Eine der größten Fußball-Sensationen der Geschichte steht kurz bevor. Fußball-Zwerg Kap Verde fehlt nur noch ein Sieg zur ersten WM-Qualifikation.
WM-Qualifikation: Selbst Ronaldo hätte für diesen Fußball-Zwerg spielen können
Ein Wunder, das früher möglich war
Und viel besser als aktuell könnte die Ausgangslage fast nicht sein. Denn „die blauen Haie“ treffen auf den abgeschlagenen Letzten aus Eswatini (ab 18 Uhr im LIVETICKER), die in der Quali bisher kein einziges Spiel gewinnen konnten.
Schon jetzt ist die Euphorie im kleinen Inselstaat riesig. Auf die zehn kleinen und vom Atlantik umspülten Landmassen der Kapverdischen Inseln verteilen sich knapp 530.000 Einwohner.
Nur Island, das 2018 an der WM teilnahmen, hatte mit knapp 330.000 Einwohnern als Teilnehmer der Fußball-WM eine noch kleinere Bevölkerung.
Zahlreiche Fußball-Legenden haben kapverdische Wurzeln
Die Qualifikation des dann kleinsten WM-Teilnehmers aus Afrika wäre ein echtes Fußball-Märchen. Betrachtet man die Fußball-Geschichte gleicht sie einem Wunder - das es durchaus schon früher hätte geben können.
Denn was haben die Fußball-Legenden Henrik Larsson, Patrick Vieira, Nani oder Patrice Evra gemeinsam? Richtig, sie hätten alle für Kap Verde auflaufen können.
All die genannten Spieler, aber auch noch viele weitere, haben kapverdische Wurzeln - entschieden sich aber, für das Land aufzulaufen, in dem sie groß geworden sind.
Alleine die vier genannten Spieler kommen zusammen auf 272 Einsätze in der Champions League, jeder gewann je einen Titel. Hinzu kommen gemeinsam deutlich über 1000 Einsätze in den besten europäischen Ligen und der Gewinn von zahlreichen Titeln.
Auch aktuelle Top-Stars hätten für Kap Verde auflaufen können
Hätten sich alleine diese vier Namen für die Nationalmannschaft der Kap Verde entschieden, wäre vielleicht auch schon vorher deutlich mehr möglich gewesen.
Aber auch das aktuelle Erfolgsteam hätte noch deutlich besser aufgestellt sein können. Denn unter anderem der ehemalige Bayern-Profi Renato Sanches, Portugals Nationalspieler Nélson Semedo und Weltklasse-Linksverteidiger Nuno Mendes, der im Sommer als Schlüsselspieler mit Paris Saint-Germain die Champions League gewann, hätten für Kap Verde spielen können.
Und sogar einer der besten Fußballer aller Zeiten hätte zumindest rein theoretisch für Kap Verde spielen können. Eine Uroma von Cristiano Ronaldo wurde auf Kap Verde geboren.
Zumindest einen großen Fußballmoment erlebte der Inselstaat im Duell mit CR7, als in einem Testspiel 2010 gegen Portugal mit Ronaldo ein 0:0 gelang. 2015 schlug Kap Verde die europäische Fußballnation sogar mit 2:0, damals fehlte der Megastar aber.
Viele Kapverdier wohnen im Ausland
Keiner der aufgelisteten Top-Stars der Vergangenheit und Gegenwart dachte wahrscheinlich auch nur kurz ernsthaft über einen Nationenwechsel nach, es zeigt aber ein interessantes Phänomen auf, das sich der Fußball-Verband in den vergangenen Jahren auch verstärkt zu Nutzen macht.
Denn es gibt weltweit deutlich mehr Kapverdier als die 530.000 Einwohner der Inseln. Es wird davon ausgegangen, dass deutlich mehr Menschen mit kapverdischen Wurzeln im Ausland leben.
