Rund 35 Meter fehlten bis zum Tor - aber nur Zentimeter verhinderten ein absolutes Traumtor. Als sich Nestory Irankunda im Testspiel zwischen Australien und Neuseeland den Ball zu einem Freistoß zurechtlegte, befürchtete sein Teamkollege und Kumpel Mohamed Touré zunächst nichts Gutes.
Beim FC Bayern bekam er keine Chance - nun zeigt er der Welt, was er kann
Irankunda zeigt der Welt, was er kann
„Als er Anlauf nahm, sagte ich: ‚Nestor, blamier uns nicht! Blamier uns nicht!‘“, sagte Touré bei Paramount+. „Und dann schießt er, und der Ball trifft die Latte. Aber so ist Nestor eben – er macht unerwartete Dinge.“
Nahezu perfekt traf Irankunda den Ball, der über die Zwei-Mann-Mauer hinweg segelte, sich gerade noch rechtzeitig senkte, um dann punktgenau ans linke Lattenkreuz zu krachen.
Irankunda schockt Teamkollege: „Wäre fast gestorben“
„Als er geschossen hat, wäre ich fast gestorben. Ich konnte nicht glauben, was passiert“, staunte Touré. Auch Nationaltrainer Tony Popovic traute seinen Augen kaum: „Ich habe auf den Bildschirm geschaut, weil ich nicht glauben konnte, dass er den Ball so gut getroffen hat.“
Der verhinderte Kunstschütze gab sich selbst für den Freistoß „9,5 von 10 Punkten, weil es nicht reingegangen ist“. Es wäre wohl das bis dato schönste Tor in seiner jungen Karriere gewesen.
„Ein fantastischer Freistoß“, schwärmte Popovic. „Wir haben gesehen, was er in Watford geleistet hat und mit wie viel Selbstvertrauen er das getan hat.“
Irankunda zuletzt mit zwei Freistoßtoren für Watford
Mit zwei Freistoßtoren sorgte Irankunda zuletzt im Trikot des englischen Zweitligisten FC Watford für Aufsehen. Am Dienstag hätte der 19-Jährige seinem ersten Startelf-Einsatz für die Socceroos seit Oktober 2024 fast selbst noch die Krone aufgesetzt.
„Schade, dass er nicht reingegangen ist, aber ehrlich gesagt freut es mich mehr, dass er aus dem Spiel heraus getroffen hat und nicht per Freistoß“, sagte Popovic.
Denn in der 54. Minute spielte Irankunda seinen zweiten großen Trumpf aus: seine Schnelligkeit. Nach einem „atemberaubenden Solo“ (ESPN) schloss der Youngster zum zwischenzeitlichen 2:0 ab. Zusammen mit Doppelpacker Touré (35., 60.) war er auch ohne Freistoß-Traumtor einer der Hauptdarsteller der Socceroos, die Anfang Juni ihr Ticket für die WM im nächsten Jahr gelöst hatten.
„Wir trainieren in der Sommerpause jeden Tag zusammen, haben unsere ersten fünf Profijahre gemeinsam verbracht und es ist einfach großartig, dass wir nun auch für die Nationalmannschaft zusammen spielen können“, sagte Irankunda über seinen Kumpel Touré.
„Haben der Welt und dem Land gezeigt, was wir können“
Und Irankunda ergänzte: „Wir haben in der Sommerpause hart für solche Chancen gearbeitet. Und ich habe das Gefühl, dass wir sie heute Abend mit beiden Händen ergriffen und dem Land und der Welt gezeigt haben, was wir können.“
Chancen, die Irankunda beim FC Bayern nicht vergönnt waren. 2024 wechselte der in Tansania geborene Offensivspieler von Adelaide United nach München. Begleitet von Lobeshymnen. „Wir sind überzeugt von seinem Potential und davon, dass er bei uns die nächsten Schritte machen wird“, sagte Nachwuchschef Jochen Sauer damals.
Sein Tempo auf dem Platz ist seine große Stärke, bei seiner Entwicklung konnte es Irankunda selbst aber nicht schnell genug gehen. Zwar sorgte er für Bayern II und in der Youth League mitunter für Highlights, aber das ersehnte Profidebüt blieb aus.
Daher meldete er sich schon nach einem halben Jahr selbstbewusst zu Wort. „Ich kann nicht weiterhin jede Woche U23-Fußball spielen“, sagte Irankunda im Dezember 2024 beim TV-Sender Paramount+.
Um mehr Spielpraxis zu bekommen, forcierte der Youngster eine Leihe und sammelte beim Schweizer Abstiegskandidaten Grasshopper Club Zürich wichtige Minuten. Seine Bilanz: ein Tor und drei Assists in 21 Spielen.
Irankunda lässt bei Bayern-Abschied tief blicken
Eigentlich wäre sein Vertrag beim FC Bayern noch bis 2028 gelaufen. Doch mangels Perspektive wechselte Irankunda nach England. Seine Worte zum Abschied ließen tief blicken.
Er habe mit Trainer Vincent Kompany zwar „ein paar Gespräche“ gehabt, bevor er im Januar an die Grasshoppers verliehen wurde, jetzt sei aber nichts mehr gekommen. „Als ich von der Leihe zurückkam, habe ich das erste Team nicht wirklich gesehen. Ich konnte eigentlich mit niemandem sprechen“, sagte Irankunda im Juli bei Sky Sport und schob resigniert nach: „Aber das ist Teil des Fußballs.“
Seine enttäuschenden Erlebnisse in München hat Irankunda auf dem Platz offenkundig abgestreift. Das zeigen die vergangenen Wochen in Watford und nun der Auftritt mit Australien.
„Er hat als Kind einen weiten Weg zurückgelegt“, sagte sein Offensiv-Partner Touré noch - selbst auch erst 21 Jahre. „Er muss noch viel lernen – genau wie ich. Ich bin auch noch ein Kind. Wir lernen also beide gemeinsam.“