Dass die Fans der Wolverhampton Wanderers so überschwänglich seinen Namen singen, habe sich Vítor Pereira nach eigenem Bekunden kaum vorstellen mögen.
Bei 1860 gescheitert, nun gefeiert
„Manchmal verliere ich im Spiel die Konzentration, weil ich mich bei den Fans bedanken möchte“, sagte der Coach der Wolves bei der BBC. „Es gibt diese Verbindung seit dem ersten Spiel - es ist etwas Besonderes, das ich nicht erwartet habe. Ich habe das auch bei anderen Klubs erlebt, aber nicht so wie hier.“
Die Zuwendungen im Molineux Stadium nach dem 3:0-Sieg gegen Leicester City am Wochenende genoss der Portugiese sichtlich. „Oh, Vítor Pereira“, schallte es aus der Fankurve. Und der gefeierte Trainer reckte immer wieder die rechte Faust in die Luft und klopfte sich auf die Brust - Gesten, die an den früheren Liverpooler Erfolgscoach Jürgen Klopp erinnerten.
Wolves mit bestem Lauf seit 1970
Die Wolves sind aktuell Tabellen-13. - im Niemandsland der Premier League wirkt eine solche Euphorie auf den ersten Blick etwas übertrieben. Doch Pereiras Bilanz kann sich durchaus sehen lassen.
Der Sieg gegen die bereits als Absteiger feststehenden Foxes war bereits der sechste in Folge. Eine solche Serie schafften die Wolves zuletzt 1970. Damit ist Wolverhampton aktuell das formstärkste Team der Premier League.
Als Pereira im Dezember übernahm, lagen die Wolves mit nur neun Punkten und fünf Zählern Rückstand aufs rettende Ufer auf dem vorletzten Platz. Seither holte der Klub aus den West Midlands zehn Siege und entledigte sich so frühzeitig aller Abstiegssorgen.
Nur Liverpool und Newcastle besser
Seit Pereiras Amtsantritt zwei Tage vor Weihnachten holten nur der FC Liverpool und Newcastle United mehr Siege in der Premier League.
„Als wir hier angekommen sind, ging es vor allem darum, besser zu verteidigen. Und jetzt will ich mehr. Ich möchte, dass die Mannschaft mit dem Ball Fußball spielt“, sagte der 56-Jährige.
Vollmundige Ziele formulierte Pereira auch einst bei 1860 München - und scheiterte krachend.
Pereira wollte „to the Top” – und stürzt ab
Im Dezember 2016 präsentierten die Löwen den neuen Coach in einem Brauhaus. Seine legendäre Ansage, dass er die Sechziger wieder „to the Top“ führen wolle, ist unvergessen.
Doch statt nach oben ging es für den Traditionsklub weiter bergab. Pereira verantwortete als Coach den Abstieg aus der 2. Bundesliga, beim Relegationsspiel gegen Jahn Regensburg kam es zu Fanausschreitungen.
Wegen fehlender Lizenz für die 3. Liga musste 1860 einen Neustart in der Regionalliga unternehmen. Und Pereira war Geschichte.
„Ich habe dieses Risikoprojekt angenommen. Leider hat es nicht gereicht. Es ist ein trauriger Moment. Es ist alles schwer zu verkraften. Es ist ein großes Loch in mir“, sagte Pereira damals.
Verhältnis zu Özil galt als gestört
Den FC Porto (2012 und 2013) und Olympiakos Piräus (2015) hatte der Coach zuvor jeweils zur Meisterschaft geführt. Dies gelang ihm nach der chaotischen Episode in München 2018 auch noch in China mit Shanghai SIPG.
Nach seinem Aus dort 2020 wurde Pereira zum Wandervogel. Nach nur einem halben Jahr war für ihn bei Fenerbahce schon wieder Schluss, sein Verhältnis zu Offensivstar Mesut Özil galt als gestört.
Auch die Tätigkeiten in Südamerika bei Corinthians und Flamengo sowie zuletzt in Saudi-Arabien bei Al-Shabab waren nur von kurzer Dauer.
Ex-Herthaner Cunha schwärmt von Pereira
In England scheint es nun zu passen. Das liegt auch am Ex-Herthaner Matheus Cunha. Beim 3:0 gegen Leicester war der Brasilianer an allen drei Treffern beteiligt.
„Im Moment ist es einfach, über ihn zu sprechen“, schwärmte Cunha von seinem Trainer: „Er ist hierhergekommen, um uns zu helfen. Wenn man die Dinge betrachtet, die wir auf dem Feld machen, dann hat er seine Finger im Spiel.“
Und der 25-Jährige schob hinterher: „Jeder ist sehr glücklich, ihn und alle anderen Trainer um sich zu haben.“ Auf ihn selbst könnte das allerdings schon bald nicht mehr zutreffen. Englische Medien berichteten zuletzt, dass Cunha unmittelbar vor einem Wechsel zu Manchester United stehen soll.
Doch zunächst steht am kommenden Freitag bei Manchester City (21 Uhr im LIVETICKER) die Erfolgsserie auf dem Prüfstand. „Wir haben den Ehrgeiz, das nächste Spiel zu gewinnen“, gab Pereira die Marschrichtung vor – mit selbstbewussten Ansagen kennt er sich ja aus.