Nicolò Tresoldi nahm sich keine Zeit, um seine Treffer ausgelassen zu bejubeln. Der deutsche Stürmer von Club Brügge rannte stattdessen nach seinen zwei Toren jeweils schnell zum Mittelkreis zurück und verzichtete auf besondere Gesten. Kein Wunder: Tresoldi wollte den Sieg - musste sich am Mittwochabend aber trotz seines Doppelpacks mit einem völlig wilden 5:5 seiner Elf gegen Westerlo begnügen.
Tor-Explosion: Deutsches Juwel startet durch
Was für eine Tor-Explosion
Trotzdem steht fest: Der 21-Jährige ist der Mann der Stunde in Belgien. Wettbewerbsübergreifend hat Tresoldi in seinen vergangenen fünf Partien satte sieben Treffer erzielt.
Tresoldi: Sieben Tore in vier Spielen
Innerhalb einer Woche traf er gegen Monaco in der Champions League sowie in der heimischen Liga gegen St. Truiden und Westerlo. Gegen Westerlo sorgte er mit einem wuchtigen Linksschuss unter die Latte für das 1:2 (45.+2), später staubte er per Kopf nach einem vorherigen Lattenschuss zum 4:4 ab (86.). Doch damit nicht genug: Beim 5:0 der deutschen U21 sorgte er zuletzt mit einem Dreierpack für Aufsehen.
Eine Leistungsexplosion dieser Art war nicht vorherzusehen. Bis Mitte September hatte das deutsche Juwel Startschwierigkeiten offenbart und Torgefahr vermissen lassen.
„Der größte Unterschied für mich? Die Qualität ist hier viel höher als in der zweiten Bundesliga. Alles geht schneller, man hat keine Zeit“, sagte Tresoldi noch vergangene Woche.
Er hatte zudem betont: „Ich bin noch nicht auf 100 Prozent, aber ich glaube, ich bin auf einem guten Weg.“ Er sei trotz der kleinen Probleme weiter ganz sicher, dass der Wechsel „die richtige Entscheidung“ gewesen sei.
„Ein Kindheitstraum, der wahr wird“
Mit dem Treffer gegen Monaco in der Königsklasse platzte dann der Knoten. Vor dem Spiel gab er noch zu, „wirklich nervös“ zu sein. Doch dann ging alles gut. Für Tresoldi war es ein besonderer Abend.
„Früher habe ich alle Spiele des AC Mailand in der Champions League verfolgt“, sagte der gebürtige Italiener. „Wenn es möglich ist, sitze ich vor dem Fernseher, um die Spiele zu sehen. Aber selbst anzutreten ist jetzt ein Kindheitstraum, der wahr wird.“
Bisher war er von der größten Fußballbühne in Europa noch ein gutes Stück entfernt. In der vergangenen Saison sorgte er mit sieben Toren und drei Vorlagen in der 2. Bundesliga aber erstmals für etwas größere Aufmerksamkeit und rief Brügge auf den Plan, sechs Millionen Euro an Ablöse zu bezahlen.
Dabei tat der Wechsel Tresoldi durchaus weh, wie er in der offiziellen Mitteilung des Klubs zugab: „Jeder weiß, was mir Hannover 96 und die Stadt Hannover bedeuten. Daran wird sich auch nichts ändern. Hier bin ich groß geworden und habe meinen Traum, Fußballprofi zu werden, verwirklichen können. In den acht Jahren bei 96 habe ich tolle Menschen kennengelernt und für mich unglaublich emotionale Momente erlebt, die ich niemals vergessen werde.“
Im Schatten von Woltemade verschwunden
Nun hat er in 14 Partien für den neuen Verein immer mehr den Weg ins Rampenlicht gefunden. Dabei war ihm das lange Zeit nicht vergönnt.
Bei der U21 ist er schon seit einigen Jahren eine feste Größe und war zu Beginn der Europameisterschaft auch Stammspieler. Doch im Schatten von Nick Woltemade nahm kaum ein Experte den Stürmer wahr.
Am Ende blieb auch nur noch ein Platz auf der Bank, weil der Mainzer Nelson Weiper als besseres Puzzleteil zu Woltemade ausgemacht wurde. Wenige Monate später hat Tresoldi auch diese Enttäuschung verkraftet und fühlt sich in seiner neuen Heimat vollends wohl.