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Das schwierigste Comeback aller Zeiten?

Das schwierigste Comeback ever?

Eine Infektion setzt Ex-Barca-Talent Gerard Deulofeu außer Gefecht. Doch auch zweieinhalb Jahre nach seinem letzten Spiel will der Spanier nicht aufgeben.
Ex-Barca-Talent Gerard Deulofeu absolvierte seinen letzten Einsatz im Januar 2023
Ex-Barca-Talent Gerard Deulofeu absolvierte seinen letzten Einsatz im Januar 2023
© IMAGO/AFLOSPORT
Eine Infektion setzt Ex-Barca-Talent Gerard Deulofeu außer Gefecht. Doch auch zweieinhalb Jahre nach seinem letzten Spiel will der Spanier nicht aufgeben.

Er durchlief die berühmte Jugendakademie „La Masia“, debütierte im zarten Alter von 17 Jahren bei den Profis des FC Barcelona, wurde spanischer Meister sowie Pokalsieger und gewann die Europa League - doch inzwischen hat Gerard Deulofeu seit mehr als zweieinhalb Jahren kein Spiel mehr absolviert.

Der heute 31-Jährige kämpft seit 2023 mit den bitteren Folgen einer Knie-Operation, der er sich nach einem Kreuzbandriss hatte unterziehen müssen. Doch aufgeben ist für Deulofeu keine Option, wie der Spanier nun in einem Interview mit dem Guardian klarmachte.

„Ich weiß, dass ich etwas Besonderes versuche“, erklärte Deulofeu: „Vielleicht ist es die schwierigste Genesung in der Geschichte. Wenn ich es schaffe, zurückzukommen, werden es mehr als 1.000 Tage sein. Aber ich bin jemand, der auf sich achtet, und ich glaube, dass ich es schaffen kann. Wenn es jemand schaffen kann, dann bin ich es.“

Letztes Spiel vor mehr als zweieinhalb Jahren

Es war der 22. Januar 2023, als das Unglück seinen Lauf nahm. Zwei Monate zuvor hatte sich Deulofeu im Trikot von Udinese Calcio gegen Neapel am Knie verletzt und unter Tränen den Platz verlassen. Doch während der Winterpause schien sich der Offensivspieler gut zu regenerieren. „Es war schlimm, aber nicht allzu schlimm“, blickte er zurück.

Daher gab Deulofeu gegen Sampdoria an jenem Tag sein Comeback, als er in der 77. Minute eingewechselt wurde. Doch das Knie machte nicht mit: „Ich musste darum bitten, ausgewechselt zu werden. Das vordere Kreuzband war komplett kaputt.“

Deulofeu musste sich in der Folge operieren lassen - bis hierhin ein nicht unüblicher Vorgang im Fußball. Doch bei dem Eingriff in Rom zog er sich eine Infektion zu, die alles schlimmer machte: Sein Knorpel wurde beschädigt und die Beweglichkeit seines Knies drastisch eingeschränkt.

Eine Infektion gefährdet Deulofeus Karriere

Die Chancen auf eine Rückkehr in den Leistungssport verringerten sich in der Konsequenz drastisch. „Ich wusste schon in den ersten Monaten, dass ich nicht so schnell zurückkommen würde. Bei jeder MRT-Untersuchung hatte sich der Knorpel verschlechtert. Ich hatte Muskeln verloren, mein Knie ließ sich nicht richtig beugen, es gab viel zu rehabilitieren, und das ging nur sehr langsam voran“, schilderte Deulofeu.

Zur weiteren Behandlung reiste der viermalige Nationalspieler Spaniens Ende 2023 zurück nach Barcelona, wo 2003 im Nachwuchsbereich alles begonnen hatte. Dort wurden ihm Zellen aus gesundem Knorpelgewebe in den beschädigten Bereich transplantiert.

