Ein Haken, zwei Haken, drei Haken - und Antonio Rüdiger lag am Boden. Der Abwehrchef der deutschen Nationalmannschaft sah, man kann es nicht anders sagen, beim 0:2 gegen die Slowakei richtig alt aus.
In Spanien ist das Rüdiger-Urteil schon gefallen
Rüdiger? Spaniens Urteil ist eindeutig
Rüdiger kam gegen David Strelec einfach nicht in den Zweikampf. Er war chancenlos. Die Szene wurde zum Sinnbild für die historische Pleite in der WM-Qualifikation. Und steht exemplarisch für die aktuelle Entwicklung des Verteidigers von Real Madrid.
Rüdiger ist nach einer Verletzungspause noch ein gutes Stück von der einstigen Topform entfernt. Der 32-Jährige muss zum ersten Mal seit Jahren sowohl im Verein als auch im DFB-Team um seine Position fürchten.
Spanien-Urteil zu Rüdiger ist eindeutig
Kurzer Rückblick: Der 32-Jährige ließ sich nach einer fast schon brutalen Vorsaison im Frühsommer am ramponierten Knie operieren. Monatelang hatte er als einziger konstanter Verteidiger Madrids die Knochen hingehalten, bis ihm eine langfristige Sperre die Möglichkeit zu einem medizinischen Eingriff gab.
Wie so häufig stellt sich bei Spielern einer gewissen Altersklasse nun auch bei Rüdiger die Frage: Wo geht die Reise hin?
Ein Blick in die spanischen Medien verhieß in den vergangenen Wochen nichts Gutes. Rüdiger befinde sich wie auch David Alaba auf der Abschussrampe, war schon vor Wochen zu lesen. „Die neue Realität Rüdigers“, titelte die Zeitung Sport in Erwartung einer Backup-Rolle zuletzt. Und in der As wurde jüngst von Reals neuem Defensiv-Bollwerk geschwärmt - Rüdiger dabei aber nur noch beiläufig erwähnt.
„Eine Mauer aus Gold“, titelte die bedeutende Sportzeitschrift aus Madrid. Während der teuer eingekaufte Dean Huijsen als mögliche „Generations-Verpflichtung“ bejubelt wird („Elegant, entscheidend und ein Wunderkind im Spielaufbau“), sieht man in Rüdiger auch hier einen Ersatzmann.
Real investiert mächtig in die Zukunft
In großen Spielen werde das Duo aus Huijsen und dem wieder erstarkten Eder Militao bestehen, prophezeit die As. Das liege auch am Alter und an der körperlichen Verfassung Rüdigers.
Auf der einen Seite eine überraschende Entwicklung, war Rüdiger in der vergangenen Saison doch einer der Leistungsträger in einem weitgehend enttäuschenden Real-Team. Auf der anderen Seite aber auch fast schon eine logische Konsequenz, denn die besorgniserregende Gegentor-Flut konnte Rüdiger nicht stoppen.
1,2 Treffer hatten die Königlichen pro Spiel geschluckt. Der schlechteste Wert seit 2018. Und so nahm der Weltklub viel Geld in die Hand und investierte kräftig in die Gegentor-Verhinderung. Hujsen kam für gut 62 Millionen Euro, Álvaro Carreras für 50 Millionen und Trent Alexander-Arnold für 10 Millionen.
Zusammen mit dem Rückkehrer Militao, der seinen zweiten Kreuzbandriss bestens verkraftet hat, bilden sie die Gegenwart und die Zukunft Madrids. Die Kette von Trainer Xabi Alonso ist im Schnitt knapp 24 Jahre jung. Im Vergleich mit Rüdiger (Vertrag bis 2026) handelt es sich fast schon um eine andere Spielergeneration.
Rüdiger sollte man nicht abschreiben
Und auch in der Nationalmannschaft wächst die Konkurrenz. Nico Schlotterbeck kommt bei Borussia Dortmund dem Comeback näher. Mit 25 Jahren gehört er beim BVB zu den Anführern. In Topform dürfte er auch im Nationalteam Ansprüche anmelden. Selbes gilt für Jonathan Tah, der mit seinem Wechsel zum FC Bayern ein neues Level erreichen will.
Dazu kommt: Julian Nagelsmann hatte Rüdiger nach seinem Ausraster bei einem Real-Spiel öffentlich angezählt. Weitere Verfehlungen wird der Bundestrainer nicht dulden. Auch wenn er Rüdiger menschlich und sportlich sehr schätzt.
Und doch: Vorschnell abschreiben sollte man einen Spieler wie Rüdiger nicht. Im vergangenen Sommer galt er nach dem Gewinn der Champions League schließlich noch als einer der besten Innenverteidiger der Welt. Rund 15 Monate ist das erst her.
Der Mann mit dem unverkennbaren Laufstil ist zudem Zeit seiner Karriere als Kämpfer aufgetreten. In Spanien nennen sie ihn hochachtungsvoll „El Loco“, den Verrückten. Anlegen will sich selbst im Training kaum einer mit ihm.
Womöglich tut ihm das ein- oder andere Spiel auf der Bank sogar ganz gut, in der vergangenen Saison war er offenkundig überspielt. Erreicht er sein altes Niveau, könnten auch in Zukunft die Gegenspieler wieder am Boden liegen - ganz egal, ob sie zuvor ein, zwei oder drei Haken geschlagen haben.