Einwechslung, Tor, Ekstase: Thomas Müller brauchte nur 163 Sekunden, dann lagen ihm die Fans der Vancouver Whitecaps schon zu Füßen. „Dieser Moment war großartig. Die Lautstärke, der Jubel, einfach fantastisch“, sagte Müller nach seinem emotionalen Debüt, bei dem er mit einem satten Schuss aus 20 Metern ins Netz traf. Dumm nur: Wegen einer vorherigen Abseitsstellung zählte der Treffer nicht.
"Eine neue Ära hat begonnen"
Vancouver liegt Müller zu Füßen
Neuzugang Müller hatte in der 61. Minute unter dem Jubel der 26.031 Anhänger erstmals den Kunstrasen des ausverkauften BC Place betreten. „Jetzt kommt das Genie“, sagte der TV-Kommentator, während die Fans Spruchbänder mit der deutschen Aufschrift „Willkommen, Raumdeuter“ in die Höhe hielten - verziert mit den weißen und blauen Rauten der Bayern-Flagge.
Und Müller lieferte auf dem Rasen wie zu Münchner Zeiten, sein Treffer wäre das 2:0 der Kanadier gegen Houston Dynamo gewesen. Doch der Linienrichter hob die Fahne, stattdessen glich Artur Bassi in der Nachspielzeit (90.+1) noch zum 1:1 aus. „Ich habe gemischte Gefühle“, sagte Müller dann auch: „Das Ergebnis war am Ende ein bisschen enttäuschend.“
Müller von der Presse gefeiert
So wurde auch der ganz große Hype in der örtlichen Presse gedämpft. „Was wie ein märchenhafter Start in Thomas Müllers Karriere bei den Whitecaps aussah, nahm nach einem Tor in der Nachspielzeit durch Houston eine Wendung“, meinte die Vancouver Sun. „Aber die größte Verpflichtung der Vereinsgeschichte ist endlich auf dem Rasen. Und was wäre das Tor von Müller, den sie in Deutschland nur Herr Raumdeuter nennen, für ein Moment gewesen.“
Der Toronto Star sah „ein nahezu perfektes Debüt von Müller. Aber eben nur fast.“ Auch die MLS reagierte nach der Partie und befand: „Thomas Müller zeigt seine Klasse bei seinem unvergesslichen Debüt für die Vancouver Whitecaps. Eine neue Ära hat in Vancouver begonnen.“
Weiter hieß es: „Der vielleicht auffälligste Aspekt des Debüts des 35-Jährigen war seine sofortige Führungsrolle auf dem Spielfeld in einer jungen Whitecaps-Mannschaft.“
Sein Empfang war gewaltig. Schon vor dem Anstoß herrschte rund um das Stadion eine „Müller-Mania“. Der Weltmeister von 2014 entstieg in kurzer Hose und weißem Whitecaps-Pullover einer schwarzen Limousine und erlebte dann die Begeisterung. Die ortsansässige Zeitung The Province schrieb von einem großen Hype bei der Ankunft: „Vor dem Spiel musste sich der dynamische Fußballveteran auf dem Weg zum Stadion durch Hunderte von Fans und Gratulanten kämpfen, die sich versammelt hatten.“
Das Trikot mit der Nummer 13 war dabei allgegenwärtig. Müller winkte gut gelaunt, schrieb Autogramme und schaffte es schließlich in die Katakomben.
Müller genießt neues Leben in Vancouver
Wie erwartet saß der langjährige Bayern-Profi zunächst nur auf der Bank, nach seiner Einwechslung gab er sofort ein paar Kommandos. Zum Sieg reichte es aber nicht. „Den macht er so nur einmal im Jahr“, sagte Müller über Bassis spätes Tor aus fast 30 Metern. In der Western Conference der Major League Soccer (MLS) fielen die Whitecaps auf Rang drei zurück.
Nach dem Spiel wirkte Müller durchaus müde. Bis zum Heimspiel gegen St. Louis City am Sonntag freue er sich auf ein wenig Alltag, sagte er. „Es war eine anstrengende Woche. Ich bin froh, dass mein erstes Spiel geschafft ist“, so Müller: „Jetzt muss ich in meinem Apartment erstmal runterkommen und darüber nachdenken, was alles passiert ist. Es war verrückt.“
Und, ach ja, ein wenig einkaufen müsse er auch noch. Es sei schön, in der Stadt von Fans erkannt zu werden, sagte der 35-Jährige, er schätze aber auch die ruhigen Momente in Vancouver - auch ohne seine Frau Lisa. „Ich genieße es, im Supermarkt zwischen Zitronen und Blaubeeren zu relaxen. Es macht einfach Spaß hier“, sagte Müller - trotz des aberkannten Tores beim Debüt.
-----
Mit Sport-Informations-Dienst (SID)