Alleine in den USA soll es mehr kapverdische Einwanderer geben als Einwohner auf den zehn bewohnten Inseln. Hinzu kommt eine Vielzahl an Menschen mit kapverdischen Wurzeln in Spanien, Frankreich und vor allem in Portugal.
Betreibt man, speziell in Zeiten des Internets, gutes und gerade breites Scouting, kann der Verband also doch auf ein deutlich größeres Portfolio an Spielern zugreifen, die für den Einsatz in der Nationalmannschaft zur Verfügung stehen könnten.
Meisten Nationalspieler wuchsen in Europa auf
Und genau das versucht der Fußball-Verband der Kap Verde sich nun schon seit einigen Jahren zunutze zu machen. Seit 2012 sucht man gezielt Spieler mit kapverdischen Wurzeln, die ihre fußballerische Ausbildung im Ausland genossen, dort aber aktuell nur in der zweiten oder dritten Liga spielen.
Speziell solche Spieler nehmen das Angebot, Nationalspieler zu werden, dann meist mit Kusshand an. Viele der Stützen des Teams, wie Sidnei Tavares, der in England für die Blackburn Rovers spielt, oder Stürmer Dailon Livramento, der in der WM-Qualifikation das Siegtor beim überraschenden 1:0-Sieg gegen Kamerun schoss, sind in Europa geboren und spielen dort auch noch aktuell.
Sechs Spieler, darunter auch Livramento, haben niederländische Wurzeln. Andere sind in Portugal oder Frankreich aufgewachsen.
Mit Roberto Lopes ist sogar ein Spieler dabei, der in Irland geboren und aufgewachsen ist und aktuell sogar bei den Shamrock Rovers in der ersten irischen Liga sein Geld verdient.
Nationalspieler wurde über LinkedIn gefunden
Bei Kap Verde zählt der Innenverteidiger zu den absoluten Stützen. So kurios wie er kam wohl kein anderer Spieler in den Kader der Nationalmannschaft.
„Ich hatte während meines Studiums ein LinkedIn-Profil erstellt, aber nie wirklich darauf geachtet“, sagte Lopes der Nachrichtenagentur Reuters. Dort hatte er angegeben, dass seine Mutter aus Irland stammt und sein Vater auf Kap Verde geboren wurde.
Der damalige Trainer der Kapverden, Rui Aguas, fand diese Info in seinem Profil und schrieb ihm gleich eine Nachricht, allerdings auf Portugiesisch, weshalb Lopes dachte, dass die Nachricht Spam sei.
„Etwa neun Monate später schrieb er mir erneut und fragte: “Hallo Roberto, hast du dir meine Nachricht noch einmal durch den Kopf gehen lassen?“ erinnerte sich Lopes an die Nachricht, die Aguas dieses Mal auf Englisch geschrieben hatte.
„Da habe ich die alte Nachricht rausgesucht und sie mit Google Translate übersetzt. Im Wesentlichen stand darin, dass sie neue Spieler für die kapverdische Nationalmannschaft suchten und ob ich Interesse hätte, für Kap Verde zu spielen. Ich war total begeistert“, erzählte Lopes.
Kap Verde will zur WM
Mittlerweile steht Lopes bei 41 Länderspielen und kann nun mit dazu beitragen, den größten Erfolg des Landes perfekt zu machen.
Bisher stammen die Highlights der kapverdischen Fußball-Geschichte vom Afrika-Cup. 2013 und 2024 erreichte der Inselstaat je das Viertelfinale.
2014 stand Kap Verde nach der Qualifikation für den Afrika-Cup immerhin auf dem 27. Platz der FIFA-Weltrangliste. Nur wenig später rutschte man aber wieder ab, bis auf Platz 182.
Im Moment steht man auf Rang 69. Gelingt jetzt endlich das schon deutlich früher möglich gewesene Wunder, dürfte der Insel-Zwerg erneut klettern. Viel wichtiger wäre aber die fast schon märchenhafte Teilnahme an der WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko.