Einst europäischer Fußball-Gigant und Abo-Meister Englands, in den vergangenen Jahren aber immer mehr zum Gespött geworden. Manchester United sorgte für eine Negativ-Schlagzeile nach der anderen.
Radikaler Schritt bei ManUnited?
Die Abwärtsspirale scheint auch in dieser Saison kein Ende zu nehmen. Doch trotz der nationalen Misere - die Red Devils sind 16. in der Premier League - könnte United mit dem Gewinn der Europa League - ein internationaler Titel von Relevanz - aus dieser Spielzeit gehen.
Finale? „Spielt keine Rolle“
Rettet der silberne Glanz einer Trophäe die Saison? Ein deutliches Nein gab es am Sonntag von Trainer Rúben Amorim. „Für mich spielt es keine Rolle, ob wir die Europa League gewinnen, denn die Probleme sind viel größer als das“, betonte der nach der 0:2-Niederlage gegen West Ham sichtlich verärgerte Portugiese.
Mehr noch: Amorim bekräftigte sogar, dass er die Red Devils verlassen werde, wenn zu Beginn der nächsten Saison kein merklicher Aufwärtstrend erkennbar ist. „Wenn das Gefühl nächste Saison immer noch da ist, müssen wir weggehen und anderen Leuten Platz machen. Und zwar wir alle“, verkündete der 40-Jährige.
„Unseren Platz an andere Personen abtreten“
Was dieses Gefühl ihm hervorruft? „Der Mangel an Energie, an Dringlichkeit. Das ist das Gefährlichste, was es in diesem Verein gibt. (...) Wenn wir das nicht wirklich schnell ändern können, sollten wir unseren Platz an andere Personen abtreten.”
„Wir verlieren das Gefühl, ein großer Verein zu sein, und das Gefühl, dass es nicht die größte Sache der Welt ist, ein Spiel zu Hause zu verlieren. Wir haben diese Angst nicht mehr, und das ist das Gefährlichste, was ein großer Verein haben kann. Das ist ein Grund zur Sorge”, analysierte Amorim die Misere seiner Mannschaft. Die Verantwortung dafür übernahm er selbst. „Es ist nicht die Schuld der Spieler. Es ist meine Schuld, ich bin dafür verantwortlich.“
Verraten Amorims Fingerknöchel die Wahrheit?
Wären die Verantwortlichen derselben Meinung, wäre er wohl schon längst wieder entlassen worden. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Mitte. Auch die Spieler sind verantwortlich, genauso aber auch das Konstrukt ManUnited und die Fehlplanung der Verantwortlichen in den vergangenen Jahren. All das mündet nun in der sportlichen Talfahrt.
Ob Amorim wirklich denkt, dass er die Hauptschuld an der Misere trägt? Ein Blick auf seine linke Hand liefert einen Hinweis. Beim Halbfinal-Rückspiel gegen Athletic Bilbao kam er zur zweiten Halbzeit mit einem Pflaster über den Fingerknöcheln aus der Kabine. Bei der Halbzeitansprache ließ er seine Wut auf die Spieler offenbar erneut an der Kabineneinrichtung aus. Im Anschluss sah man die Wunden an seinen Fingerknöcheln.
Schon einige Monate zuvor soll er laut englischen Medienberichten bei einer Wutrede in der Kabine einen Fernseher zerstört haben.
Trotz Amorim-Aussagen: Titel wäre Gold wert für United
Wenngleich ein Triumph im Finale gegen Tottenham - übrigens das einzige Team hinter United in der Tabelle abgesehen von den drei Absteigern - Amorim nicht ausreicht, um alles schönzureden, wäre er Gold wert. Die Red Devils wären trotz einer Katastrophen-Saison für die Champions League in der kommenden Saison qualifiziert.
Das ist in der Premier League ohnehin schwer genug und würde nicht nur zusätzliches Einkommen sichern, sondern auch einen Pluspunkt in der Spieler-Rekrutierung im Sommer bedeuten. Am 21. Mai geht es also nicht um die Rettung der bisherigen Saison, sondern um einen besseren Ausgangspunkt für die kommende.
Und in der will Amorim bekanntlich ein anderes Gesicht seiner Mannschaft sehen - oder er ist weg. Und die Red Devils hätten den nächsten Trainer verschlissen, ohne die eigentlichen Probleme behoben zu haben.