Abdoulaye Touré nahm noch einmal tief Luft, Rasen klebte auf seiner verschwitzten Glatze. Dann trat der Kapitän von Le Havre an und lupfte den Ball vom Elfmeterpunkt in die Mitte des Tores von Racing Straßburg zum 3:2-Sieg für Le Havre - ganz lässig, als hätte in der neunten Minute der Nachspielzeit überhaupt nichts auf dem Spiel gestanden.
90.+9! Panenka-Elfer entscheidet Abstiegs-Wahnsinn in Frankreich
90.+9! Abstiegs-Wahnsinn in Ligue 1
Für die Spieler und Verantwortlichen gab es kein Halten mehr. Es war das dramatische Ende des Abstiegskampfs in Frankreichs Ligue 1. Denn durch den Treffer von Touré sprang Le Havre in letzter Sekunde vom Relegationsplatz nach oben und feierte den Klassenerhalt. Stattdessen muss nun Stade Reims in den Zusatzpartien um die Erstklassigkeit bangen.
„Wusste, dass ich einen Panenka mache“
„Ich legte den Ball hin und ich wusste, dass ich einen Panenka mache“, erklärte der Held des Tages selbst bei L‘Équipe. „Ich denke, es gibt nichts Schöneres, als mit dieser Note zu enden.“
Druck habe er keinen verspürt, trotz der prekären sportlichen Lage: „Ich dachte mir, dass es für die Geschichte schön sein könnte und dass wir im schlimmsten Fall in die Relegation kommen, wenn ich verschieße.
Trainer Didier Digard war bei der Pressekonferenz noch merklich emotional und verkündete: „Es gibt keinen zweiten Verein wie diesen. Der Präsident Jean-Michel Roussier war eine unglaubliche Unterstützung, ebenso wie unser Sportdirektor Mathieu Bodmer und sein Team. Es gibt eine besondere Beziehung, zu ihnen und meinen Spielern. Ich habe meine Spieler auch enorm beschützt und deshalb lag es ihnen am Herzen, mir das zurückzugeben.“
Ex-Bayern-Star jubelt am Handy
Das Drama hatte auch Auswirkungen auf einen Ex-Münchner. Denn mit einem Remis wäre Straßburg als Sechster in die Conference League eingezogen, durch den Touré-Treffer zog Lyon vorbei und damit auf die internationalen Rang.
Ex-Bayer Corentin Tolisso durfte durch den Last-Minute-Treffer von Touré am Smartphone auf dem Rasen nach dem 2:0 von Olympique Lyon gegen Angers also doppelt jubeln und darf nun nächstes Jahr in der Conference League auftreten.
Doch viel mehr gefeiert wurde in Le Havre. Als die Mannschaft gegen drei Uhr in der Nacht am Flughafen ankam, wurde sie laut L‘Équipe von vielen Fans gefeiert als hätten sie einen Titel gewonnen. Kein Wunder: Denn der Verein hatte 2009 bereits den Gang in die Ligue 2 antreten müssen und hatte 14 lange Jahre auf die Rückkehr ins Oberhaus warten müssen.