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Er hat verstanden, was Fußball-Deutschland jetzt braucht

Auf dem Weg zum Anführer

David Raum gehört im Spiel in Nordirland zu Deutschlands Besten. Er verkörpert aktuell den Spielertypus, den die DFB-Elf benötigt.
David Raum hat eine erfolgreiche Länderspielperiode mit dem DFB-Team hinter sich - inklusive Tor gegen Luxemburg. Nach dem Nordirland-Spiel bewertet er seine eigene Leistung.
David Raum gehört im Spiel in Nordirland zu Deutschlands Besten. Er verkörpert aktuell den Spielertypus, den die DFB-Elf benötigt.

Irgendwann konnte sich die internationale TV-Regie nicht mehr sattsehen. Immer wieder zeigte sie am Montagabend David Raum, wie er über den Platz im Belfaster Windsor Park lief. Aber der Leipziger lief nicht nur, sondern grätschte, diskutierte, gestikulierte und war emotional. Er tat Dinge, die jede Kamera liebt – und derzeit auch Julian Nagelsmann.

Der Bundestrainer war für Raums Leistung gegen Nordirland so dankbar, dass er seinen Schützling kurzerhand zum „emotional leader“ ernannte, ohne in völlige Schwärmerei zu geraten. „Natürlich ist da nicht jede Situation Weltklasse“, sagte Nagelsmann auf der Pressekonferenz über seinen Schützling und dessen Art des Fußballspielens.

David Raum: Der Straßenkämpfer

Offene Worte, mit denen Raum gut umgehen kann. Es zeichnet den Außenverteidiger aus, dass er vollkommen uneitel ist. Er weiß, was er kann, und setzt seine Aufgaben verlässlich um. Zauberei und Wunderdinge gibt es bei ihm nicht zu bestaunen. Von seinen zahlreichen Standards gegen Nordirland war nicht jeder gut, die meisten aber brauchbar und einer sogar perfekt: Sein Eckball in der 31. Minute landete mustergültig bei Nick Woltemade, der das Leder mithilfe der Schultern im gegnerischen Tor unterbrachte.

Gerade an diesem trüben Abend in der nordirischen Hauptstadt kam dem 27-Jährigen außerdem seine rustikale Art zugute. Zeitweise gab er den Straßenkämpfer und ließ sich weder von seinen Gegenspielern noch von den Fans irritieren oder einschüchtern. „Das bringt uns als Team weiter. Hier muss man erstmal gewinnen. Als Mannschaft wachsen wir durch solche Spiele“, sagte Raum nach der Partie im Bauch des Stadions.

Der DFB-Star wirkte zu diesem Zeitpunkt so, als stünde er unter Umständen für eine dritte Halbzeit oder gar einen Gang in einen Pub zur Verfügung. Das mag auch an der archaischen Atmosphäre in Belfast gelegen haben: „Ich hatte solche Spiele schon des Öfteren in der zweiten Liga damals. Da ging es immer wieder eher um Kampf und Werte abseits des schönen Fußballs“, erklärte Raum lachend.

Ein Spieler nach Nagelsmanns Geschmack

Ein weiteres Plus für den gebürtigen Nürnberger: Er hat verstanden, was der Bundestrainer und die DFB-Elf jetzt benötigen. Neben Ergebnissen sind es Leute, die auch eher durchwachsene Spiele entsprechend positiv verkaufen können und keine Zweifel an der Richtigkeit des eingeschlagenen Weges zulassen – Raum kann das.

Und er hat Sätze in seinem Repertoire, die von Nagelsmann stammen könnten: „Klar werdet ihr [Medien; d. Red.] wieder Punkte finden, die heute nicht so schön waren. Uns war wichtig, dass wir beide Spiele gewinnen. Das haben wir erfüllt. Manchmal sind es genau solche Spiele wie heute, die uns als Team wachsen lassen“, sagte der Verteidiger - und als SPORT1 ihn nach Kritikpunkten fragte, antwortete er augenzwinkernd: „Ich kann euch euren Job nicht auch noch abnehmen. Das macht ihr schon selber…“

Standardkönig, Straßenkämpfer, Medien-Experte und Führungsfigur - Raum war in Belfast ein Spieler nach Nagelsmanns Geschmack und darf sich als einer der Gewinner der beiden Länderspiele betrachten.