Hat sich der DHB zu voreilig und einseitig auf eine Vertragsverlängerung mit Bundestrainer Alfred Gislason festgelegt? Handball-Ikone Stefan Kretzschmar hat diese Frage soeben aufgeworfen und Magdeburg-Coach Bennet Wiegert als Alternative ins Spiel gebracht.
Kretzschmar kassiert Gegenwind
Ein weiterer prominenter Ex-Nationalspieler sieht die Sache anders - und findet, dass der Sportvorstand von Magdeburgs Titel-Konkurrent Füchse Berlin dem deutschen Handball mit seinem pikanten Vorstoß nicht unbedingt einen Gefallen getan hat.
Daniel Stephan: „Wirklich nicht der richtige Zeitpunkt“
„Ich denke, es ist jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, ein großes Fass aufzumachen, weil ja die Olympia-Qualifikation ja schon in paar Wochen stattfindet“, sagt der frühere Welthandballer Daniel Stephan im Gespräch mit SPORT1.
Dass Kretzschmar sich über die Zukunft der deutschen Nationalmannschaft Gedanken mache, sei zwar „legitim“, sagt Stephan, der Europameister von 2004 fügt aber hinzu: „Ich denke, dass man das Thema jetzt nicht behandeln sollte.“
Stattdessen gehe er davon aus, „dass der DHB den Vertrag mit Gislason verlängert“, wenn die deutsche Nationalmannschaft die Qualifikation schaffe.
Gislason habe „seine Sache gut gemacht“, findet Stephan: „Natürlich kann man nicht alles fehlerfrei machen. Aber er hat junge Spieler eingesetzt und der Mannschaft ein Gesicht gegeben. Er hat frischen Wind reingebracht. Und wenn er die Qualifikation schafft, denke ich, dass es auch berechtigt ist, mit ihm zu verlängern“, sagt das langjährige Rückraum-Ass des TBV Lemgo.
Und sollte Gislason scheitern? „Es ist schwierig zu spekulieren: ‚Was wäre wenn?‘ Diese Diskussion über Alternativen zu entfachen ist das falsche Muster und eine falsche Vorgehensweise“, findet der 50 Jahre alte Stephan
Neuer Vertrag für Gislason?
Gislasons Vertrag beim DHB endet im kommenden Sommer. Der Verband hatte dem 64-Jährigen vergangene Woche eine Verlängerung bis zur Heim-WM 2027 offiziell in Aussicht gestellt - sofern die Qualifikation für Olympia gelingt.
Kretzschmar stellte diese offensive Vorgehensweise öffentlich in Zweifel - und brachte Wiegert als Bundestrainer-Alternative ins Spiel.
„Ich bin jetzt kein Verantwortlicher vom DHB, aber wenn ich einer wäre, dann würde ich anders rangehen an die Sache“, sagte Kretzschmar in der aktuellen Ausgabe des Handballtalks „Harzblut“ bei Dyn: „Ich würde natürlich die Auswertung mit Alfred machen und würde mir von ihm die Vision 2027 erzählen lassen.“
Anschließend würde er sich „mit Benno (Wiegert; Anm. d. Red.) treffen. Und dann würde ich fragen: ‚Benno, wie sieht‘s aus? Könntest Du Dir das überhaupt vorstellen? Und wie wäre deine Idee, deine Vision DHB 2027?‘ Dann würde ich mir beide Seiten anhören und danach entscheiden“, erklärte Kretzschmar, dessen Team aktuell Hauptkonkurrent von HBL-Tabellenführer Magdeburg ist.
Ähnlich wie Kretzschmar hatte sich zuletzt der frühere Bundestrainer Heiner Brand zu SPORT1 geäußert: „Ich hätte mir eigentlich gewünscht, dass man mit Fachleuten erstmal analysiert hätte“, hatte Brand am Rande des Ball des Sports in Frankfurt gesagt. Bei „Harzblut“ hatten auch die Ex-Nationalspieler Michael Kraus und Pascal Hens Alternativkandidaten zu Gislason abgewogen.
Wiegert wiegelt ab: „Schön, dass man mir das zutraut“
Der ins Zentrum gerückte Bennet Wiegert hat sich inzwischen auch zu Wort gemeldet und abgewiegelt.
„Ich sehe das ganz entspannt und nehme die Spekulationen mit einem Lächeln zur Kenntnis“, sagte der Trainer des Bundesliga-Zweiten SC Magdeburg dem SID: „Der Bundestrainer ist das größte Traineramt im deutschen Handball. Schön, dass man mir das zutraut, aber ich glaube, der DHB verfolgt einen klaren Plan und der sieht eine Vertragsverlängerung mit Alfred Gislason vor.“