Int. Fußball>

"Mir tut Ronaldo fast schon leid"

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

„Mir tut Ronaldo fast schon leid“

Michael Hefele, der einst als Profi für Unterhaching und Dynamo Dresden gespielt hat, ist mittlerweile als Co-Trainer in Saudi-Arabien tätig. Im Interview mit SPORT1 spricht er unter anderem über die Entwicklung des Fußballs im Wüstenstaat und Superstar Cristiano Ronaldo.
Der ehemalige Fußball-Profi Michael Hefele ist heute Co-Trainer in Saudi-Arabien. Im Interview spricht er über Cristiano Ronaldo.
Michael Hefele, der einst als Profi für Unterhaching und Dynamo Dresden gespielt hat, ist mittlerweile als Co-Trainer in Saudi-Arabien tätig. Im Interview mit SPORT1 spricht er unter anderem über die Entwicklung des Fußballs im Wüstenstaat und Superstar Cristiano Ronaldo.

Michael Hefele ist im Fußball schon viel herumgekommen. Von der Jugend in Unterhaching über emotionale Jahre bei Dynamo Dresden bis hin zum Aufstieg in die Premier League mit Huddersfield Town – seine Karriere als Profi war geprägt von Leidenschaft, Mentalität und unvergesslichen Momenten.

{ "placeholderType": "MREC" }

Seit einem Jahr ist der Bayer nun in einer ganz neuen Rolle unterwegs: Als Co-Trainer von Al-Riyadh SC sammelt Hefele Erfahrungen im Profifußball Saudi-Arabiens – eine Herausforderung, die kulturell wie sportlich neue Perspektiven eröffnet.

Im exklusiven SPORT1-Interview spricht der 34-Jährige über seine Entwicklung, seine Stationen als Spieler und die Frage, was den Fußball im Wüstenstaat aktuell so spannend macht.

SPORT1: Herr Hefele, Sie haben in vielen Ländern gearbeitet und gelebt – was bedeutet „Zuhause“ für Sie heute?

{ "placeholderType": "MREC" }

Michael Hefele: Zuhause ist da, wo man sich wohlfühlt. Und ich fühle mich überall zuhause. Mein Elternhaus steht in Pfaffenhofen an der Ilm – das ist meine Basis. Dort komme ich her, dort liegen meine Wurzeln, und die sollte man nie vergessen. Meine Frau ist immer an meiner Seite, sie war auch in England mit dabei – das passt perfekt. Im Moment bin ich wieder bei meinen Eltern. Sie sind der Grund, warum ich ab und an nach Deutschland zurückkomme.

„Der Wechsel nach Saudi-Arabien war einfach unglaublich“

SPORT1: Sie waren lange nicht mehr in Deutschland. Was vermissen Sie an Ihrer Heimat?

Hefele: Nicht allzu viel, nur meine Familie. Ich bin sehr offen – und meine Frau auch. Ich habe meinen Blickwinkel auf viele Dinge erweitert, und der Wechsel nach Saudi-Arabien war einfach unglaublich. Ich habe mich persönlich enorm weiterentwickelt. Ich sehe diese Kultur heute mit ganz anderen Augen. Ich finde es wunderbar, dass verschiedene Länder ihre Traditionen noch pflegen und stolz auf ihr Land sind. Genau das vermisse ich in Deutschland – hier ist man nicht zu 100 Prozent stolz auf das eigene Land. Ich ziehe immer noch meine Lederhose an, wenn ich bei meinen Eltern bin. Ich will zeigen, dass ich aus Bayern komme – das ist meine Tradition.

SPORT1: Sie haben viele Stationen durchlaufen – von Unterhaching über Dynamo Dresden, Huddersfield und Nottingham. Gibt es einen Verein, der Ihnen besonders am Herzen liegt?

{ "placeholderType": "MREC" }

Hefele: Es gibt genau zwei Vereine: Dynamo Dresden und Huddersfield Town. Dynamo ist mein Verein – da fühle ich mich ein Stück weit zu Hause. Die Menschen, der Klub und die Fans sind mir extrem ans Herz gewachsen. Bei Dynamo hatte ich meine beste Zeit, ich habe dort so viel Liebe erfahren. Was ich dort erleben durfte, ist einfach nicht in Worte zu fassen und macht mich sehr stolz. Der zweite Verein ist Huddersfield Town. Mit dem Aufstieg in die Premier League habe ich dort ebenfalls eine großartige Zeit erlebt. Das hat mein Leben komplett verändert. Von der Atmosphäre her gibt es kaum etwas Besseres als Dynamo – sportlich war es ganz klar Huddersfield.