Im Sommer 2024 wagte Deulofeu zunächst die Rückkehr aufs Laufband, dann auf den Trainingsplatz, doch es stellte sich heraus, dass es für Laufeinheiten noch viel zu früh war. Seitdem arbeitet er daran, mehr Kraft im Knie aufzubauen, um das Risiko weiterer Rückschläge zu minimieren.

Bei Udinese arbeitet er an seinem Comeback-Traum

Unter der Woche schuftet Deulofeu jeden Morgen um 8 Uhr früh am Stadio Friuli in Udine für seinen Comeback-Traum. Dabei kann er unter anderem auf die Unterstützung von Angel Acena (Fitnesstrainer von Udinese) bauen.

Zwar hat der Serie-A-Klub Deulofeus Vertrag im Januar 2025 aufgelöst, ihm aber Unterstützung bei seiner Genesung und die Möglichkeit einer Rückkehr zugesichert.

Das weiß der Spanier zu schätzen: „Ich bin ihnen sehr dankbar, dass sie mir geholfen und mir die Möglichkeit gegeben haben, hier zu bleiben und in diesem fantastischen Stadion zu arbeiten.“

Seine Zwangspause vom Spielgeschehen nutzte Deulofeu auch, um seine bisherige Laufbahn Revue passieren zu lassen. Er sei „stolz“ und könne sehen, „wie groß meine Karriere war und ist“.

Verpasster Durchbruch in Barcelona

Der 31-Jährige sei sich zwar bewusst, dass es Stimmen gibt, die sagen, dass er noch erfolgreicher hätte sein können, hält aber dagegen: „Man muss auch würdigen, dass ich bereits für Barca und Milan gespielt habe, mit Sevilla die Europa League gewonnen habe, in der Champions League gespielt habe, für die Nationalmannschaft gespielt und Tore geschossen habe und mit Watford das FA-Cup-Finale erreicht habe.“

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass sich Deulofeu beim FC Barcelona nicht durchsetzen konnte: Für die Blaugrana absolvierte das Eigengewächs insgesamt nur 23 Profispiele.

Bereits 2013 wurde er das erste Mal zum FC Everton verliehen. In den Folgejahren gab es weitere Leihen zu Sevilla, Milan, erneut Everton, Watford und Udinese. Die Italiener verpflichteten Deulofeu nach ansprechenden Leistungen im Januar 2021 fest.

Deulofeus Familie unterstützt ihn

Trotz der vielen Leih-Stationen könne er von seiner Karriere nicht viel mehr verlangen, betont der Stürmer selbst.

Auch deshalb stellt sich die Frage, warum Deulofeu angesichts der großen gesundheitlichen Belastung weiter an seinem Comeback arbeitet. Schließlich hat er nicht nur für große Klubs gespielt, sondern auch gutes Geld verdient.

„Manchmal denke ich das auch“, gab Deulofeu zu. „Aber wenn ich meiner Frau sage, dass es zu schwierig ist und ich nicht glaube, dass ich zurückkommen werde, sagt sie: ‚Versuchen wir es, du schaffst das.‘“

Comeback? „Es wird eine Party werden“

Mit dem Support seiner Familie im Rücken hat der ehemalige Nationalspieler das Gefühl, dass er es nun schon weit gebracht hat: „Ich bereite mich darauf vor, in ein paar Monaten wieder auf den Trainingsplatz zu gehen, und dann werden wir sehen, ob ich mich dort wohlfühle.“ Wenn nicht, müsse er eventuell einen Schlussstrich ziehen.

Auch die Vorstellung, nochmal in einer europäischen Top-Liga aufzulaufen, treibt Deulofeu bei seinem ambitionierten Vorhaben an: „Ich weiß, dass dieses Stadion eines Tages, wenn ich wieder hier spiele, komplett voll sein wird. Ich weiß, wie es an diesem Tag für diese Stadt und diesen Verein sein wird. Es wird eine Party werden.“