Nicht einmal ein Monat ist vergangen, da drohte Manchester City ein mittelschweres Beben. Es ging um Pep Guardiola. Den vielleicht einflussreichsten Trainer aller Zeiten, den starken Mann der Skyblues, der auf den ersten Blick recht kurios anmutende Aussagen tätigte. Sein Problem: Er hatte nicht zu wenige gute Spieler, sondern zu viele.
Wie passt das zu Guardiolas Worten?
Dem Spanier stieg dieses Thema, über das sich der Großteil aller anderen Trainer dieser Welt wohl nur freudig die Hände reiben würde, so sehr zu Kopf, dass er gar an drastische Konsequenzen dachte. Und zwar an eine Kündigung. „Ich habe dem Klub gesagt, dass ich das so nicht haben möchte“, betonte Guardiola nach einem 3:1-Sieg gegen Bournemouth. Eine klare Bedingung. Eigentlich unmissverständlich.
“Ich will nicht fünf oder sechs Spieler auf Eis legen müssen. Das will ich nicht. Ich werde aufhören. Verkleinert den Kader – und ich bleibe”, so Guardiola weiter. Gegen Bournemouth musste der Starcoach nicht weniger als fünf gestandene Profis auf die Tribüne setzen, weil der Spieltagskader nur 20 Spieler umfassen darf.
„Werde nicht bleiben“: Guardiola droht
Diese Verhältnisse, sagte Guardiola, seien „unmöglich für meine Seele“. In der nächsten Saison dürfe es nicht mehr so sein: „Wenn sie den Kader nicht verkleinern, werde ich nicht bleiben.“
Aber jetzt? Scheinen diese markanten Aussagen plötzlich wie verflogen. Eher passiert in Manchester gerade das Gegenteil - kurz vor Beginn der Klub-WM präsentierte der Klub einen Neuzugang nach dem anderen. Nach dem algerischen Linksverteidiger Rayan Ait-Nouri und dem französischen Spielmacher Rayan Cherki kam am Mittwoch der niederländische Nationalspieler Tijjani Reijnders von der AC Mailand. Dazu ist der englische Keeper Marcus Bettinelli neu an Bord. Kommen soll zudem das norwegische Wunderkind Sverre Nypan.
Für das reformierte Turnier in den USA, das am 15. Juni startet, sind Ait-Nouri, Cherki und Reijnders sofort spielberechtigt. Also drei Männer, die den laut Guardiola ohnehin schon zu aufgeblähten Kader der Skyblues nochmals erweitern – und obendrein eine Menge Geld kosten. Laut Medienberichten zahlt City eine Ablöse von 46,3 Millionen Pfund (ca. 55 Millionen Euro) für Reijnders. Auch für Ait-Nouri und Cherki sollen inklusive Boni mehr als 40 Millionen Euro fällig geworden sein. Wie passt das zusammen?
Klar ist: Trotz seiner Aussagen ist Guardiola bewusst, dass der Kader in der Breite vielleicht kleiner, in der Spitze aber qualitativ wieder besser werden muss. Platz drei und 13 Punkte Rückstand auf Meister Liverpool in der Premier League, die Finalpleite im FA Cup gegen Oliver Glasners Crystal Palace und das frühe Aus in der Champions-League-Zwischenrunde gegen Real Madrid – viel zu wenig für das aus Abu Dhabi finanzierte Scheich-Ensemble, das in der abgelaufenen Spielzeit ohne Titel blieb.
Khaldoon Khalifa Al-Mubarak, Vorstandsvorsitzender von Manchester City, kündigte deshalb Anfang Juni in Vereinsmedien an, dass es noch vor dem Start der Klub-WM eine Transfer-Offensive geben werde. Der Fußball-Weltverband FIFA hatte hierfür ein Sonder-Transferfenster vom 1. bis zum 10. Juni eingeführt, um den Vereinen die Möglichkeit zu geben, sich für das Turnier zu verstärken. Gesagt, getan. City wollte zuschlagen. Und City hat zugeschlagen. Im großen Stil, versteht sich. Eines Premier-League-Giganten würdig.
„Echtes“ Transferfenster noch gar nicht geöffnet
Aufgrund der schlechten Ergebnisse und Verletzungssorgen tätigten die Skyblues schon im vergangenen Winter Transfers für mehr als 200 Millionen Euro. Unter anderem wurde Eintracht Frankfurts ehemaliger Torjäger Omar Marmoush verpflichtet. Jetzt kommen drei weitere Stars dazu, die weitere Lücken schließen sollen. Nicht zuletzt auch die, die nach dem Abgang von Kevin De Bruyne im offensiven Mittelfeld entstanden ist. Wie die Bosse Guardiola Wünsche aber erfüllen wollen, bleibt spannend.
Spielerverkäufe dürften sich mitunter als schwierig gestalten, da die Profis aus dem Scheich-Klub hohe Gehälter beziehen, was potenzielle Abnehmer in vielen Fällen abschrecken könnte. So wurde 120-Millionen-Mann Jack Grealish für die Klub-WM nicht einmal in den Kader berufen, ein Abgang scheint unausweichlich. Auch Ilkay Güdogan steht vor einem Wechsel.
Immerhin: Das „echte“ Transferfenster ist noch nicht einmal geöffnet. Auf der Insel beginnt wie in Frankreich die Transferperiode am 16. Juni. Am 1. Juli folgen Deutschland, Spanien und Italien. Bis zum 1. September werden dann Wechsel möglich sein - auch zu Vereinen, die nicht an der Klub-WM teilnehmen. Mehr als genug Zeit also, um Guardiola zufriedenzustellen.
Denn eine Sache ist klar: Der Kader von City wird sich in den nächsten Wochen noch deutlich verändern.