WM-Qualifikation>

"Das ist ein Märchen, davon kannst du nicht mal träumen!"

„Darum lieben wir den Fußball!“

Bei Tottenham Hotspur blieb Troy Parrott einst der Durchbruch verwehrt. Nun ist er Irlands Mann der Stunde.
Irland schafft es durch einen Sieg gegen Ungarn in die Play-Offs der WM-Qualifikation 2026 durch einen späten Sieg gegen Ungarn. Somit können die Fans weiterhin auf eine Teilnahme ihrer Mannschaft hoffen.
Bei Tottenham Hotspur blieb Troy Parrott einst der Durchbruch verwehrt. Nun ist er Irlands Mann der Stunde.

Troy Parrott wusste gar nicht, wohin mit seinen Emotionen. Er riss sich das Trikot vom Leib und ließ sich bei seinem Jubellauf auch nicht von den heranstürmenden Auswechselspielern aufhalten. Dann setzte der Angreifer zu einem Kneeslide an, blieb flach auf dem Rücken liegen - und verschwand schließlich in einer grün-weißen Jubeltraube.

Kurz darauf kämpfte er am Mikrofon von RTE Sport mit den Tränen. „Ich kann es einfach nicht glauben“, sagte Parrott. „Darum lieben wir den Fußball! Weil solche Dinge passieren können. Das bedeutet mir alles. Meine Familie ist hier.“ Dann wischte er sich mit der Hand durch die feuchten Augen.

Parrott: „Der Stoff, aus dem Träume gemacht sind“

Der Angreifer sorgte in der WM-Qualifikation für ein irisches Fußballwunder - und schrieb nebenbei sein persönliches Märchen.

„Gegen Portugal habe ich gesagt, dass dies der Stoff ist, aus dem Träume gemacht sind, aber ich glaube, heute Abend werde ich den schönsten Abend meines ganzen Lebens erleben“, sagte Parrott: „Das ist ein Märchen. Davon kannst du noch nicht einmal träumen. Ich habe ehrlich gesagt keine Worte, um das zu beschreiben.“

Schon beim 2:0-Sieg gegen Portugal am Donnerstag war der 23-Jährige mit zwei Toren der Hauptdarsteller. Nun erzielte er beim dramatischen 3:2-Last-Minute-Sieg in Ungarn alle drei Treffer.

Die angezeigte fünfminütige Nachspielzeit war gerade abgelaufen, da schlug Torhüter Caoimhin Kelleher noch einen langen Ball in Richtung Strafraum, dieser rutschte zu Parrott durch, der ihn ins Netz spitzelte. Irland stieß die Ungarn damit noch vom Playoffrang und darf weiter von der WM-Träumen.

Auch Hamann schwärmt von Irlands Held

„Troy Parrott wittert Chancen und genau das machen Knipser“, schwärmte auch Dietmar Hamann, der als Experte für den übertragenden irischen Sender im Einsatz war. „Was für ein Comeback, allen Widrigkeiten zum Trotz.“

Nach nur einem Punkt aus den ersten drei Spielen war die WM für die Iren in weite Ferne gerückt, doch mit drei Siegen aus den restlichen drei Spielen gelang auf den letzten Drücker der Sprung auf den Playoffplatz.

„Ich denke, jeder hat uns nach dem Start abgeschrieben. Aber ich konnte es nicht oft genug sagen, dass es immer eine Chance geben wird. Und wir haben die Chance genutzt. Ich denke, jeder sollte stolz sein“, sagte Parrott - dessen persönliche Geschichte einige Parallelen mit dem irischen Underdog-Märchen hat.

Öffentliche Kritik von Mourinho

Parrott stammt aus Dublin und wechselte 2017 in die Jugend von Tottenham Hotspur. Doch der Durchbruch blieb ihm dort verwehrt. 2020 kritisierte der damalige Spurs-Coach José Mourinho öffentlich Parrotts Einstellung.

Mourinho sagte ihm, er solle aufhören zu denken, dass er „zu gut“ sei, um noch für die U23 zu spielen, selbst wenn er die ganze Saison über mit der ersten Mannschaft mittrainiere. Vor einem Spiel habe Mourinho ihm nach eigener Aussage mit auf den Weg gegeben: „Jedes Mal, wenn du mit den Jungs in deinem Alter spielst, musst du deinen Kollegen zeigen, warum du der Privilegierte bist.“ Aber Mourinho stellte fest: „Das war etwas, was er nicht tat.“

Der Portugiese fügte seinerzeit auf einer PK noch an: „Er war in seiner Altersgruppe nicht beliebt, weil er nicht die richtige Einstellung hatte. In dem Moment, als wir begannen, das zu ändern, änderte sich für ihn vieles.“

Parrott selbst empfand den öffentlichen Tadel nicht als negativ. „Es war toll, Ratschläge von ihm zu bekommen. Ich wusste, was ich tun musste. Es waren hilfreiche Ratschläge“, sagte er damals.

Nach Leih-Odyssee startet Parrott in den Niederlanden durch

Für Parrott begann eine Leih-Odyssee in Englands Unterhaus. Erst Millwall, dann Ipswich, die MK Dons und Preston North End. 2023 kehrte er dem englischen Fußball den Rücken und versuchte sein Glück in den Niederlanden, zunächst noch auf Leihbasis bei Excelsior Rotterdam und seit 2024 bei AZ Alkmaar.

Dort hat er seine Knipserqualitäten schon unter Beweis gestellt. In der laufenden Saison schoss er zunächst seinen Klub mit sieben Toren in fünf Qualifikationsspielen nahezu im Alleingang in die Ligaphase der Conference League. In der Eredivisie erzielte er in sieben Spielen auch schon sechs Treffer. Und das, obwohl ihn Ende August eine Verletzung zu einer einmonatigen Pause zwang.

„Leider hat er sich zu Beginn der Saison eine Verletzung zugezogen, sonst wäre er einer der besten Torschützen, wenn nicht sogar der beste Torschütze Europas“, sagte Irlands aus Island stammender Nationaltrainer Heimir Hallgrimsson: „In diesem Moment sollte es nicht darum gehen, Helden zu finden, sondern um dieses Team, den Teamgeist, die Einheit und die harte Arbeit, die sie gezeigt haben.“

Der Appell lief vor dem Hintergrund von Parrotts außergewöhnlicher Einzelleistung eher ins Leere - auch der irische Verband ließ es sich nicht nehmen, Parrott im ganz großen Format zu würdigen.

„Nimm deinen Platz im Pantheon der größten Iren ein“, hieß es beim offiziellen X-Account in Verbindung mit den letzten Sekunden der Partie in Ungarn, die wohl jeder irische Fußballfan niemals vergessen wird.