Man sieht es ihnen nicht auf Anhieb an, schließlich heißen sie nicht FC Liverpool oder Manchester City. Doch der AFC Bournemouth verkörpert aktuell alles, was eine Spitzenmannschaft zu bieten hat.
Ein Kniff, der England fasziniert
Seit November und mittlerweile elf Premier-League-Spielen (Vereinsrekord) sind die „Cherries“ nun ungeschlagen - die drittlängste Serie in Englands Oberhaus.
Punktgleich mit dem FC Chelsea liegt die Mannschaft von Trainer Andoni Iraola auf Rang sieben und kratzt an den internationalen Plätzen. Zuletzt fegte Bournemouth im Duell der Überraschungsmannschaften Nottingham Forest mit 5:0 vom Platz. Forest hatte zuvor selbst neun Spiele in Folge nicht mehr verloren.
Bournemouth steht für aggressives Spiel
Seit Iraola das Amt im Juli 2023 übernahm, steht Bournemouth vor allem für eins: aggressives Pressing und blitzschnelles Umschalten. Das beweist auch die Statistik: Der Tabellensiebte führt die Liga in Ballgewinnen an - und das in jedem Spielfeld-Drittel. Zudem machen sie aus vergleichsweise wenig ganz viel. Platz 15 im Marktwert-Ranking steht Platz sieben in der wahren Tabelle gegenüber.
Doch das war nicht immer so. Nachdem Bournemouth 2015 erstmals in die Premier League aufstieg, folgte nach Jahren im untersten Mittelfeld 2020 der Abstieg. Keine zwei Jahre später kämpfte sich das Team aus dem Südwesten Englands zurück, belegte in den Jahren danach Platz 15 und 12.
Jetzt folgte der überraschende Aufschwung und das, obwohl man erst im Sommer Top-Stürmer Dominic Solanke an Tottenham verlor. Satte 64 Millionen Euro nahm Bournemouth durch den Transfer ein, verpflichtete davon unter anderem Evanilson vom FC Porto und lieh Kepa vom FC Chelsea aus.
Der spanische Schlussmann hat einen großen Anteil daran, dass Bournemouth die drittbeste Defensive der Liga stellt. Vor ihm überragen vor allem drei blutjunge Verteidiger: Ilya Zabarnyi (22), Milos Kerkez (21) und Dean Huijsen (19). Zabarnyi und Huijsen bilden das jüngste Innenverteidiger-Duo der Premier League.
Kluivert reiht sich in elitären Kreis ein
Huijsen, der im Sommer noch mit dem FC Bayern in Verbindung gebracht worden war, erkennt die Qualität seiner Mannschaft: „Wir haben einige großartige Spieler und das Potenzial, uns für Europa zu qualifizieren“, sagte er in einem Interview mit dem Guardian.
Zu den großartigen Spielern gehört diese Saison vor allem einer: Justin Kluivert. Der Sohn von Legende Patrick Kluivert scheint in England endlich angekommen zu sein. Nach mehreren Stationen im Ausland, unter anderem auch bei RB Leipzig, spielt der Niederländer seit 2023 im Verein. Er netzte diese Saison bereits elfmal in der Premier League, ist damit der Top-Torschütze der Cherries.
Bemerkenswert: Zweimal gelang Kluivert dabei ein Hattrick - und das auswärts. Damit ist er erst der siebte Spieler der PL-Geschichte, dem das in einer Saison gelang und reiht sich zu Legenden wie Michael Owen, Luis Suarez oder Harry Kane ein.
Hinter Kluivert stellt Iraola das komplette Gegenteil zur Abwehr auf. Ältere Spieler bilden im Mittelfeld den Kern der Mannschaft - wobei „älter“ vielleicht das falsche Wort ist. Denn David Brooks (27), Lewis Cook (27) und Ryan Cristie (29) sind bei weitem keine alten Hasen - im Vergleich mit der Verteidigung dann aber schon. Das Trio bringt Erfahrung mit, ist seit mehreren Jahren im Verein und ergänzt sich so mit der Abwehrkette perfekt. Mit 25,57 Jahren im Schnitt hat Bournemouth den viertjüngsten Kader der Liga.
Die Cherries sind ein Giganten-Schreck
Der wohl wichtigste Mann steht aber an der Seitenlinie: Trainer Andoni Iraola. Jemand, der mit seinem kontrollierten Pressing jeden einzelnen Spieler im Kader verbessert zu haben scheint, wie der Guardian schrieb. Ein Trainer mit einem klaren Konzept und Vorstellungen davon, was die Elf auf dem Platz zustande bringen soll. Und das war bisher beeindruckend.
Denn: Bournemouth gewann in dieser Saison unter anderem gegen große Klubs wie Arsenal, Manchester City, Tottenham und Manchester United. Einer der fehlt: Der FC Liverpool, im Hinspiel gab es ein 0:3. Bereits nächste Woche (Samstag, 16 Uhr im SPORT1-Ticker) haben die Cherries die Chance auch die „Reds“ zu schlagen - und damit den nächsten PL-Giganten.