Jack Wilshere ist zurück im englischen Profifußball - doch nicht auf dem Platz, sondern an der Seitenlinie. Der 33-Jährige übernimmt den englischen Drittligisten Luton Town.
Einst das Juwel schlechthin - nun Drittliga-Coach
Der Neuanfang eines Unvollendeten
„Für mich fühlt es sich an, als hätte sich ein Kreis geschlossen. Man könnte sagen, es ist Schicksal, dass meine erste Trainerstation bei diesem Klub ist. “, wird Wilshere auf der Vereinswebsite zitiert: „Dieser Klub inspiriert mich. Aufgebaut auf Glauben, Zusammenhalt und harter Arbeit.“
Mit acht Jahren startete beim Klub nördlich von London Wilshere dort eine vielversprechende Karriere, die aufgrund von Verletzungen und mentalen Problemen doch nie das wurde, was einst versprochen wurde. Vor drei Jahren hängte er mit nur 30 Jahren seine Fußballschuhe an den Nagel.
Ein englisches Juwel betrat die Bühne
Nach nur einem Jahr bei Luton wechselte Wilshere als Neunjähriger in die Jugendakademie des FC Arsenal. Dort durchlief er sämtliche Jugendmannschaften und debütierte im September 2008 mit nur 16 Jahren in der Premier League. Damit wurde er zum jüngsten Ligaspieler der Gunners seit 55 Jahren, sein Rekord wurde erst 2022 von Ethan Nwaneri gebrochen.
„Das vielversprechendste Talent, das der englische Fußball zu bieten hat“, schrieb die Daily Mail damals über den jungen Debütanten. Es sollte allerdings der einzige Einsatz in der Saison bleiben.
Nach nur einer Spielminute in der Hinrunde der folgenden Saison, wurde der Teenager an die Bolton Wanderers verliehen. Dort avancierte er zum Leistungsträger im zentralen Mittelfeld und kehrte im Sommer zu den Gunners zurück.
Wilshere: Durchbruch unter Wenger
Unter Arsène Wenger gelang ihm 2010/11 dann der Durchbruch: Wettbewerbsübergreifend absolvierte der 18-Jährige 49 Pflichtspiele und sammelte elf Torbeteiligungen, darunter vier in der Champions League. Dem anfänglichen Hype als Heilbringer Englands wurde er nun allmählich gerecht.
Für die Three Lions debütierte er, ebenfalls als 16-Jähriger, im August 2010 unter Fabio Capello. Doch ausgerechnet in einem Spiel für sein Heimatland gegen die Schweiz verletzte sich Wilshere im Juni 2011 schwer am Knöchel.
Eine Rückkehr bis Ende September war angestrebt, doch die Schmerzen blieben und der Engländer musste sich einer Operation unterziehen.
Aufgrund dieser OP sowie einem erlittenen Ermüdungsbruch verpasste Wilshere die komplette Saison 2011/12. Nach einer weiteren Knie-OP und 65 (!) Wochen Verletzungspause kehrte er erst im Oktober 2012 zurück – und war seitdem nie wieder derselbe.
Knöchel- und Knieprobleme bremsten Wilshere aus
Trotz verbesserter Leistungen in den folgenden Jahren bremsten ihn immer wieder Verletzungen aus. Sein Knöchel erwies sich als besonders anfällig, dazu kamen langwierige Knieprobleme. Auch deshalb verpasste er zwischen 2014 und 2016 über 80 Spiele und schaffte es nicht einmal ansatzweise, sich wieder in die Startelf der Gunners zu spielen.
So wagte er im Sommer 2016 erstmals den Schritt aus Nordlondon hinaus und schloss sich leihweise für eine Saison dem AFC Bournemouth an. Dort lief es wieder deutlich besser. Wilshere absolvierte 31 Spiele in der Premier League (22 Startelfeinsätze), gehörte endlich wieder dem Stammpersonal an und tankte Kraft und Selbstvertrauen.
Trotz einer erneuten Verletzung am Saisonende absolvierte der mittlerweile 25-Jährige 2017/18 noch einmal 40 Spiele für die Gunners und sammelte zehn Scorerpunkte. Dennoch entschied er sich dazu, den Verein am Ende der Saison nach insgesamt 17 Jahren, 197 Spielen und zwei FA-Cup-Titeln zu verlassen. „Danke Jack, für deinen Beitrag und die fantastischen Erinnerungen“, ehrte Arsenal ihn zum Abschied.
Nach Stationen bei West Ham United, dem AFC Bournemouth und beim dänischen Aarhus GF beendete Wilshere schlussendlich 2022 seine Karriere.
„Die harte Wahrheit ist, dass ich durch Verletzungen zu viel Fußball verpasst. Ich habe nie das Niveau erreicht, von dem ich dachte, dass ich es leisten könnte“, sagte er Anfang 2022 der Daily Mail.
Wilshere offenbart mentale Probleme
Neben zahlreichen Verletzungen spielten auch mentale Probleme eine Rolle in seiner Karriere: „Ich hatte depressive, negative Gedanken“, gab der Engländer zu: „Ich lag bis zum Mittag im Bett, schlief nicht einmal, sondern stritt nur mit mir selbst. Wofür trainiere ich? Für wen mache ich das? Ich war verloren.“
Nun will der heute 33-Jährige als Trainer Fuß fassen. Luton ist seine erste Station als Cheftrainer. Zuvor hatte er die U18 von Arsenal und interimsweise Norwich City (zwei Spiele) übernommen. „Es ist eine große Ehre und ein Privileg“, kommentierte Wilshere seine Ernennung als Coach.
Vielleicht kann er an der Seitenlinie die Weltkarriere starten, die ihm als Spieler verwehrt geblieben ist.