Die Pyro-Fackeln der Ultras hüllten das Trainingsgelände in Papendal Ende Juni in gelben und schwarzen Nebel. Doch keine zwei Wochen nach dem offiziellen Vorbereitungsstart ist die nähere Zukunft von Vitesse Arnheim nicht abzusehen.
Lizenzentzug! Traditionsklub vor Aus
Der niederländische Fußballverband KNVB entzog dem Traditionsklub mit sofortiger Wirkung zum 11. Juli die Profilizenz. Mal wieder!
Schon vor einem Jahr drohte dem Pokalsieger von 2017 nach einem Lizenzentzug das Aus. Damals legte der Klub aus der Provinz Gelderland erfolgreich Berufung ein, schloss die Saison nach dem Abstieg aus der Eredivisie und aufgrund von Punktabzügen als abgeschlagenes Schlusslicht der zweiten Liga ab.
Ein sportlicher Abstieg aus der Keuken Kampioen Divisie ist außer bei den Nachwuchsteams nicht möglich. Doch durch den Lizenzentzug droht Vitesse der Sturz in die Bedeutungslosigkeit. Dem Klub, bei dem etwa der spätere Bayern-Star Roy Makaay ausgebildet wurde und bei dem auch Phillip Cocu Anfang der 90er Jahre der Durchbruch als Spieler gelang, droht das Aus.
Knallharte Begründung für Lizenzentzug
Und der KNVB begründete seine Entscheidung mit deutlichen Worten: „Das Komitee beschloss den Entzug der Lizenz, weil Vitesse das Lizenzierungssystem über einen längeren Zeitraum hinweg konsequent umgangen und untergraben hat und dies auch weiterhin tut.“
Mit der letztlich doch gewährten Spielberechtigung im Vorjahr habe der Klub „vom Lizenzierungsausschuss eine letzte Chance“ bekommen. Doch die Maßnahmen, zu denen sich der Klub damals verpflichtete, wurden nicht umgesetzt oder wieder rückgängig gemacht.
„So wurden beispielsweise die Mitglieder des Aufsichtsrats in einem entscheidenden Moment ihrer Ämter enthoben und nicht ersetzt. Auch die im vergangenen Jahr gegründete unabhängige Stiftung, die dazu beitragen sollte, Sanktionen und Geldwäscherisiken zu minimieren, konnte ihre Arbeit nicht ordnungsgemäß erfüllen und wurde mitten in der Saison aufgelöst“, hieß es in dem bemerkenswerten KNVB-Statement weiter.
„Fortbestand des 133 Jahre alten Klubs in Gefahr“
Der Verband sieht die Integrität des Wettbewerbs gefährdet. Daher gebe es „keine andere Möglichkeit“, als Vitesse die Lizenz zu entziehen.
Als einen „Schlag für Vitesse“ bewertete das Algemeen Dagblad das Urteil. Und De Telegraaf sah den „Fortbestand des 133 Jahre alten Klubs in Gefahr“.
Der Klub gab sich kämpferisch und kündigte in einem ersten Statement an, wie schon im Vorjahr in Berufung gehen zu wollen. Ein fristgerechter Einspruch muss innerhalb von fünf Werktagen erfolgen. Die Uhr tickt also. „Die Entscheidung umfasst fast fünfzig Seiten. Der Verein wird sie intensiv prüfen und auch kritisch reflektieren“, teilte Vitesse mit.
Hoffnung macht dem Traditionsverein dabei, dass sich eine regionale Investorengruppe mit dem Namen „De Sterkhouders“ kürzlich auf eine Übernahme aller Anteile geeinigt hat. Das Problem: Der KNVB-Lizenzierungsausschuss muss diesem Schritt erst noch zustimmen. Doch solange Vitesse keine Profilizenz hat, ist in dieser Hinsicht keine Entscheidung zu erwarten.
„Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Verein pleitegeht“
Ein Teufelskreis. „Und wenn der Verein die Lizenz verliert, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Verein pleitegeht. Dann steht jeder Angestellte auf der Straße und die wichtige Rolle, die der Verein in der Region spielt, fällt auch weg. Es hat also auch soziale Folgen“, sagte Sportrechtler Tim Wilms dem öffentlich-rechtlichen Sender NOS.
Erst im Juni heuerte der deutsche Coach Rüdiger Rehm auf Empfehlung seines Trainerkollegen Thomas Letsch, der Vitesse von 2020 bis 2022 in der Eredivisie betreut hat, in Arnheim an.
Er hoffe „gemeinsam mit allen, denen Vitesse am Herzen liegt, Schritt für Schritt zum Wiederaufstieg von Vitesse beizutragen“, hatte Rehm bei seinem Amtsantritt angekündigt.
Doch der Weg ist ungeachtet der Lizenzprobleme ein äußerst steiniger. Denn aufgrund der vergangenen Verstöße wurde Vitesse bereits mit einem Punktabzug von zwölf Punkten für die neue Saison belegt.
Auch der Name Abramowitsch tauchte bei Ermittlungen auf
Schon im April 2024 waren Vitesse wegen Verstößen gegen die Lizenzbestimmungen 18 Punkte abgezogen worden. Der Klub stieg damit erstmals seit 35 Jahren aus der Eredivisie ab.
Auch der frühere Chelsea-Boss Roman Abramowitsch spielte im Zuge der damaligen Ermittlungen eine Rolle. Das Ministerium für Wirtschaft und Klima untersuchte seinerzeit die Verbindungen zwischen Vitesse und Abramowitsch vor dem Hintergrund der EU-Sanktionen gegen den Russen. Dabei kam der Verdacht von Sanktionsverstößen und Geldwäsche auf.
Die Fans versuchten in der Vergangenheit, ihren Verein mit Spendenaktionen zu retten. Beim Trainingsauftakt wurde die sogenannte „Geldenwand“ mit Namen der Unterstützer enthüllt. Doch Vitesse Arnheim steht weiterhin vor einer ungewissen Zukunft.