„Irgendwann war mein Körper zu kaputt“

SPORT1: Ihre aktive Karriere wurde durch Verletzungen früh beendet – was war der schwerste Moment in dieser Phase?

Hefele: Zum Glück bin ich heute schon sehr weit weg vom Profi Michael Hefele. Der Fußball ist eine eigene Bubble. Ich habe Abstand genommen und genieße jetzt ein ganz neues Leben. In gewisser Weise bin ich da schon einmal gestorben. Es war seit meiner Kindheit mein Traum, Fußballer zu werden, und dann wurde ich doch relativ früh durch Verletzungen rausgerissen. Ich habe alles dem Fußball untergeordnet, doch irgendwann war mein Körper zu kaputt. Sehr lange habe ich noch im roten Bereich gegen alle Widerstände gekämpft, weil ich nicht wahrhaben wollte, dass meine Karriere zu Ende ist.

{ "placeholderType": "MREC" }

SPORT1: Was hat Sie letztlich davon überzeugt, im Fußball zu bleiben – statt einen ganz neuen Weg einzuschlagen?

Hefele: Ich habe 30 Jahre Fußball gelebt und wollte ihn nicht komplett aus meinem Leben streichen. Der Fußball wird immer ein Teil meines Lebens bleiben. Für mich ist es das schönste Business, in dem ich arbeiten kann.

SPORT1: Wie haben Sie die sportliche Entwicklung des Teams in Ihrer ersten Saison in Saudi-Arabien als Assistant Manager erlebt, und welche Rolle haben Sie dabei konkret übernommen? Sie waren zuvor bereits zwei Jahre in dieser Funktion bei West Bromwich sowie ein halbes Jahr bei Huddersfield tätig.

{ "placeholderType": "MREC" }

Hefele: Wir hatten tatsächlich nie ernsthaft mit dem Abstieg zu tun – das war für uns eine spannende und lehrreiche Erfahrung. Die Saison war unser Türöffner auf dem Markt. Unser Ziel war es, zu zeigen, dass wir mithalten können – auch ohne Stars wie Ronaldo oder Benzema. Ich bin verantwortlich für die Spielphilosophie, Gegneranalysen, Trainingssteuerung und Videoanalysen. Unsere Klubstruktur ist sehr schlank, das heißt, ich packe in vielen Bereichen selbst mit an – in enger Zusammenarbeit mit unserem Trainer, der mir viel Vertrauen und Freiraum gegeben hat.

„Fühle mich bereit und bin auch ein bisschen ungeduldig“

SPORT1: Was haben Sie persönlich aus Ihrer ersten Saison im Trainerteam mitgenommen – auch im Hinblick auf Ihre zukünftige Karriere als Cheftrainer?

Hefele: Das war optimal, um eigene Ideen einzubringen – gerade mit Blick auf eine mögliche Zukunft als Cheftrainer. Der Erfolg gibt uns recht: Zwischenzeitlich haben wir sogar um die AFC-Champions-League-Plätze mitgespielt. Aber wir haben gegen einige starke Gegner wirklich gut ausgesehen. Für mein erstes Jahr als Assistant Manager lief es insgesamt hervorragend. Für das erste Jahr in einem komplett anderen Umfeld sind wir sehr zufrieden und sind vorbereitet für die neue Saison mit unseren Erfahrungswerten.

SPORT1: Gibt es Pläne, mittelfristig selbst als Cheftrainer zu arbeiten – oder sehen Sie sich weiterhin in einem engen Duo wie mit Sabri Lamouchi?

Hefele: Das wird die Zeit zeigen. Ich mache gerade die UEFA-Pro-Lizenz, und das ist für mich der letzte Schritt dahin. Ich arbeite sehr gerne weiterhin mit Sabri zusammen, weil es ein spannendes Projekt ist. Ich habe auch keinen Druck, bald Cheftrainer sein zu müssen. Ich suche mir dann das aus, was für mich passt. Es muss das Richtige für meine Trainerkarriere sein. Ich fühle mich bereit und bin auch ein bisschen ungeduldig.

