auf und es bringt gleich mehrere Neuheiten mit sich: Das ist das offizielle Logo für die Fußball-WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko.
Kap Verde ist nur noch einen Sieg von der erstmaligen WM-Teilnahme entfernt. Beispielhaft für den Erfolg der Inselgruppe ist ausgerechnet ein kurioses Missverständnis.

Als der Schlusspfiff ertönte, gab es für die Zuschauer im Nationalstadion der Hauptstadt Praia kein Halten mehr.

Tausende stürmten den Platz, schwenkten Fahnen und zündeten Leuchtfackeln. Die Begeisterung war so groß, dass man sich als neutraler Beobachter die Augen reiben musste.

Denn eigentlich heißt das Lebensmotto der Einwohner von Kap Verde: „Kein Stress“. Doch wenn die eigene Fußball-Nationalmannschaft schon mal so kurz vor der ersten Teilnahme an einer WM-Endrunde steht, werden sogar die Bewohner der kleinen, beschaulichen Inselgruppe vor Westafrika ekstatisch.

Nach dem 1:0-Sieg gegen den schärfsten Rivalen Kamerun sind die „Blauen Haie“, wie das Nationalteam genannt wird, nur noch einen weiteren Dreier von der historischen WM-Qualifikation entfernt.

Vor den letzten beiden Spielen in Libyen und zu Hause gegen Eswatini, das bis 2018 noch Swasiland hieß, hat Kap Verde in Gruppe D vier Punkte Vorsprung auf Kamerun.

Wie groß die Euphorie auf der Inselgruppe mit ihren etwa 500.000 Einwohnern rund um die Nationalmannschaft ist, wurde schon im Vorfeld des Spiels am Dienstag auf der Insel Santiago deutlich.

Am Spieltag bekamen die Arbeitnehmer frei

„Das Nationalstadion war voll, nachdem alle Anstrengungen unternommen worden waren, um die Menschen zum Spiel zu bringen“, hieß es in der Insel-Zeitung Expresso das Ilhas. „Die Regierung gewährte den Arbeitnehmern einen freien Tag und die Stadtverwaltungen von Santiago stellten ihren Einwohnern kostenlose Transportmöglichkeiten zur Verfügung.“

15.000 Zuschauer im restlos ausverkauften Stadion verfolgten den knappen, aber nicht unverdienten 1:0-Sieg gegen die eigentlich „unzähmbaren Löwen“ aus Kamerun.

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Dass mit Dailon Livramento ein Spieler aus der portugiesischen Liga das entscheidende Tor erzielt hat, sagt schon viel aus über das Erfolgsgeheimnis der kapverdischen Auswahl.

Denn in der eigenen Liga spielt kein einziger Nationalspieler, gut die Hälfte des Kaders ist nicht auf einer der rund 15 Inseln des Urlaubsparadieses geboren worden.

Schätzungen zufolge, so ist auf sportschau.de zu lesen, „leben mehr Menschen mit kapverdischen Wurzeln im Ausland als auf der Inselgruppe selbst“.

Diesen Umstand mache sich der Fußballverband seit 2012 zunutze, um eine wettbewerbsfähige Nationalmannschaft aufzubauen, hauptsächlich mit Spielern aus der ehemaligen Kolonialmacht Portugal.

Kap Verde: Roberto Lopes wird über Umwege Nationalspieler

Diese Vorgehensweise führt bisweilen auch zu so verrückten Anwerbeversuchen wie bei einem gewissen Roberto Lopes. Der 33-Jährige spielt schon seit 2017 in der irischen Liga bei den Shamrock Rovers und hat wohl nicht damit gerechnet, irgendwann einmal Nationalspieler zu werden.

Das änderte sich auch dann nicht, als er 2019 eine E-Mail von Rui Águas, dem damaligen Nationaltrainer von Kap Verde, bekam. Denn Lopes, der kein Wort Portugiesisch verstand, hielt sie zunächst irrtümlicherweise für eine „Willkommens-Nachricht von LinkedIn“, wie er einst bei CNN erklärte.

Erst als sich Águas ein paar Monate später noch einmal meldete – diesmal auf Englisch -, habe er „die alte Nachricht herausgesucht und sie mit Google Translate übersetzt“, verriet Lopes.

Seitdem ist aus dem Innenverteidiger, dessen Vater aus Kap Verde kommt, ein gestandener Nationalspieler geworden – mit mittlerweile 40 Länderspieleinsätzen.

Seine Geschichte mag die kurioseste unter den zahlreichen Anwerbeversuchen sein, die der kapverdische Verband in den vergangenen Jahren unternommen hat. Doch sie steht auch für den Erfolg dieser Methode, die eng mit dem ehemaligen Nationaltrainer Lúcio Antunes verbunden ist.

Er hatte Anfang der Zehnerjahre die Idee, Spieler aus dem Ausland mit kapverdischen Vorfahren für die Nationalmannschaft zu begeistern.

Wäre den Verantwortlichen die Idee schon früher gekommen, hätten beispielsweise auch Patrick Vieira, Frankreichs Weltmeister von 1998, oder auch Schwedens 106-maliger Nationalspieler Henrik Larsson für die Nationalmannschaft spielen können.

Führt „Bubista“ die Kapverden zur nächsten Sensation?

Die Rekrutierung von Spielern mit kapverdischen Wurzeln ist freilich nur ein Teil des Erfolgsgeheimnisses, gewissermaßen die Voraussetzung dafür.

Nun scheint es, als ob in Trainer Pedro Leitao Brito auch jemand gefunden wurde, der es schafft, die aus aller Welt zusammengewürfelte Truppe zu einer Einheit zu formen.

Schon beim vergangenen Afrika Cup 2024 führte der in der Heimat nur „Bubista“ genannte Ex-Nationalspieler das Team sensationell zum Gruppensieg. Erst im Viertelfinale scheiterten die „Blauen Haie“ unglücklich nach Elfmeterschießen an Südafrika.

Jetzt also steht die Nationalmannschaft der Inselgruppe vor der nächsten Sensation. Man mag sich die Bilder in der Hauptstadt Praia kaum vorstellen, wenn sich Kap Verde tatsächlich zum ersten Mal für eine WM qualifiziert.