„Genau diese Leute haben keine Ahnung“

SPORT1: Wie haben Sie den Fußball in Saudi-Arabien sportlich erlebt und wo steht die Liga im internationalen Vergleich?

Hefele: Die Liga in Saudi-Arabien erntet viel Kritik von Menschen, die noch nie dort waren. Aber genau diese Leute haben keine Ahnung, wollen trotzdem mitreden und beziehen ihre Informationen nur aus zweiter oder dritter Hand. Das finde ich grundsätzlich problematisch – man sollte sich immer selbst ein Bild vor Ort machen, um wirklich zu verstehen, wie es in der Liga aussieht. Nur dann kann man mitreden.

SPORT1: Was bedeutet die Verpflichtung von Top-Trainern wie Simone Inzaghi für die Entwicklung des Fußballs in Saudi-Arabien – und wie verändert sich dadurch auch die Wahrnehmung im internationalen Vergleich?

Hefele: Die saudische Liga kann Schritt für Schritt immer besser mithalten – ganz im Sinne ihrer Vision, eine der stärksten Ligen der Welt zu werden. Man sieht: Fußball wird nicht nur in Europa gespielt – auch andere Nationen können kicken. Für Menschen, die sich nicht intensiv mit dem Fußball außerhalb Europas beschäftigen, ist es vermutlich schwer nachzuvollziehen, dass Al-Hilal so starke Ergebnisse erzielt – wie etwa gegen Manchester City, das man aus dem Turnier geworfen hat.

SPORT1: Eine große Überraschung.

Hefele: Für mich ist das keine Überraschung: Al-Hilal ist der größte Klub Asiens und mit einem Verein wie Real Madrid vergleichbar. Die Vereinsstruktur, die Philosophie und deren Umsetzung sind hervorragend. Daher ist es auch kein Zufall, dass nun ein Weltklasse-Trainer wie Inzaghi vor Ort ist – er wird den Fußball in Saudi-Arabien mit Sicherheit auf ein neues Niveau heben.

SPORT1: Wie war es, gegen Weltstars wie Cristiano Ronaldo oder Sadio Mané zu coachen – hat sich da ein „Fan-Moment“ eingeschlichen?

Hefele: Nicht nur einer! Da muss man schon mal die Füße auf dem Boden behalten. Wenn Cristiano Ronaldo vor einem herumläuft, muss man einfach den Hut ziehen. Für mich ist er der beste Spieler der Welt. Was er mit 40 Jahren noch erreicht und wie er die Dinger reinmacht – das ist Wahnsinn. Es gibt für mich nichts Besseres. Da muss man schon ganz genau hinschauen, wer da gegen Ronaldo spielt. Aber wenn der Spieltag da war, galt: Business as usual. Da war man nicht nervös – da war Ronaldo nur eine Nummer, denn ich hatte genug andere Dinge im Kopf.

Ronaldo? Haben nett miteinander gesprochen

SPORT1: Aber wie war der Moment, Ronaldo zu begegnen?

Hefele: Ronaldo kam mit sechs Bodyguards. Wie soll man so jemandem die Hand geben? Ich war sehr froh, dass wir kurz Kontakt hatten. Wir haben nett miteinander gesprochen, als wir ein Freundschaftsspiel gegen Al-Nassr hatten. Ronaldo muss sich natürlich auch ein Stück weit selbst schützen – jeder will etwas von ihm. Wenn er bei jedem stehen bleibt, wo zieht er dann die Grenze? Mir tut Ronaldo fast schon leid. Der Hype um ihn war wirklich extrem. Egal, wo man ihn gesehen hat – es bildete sich sofort eine Menschentraube. Zum Vergleich: Karim Benzema hat keinen Bodyguard. Dieser Unterschied war wirklich beeindruckend.

SPORT1: Saudi-Arabien ist gesellschaftlich wie politisch ein umstrittenes Land – wie haben Sie persönlich das Leben dort erlebt?

Hefele: Ich habe ein wunderbares Leben dort. Meine Frau und ich fühlen uns absolut zuhause. Die Menschen sind sehr herzlich und zuvorkommend. Meine Frau kann sich überall frei bewegen – selbst nachts. Das kann man sich in Europa kaum vorstellen. Der Aspekt Sicherheit ist einfach gigantisch. Die Freundlichkeit, die wir erfahren, ist unglaublich. Ich kann nur positiv über das Land sprechen. Die Leute sind offen und wollen lernen, das Potential ist riesig.

SPORT1: Aber wie gehen Sie mit dem Widerspruch um, dass einerseits eine enorme Gastfreundschaft herrscht, andererseits Grundrechte stark eingeschränkt sind?

Hefele: Das kann ich nicht beurteilen – das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich persönlich kann nichts Negatives sagen, uns geht es sehr gut. Wer Bedenken hat, sollte nicht nach Saudi-Arabien kommen, um dort zu arbeiten. Bei bestehenden Zweifeln sollte man sorgfältig abwägen, ob ein Arbeitsaufenthalt in Saudi-Arabien das Richtige ist.

„Ich möchte Cheftrainer werden“

SPORT1: Gab es Situationen, in denen Sie mit Ihrer Frau bewusst Abstand von gewissen Entwicklungen oder Vorgaben im Land genommen haben?

Hefele: Nicht bewusst. Ich bin sehr auf den Fußball fokussiert, und in der Freizeit haben wir viel Spaß. Mir ist im Land nichts aufgefallen, was uns negativ beeinträchtigt hätte. Es gibt viele Restaurants, und wir gehen oft essen. Die kulinarische Auswahl ist groß und vielfältig. Auch Einkaufsmeilen sind in ausreichender Zahl vorhanden. Wir fahren auch mal in die Wüste. Auch landschaftlich ist es atemberaubend – unendlich weit. Wenn wir rausfahren und über die Autobahn fahren, laufen sogar Kamele über die Straße. Alles ist anders, und das finde ich sehr spannend. Es ist einfach eine komplett andere Kultur.

SPORT1: Wie sieht Ihre berufliche Zukunft aus – wohin könnte der nächste Schritt führen?

Hefele: Natürlich lässt sich eine Karriere im Fußball nicht genau planen, aber ich möchte Cheftrainer werden.

SPORT1: Obwohl Sie auch einen Master in „Sporting Directorship“ gemacht haben – zieht es Sie langfristig vielleicht auch auf die Funktionärsebene?

Hefele: Langfristig kann ich mir durchaus vorstellen, ins Management zu wechseln. Aber zunächst will ich als Cheftrainer so hoch und so weit kommen, wie es nur geht. Ich habe die Gelegenheit genutzt, auch den Master zu machen. Nach meiner aktiven Karriere bin ich zweigleisig gefahren: Ich habe meine Trainerscheine gemacht und gleichzeitig studiert. Ich wollte mich nicht nur auf meiner bisherigen Karriere ausruhen. Jeder, der nur über die Vergangenheit spricht, hat für die Zukunft nichts vorzuweisen. Mein größter Traum ist es, einmal einen eigenen Fußballverein zu besitzen.

SPORT1: Haben Sie Gedanken an eine Rückkehr nach Deutschland? Wenn Dynamo anrufen würde, was wäre dann?

Hefele: (lacht) Dann würde ich schon überlegen, auf das Kamel steigen und losreiten. Ich würde auch gerne nochmal in die Premier League wechseln – egal ob als Trainer oder als Sportdirektor. Italien würde mich auch reizen. Sollte es mal ein Angebot aus der Bundesliga geben, werde ich mir das auf jeden Fall überlegen. Dynamo ist und bleibt eine Herzensangelegenheit. Für diesen Klub würde ich schon einiges in Betracht ziehen. Mit der SGD in die Bundesliga aufzusteigen – das wäre der allergrößte Traum.

SPORT1: Die WM 2034 in Saudi-Arabien ist ein großes Thema – glauben Sie, dass das Land sportlich und gesellschaftlich dafür bereit sein wird?

Hefele: Sportlich können sie eine gute Nummer sein. Es ist noch viel Zeit bis dahin, und es muss sich noch einiges entwickeln. Es wird bereits an der Infrastruktur gearbeitet. Das wird eine WM der Extravaganz. Die Saudis wollen da schon beeindrucken – mit den Stadien und dem ganzen Zirkus drumherum.