Vor zwei Jahren machte Manchester United Torhüter André Onana mit einer Ablösesumme von rund 50 Millionen Euro zum drittteuersten Keeper der Welt. Doch anstatt den Red Devils als sicherer Rückhalt zu dienen, steht der Kameruner längst sinnbildlich für eine Mannschaft, die immer tiefer im Chaos versinkt.
Ist er die Lösung?
Ist er die Lösung?
Nach der Pokal-Blamage gegen den Viertligisten Grimsby Town am vergangenen Mittwoch fiel das Echo der englischen Presse einmal mehr eindeutig aus: ManUnited braucht dringend einen neuen Torhüter.
Fünf Tage später, am Deadline Day, präsentierte der strauchelnde Traditionsklub mit dem 23-jährigen Senne Lammens von Royal Antwerpen tatsächlich einen neuen Schlussmann. Der junge Belgier unterschrieb ein bis 2030 datiertes Arbeitspapier.
Ist er womöglich derjenige, der die Torwart-Sorgen des Traditionsklubs vertreiben kann?
ManUnited verpflichtet „Torwart mit großem Potenzial“
Während auch prominente Namen wie Aston Villas Emiliano Martínez gehandelt wurden, entschieden sich die Red Devils für ein eher unbekanntes Talent - und damit für eine günstigere Lösung. Lammens kostet mit kolportierten 21 Millionen Euro nicht einmal halb so viel wie der Transfer von Onana.
„Ich bin extrem stolz, zu Manchester United zu wechseln. Damit wird ein Traum wahr“, ließ sich Lammens in einer Vereinsmitteilung zitieren. United-Direktor Jason Wilcox erklärte: „Senne ist ein hervorragender junger Torwart mit großem Potenzial. Wir freuen uns, dass er sich nach großem Interesse mehrerer Vereine für einen Wechsel zu Manchester United entschieden hat.“
Auf der großen europäischen Fußball-Bühne ist Lammens bisher noch nicht groß in Erscheinung getreten. In seiner Heimat Belgien hält man aber viel von ihm: Er wird bereits als künftiger Nachfolger von Thibaut Courtois gesehen.
Erste Schritte in der Heimat
Geboren am 7. Juli 2002 in Zottegem, absolvierte Lammens seine ersten fußballerischen Schritte im Alter von fünf Jahren beim unterklassigen Klub KRC Bambrugge in Ostflandern. 2010 zog es ihn weiter zum Profiverein FCV Dender EH, bevor er vier Jahre später in die Jugend des FC Brügge wechselte.
Im Oktober 2018 wurde der damals 16-Jährige für das Champions-League-Spiel gegen Atlético Madrid erstmals in den Profikader des belgischen Top-Klubs berufen. Bis zu seinem ersten Profieinsatz sollte allerdings noch einige Zeit vergehen.
Zunächst sorgte Lammens im Jugendbereich für Schlagzeilen, als er im Dezember 2019 die U19-Auswahl von Real Madrid mit einem spektakulären Kopfballtor schockte. Sein umjubelter Treffer zum 2:2 in der 95. Minute sicherte Brügge den Einzug in die K.o.-Phase der UEFA Youth League.
Bei Brügge nur zweite Wahl
In der Saison 2020/21 lief Lammens mit Brügges Reserveteam in der zweiten belgischen Liga auf. Im Juli 2021 kam dann der große Moment: Da Stammkeeper Simon Mignolet verletzt ausfiel, feierte Lammens beim 3:2-Sieg im Supercup gegen KRC Genk sein Profi-Debüt.
Wenige Tage später absolvierte der junge Keeper auch seinen ersten Einsatz in der belgischen Pro League. Anschließend kehrte jedoch Mignolet ins Tor zurück, weshalb Lammens im weiteren Saisonverlauf nur noch zwei weitere Einsätze vergönnt waren.
In der Saison 2022/23 blieb er sogar komplett ohne Einsatzzeit für die Profis. Folglich verlängerte er seinen auslaufenden Vertrag nicht und wechselte zum frisch gebackenen Meister Royal Antwerpen.
Durchbruch nach dem Aus von van Bommel
Unter Trainer Mark van Bommel war Lammens lediglich Nummer zwei, kam aber wiederholt zu Einsätzen, vor allem im Pokal. Nach einem enttäuschenden sechsten Platz in der Liga musste Ex-Bayern-Profi van Bommel seinen Hut nehmen. Jonas De Roeck übernahm als Trainer und beförderte Lammens zur Saison 2024/25 zum Stammkeeper.
Auch wenn De Roeck aufgrund inkonstanter Resultate bereits nach neun Monaten abgelöst wurde, überzeugte Lammens regelmäßig mit starken Leistungen. Seine 173 Paraden in der vergangenen Saison wurden von keinem anderen Torwart der zehn besten Ligen Europas getoppt. Zusätzlich parierte er vier Elfmeter - ebenfalls Rekord.
Die überzeugenden Auftritte brachten Lammens im März 2025 seine erste Nominierung für die belgische A-Nationalmannschaft ein. Schon seit der U15 hatte er die Auswahlteams des belgischen Verbands durchlaufen.
Lammens „vermittelt der Abwehr Selbstvertrauen“
Zu Lammens’ großen Stärken zählt vor allem seine Ausstrahlung: Mit seinen 1,93 Metern dominiert er den Strafraum. „Er vermittelt der Abwehr Selbstvertrauen. Bei hohen Bällen ist es ein Vorteil, dass Senne immer da ist. Das gibt den Innenverteidigern ein gewisses Gefühl der Ruhe“, lobte Antwerpen-Trainer Stef Wils.
Außerdem profitiert Lammens nicht nur davon, dass er auf der Linie stark ist - auch mit dem Ball am Fuß kann er gut umgehen. „Senne ist ein moderner Torwart. Er ist noch jung und hat das Potenzial, sich weiterzuentwickeln“, betonte Wils.
Mit 23 Jahren hat Lammens aber natürlich noch Luft nach oben. „Um wirklich zur Spitzenklasse zu gehören, muss er nur noch seine Genauigkeit verbessern. Er erlaubt es sich, in jedem Spiel Fehler zu machen, meist weil ihm in bestimmten Situationen noch die Erfahrung fehlt“, erklärte Bart Tamsyn, ehemaliger Scout von Brügge, im Gespräch mit Transfermarkt.de.
„Kleinere Fehler“ führen zu Gegentoren
Es handle sich überwiegend um „kleinere Fehler, wie zum Beispiel einen schlechten Abstoß, aber einige wenige haben aufgrund eines Fehlpasses oder einer Fehleinschätzung der Situation zu Gegentoren geführt“.
Dennoch drängt sich bereits jetzt der Vergleich mit Landsmann Courtois auf. Beide Keeper haben eine ähnliche Statur und ihre ersten Schritte in der Pro League absolviert.
„Er braucht noch ein oder zwei Jahre, um sich weiterzuentwickeln. Sein nächster Verein wird wahrscheinlich nicht Barcelona oder Real Madrid sein, aber ich würde nicht ausschließen, dass er nach einiger Zeit das Niveau von Courtois erreichen könnte“, erklärte der frühere Profi und ehemalige Anderlecht-Torwarttrainer Frank Boeckx in der Zeitung La Derniere Heure.
Hilft Lammens United sofort weiter?
Ob Lammens wirklich in Courtois’ Fußstapfen treten kann, bleibt abzuwarten. Für United geht es jedoch weniger um die ferne Zukunft als um sofortige Stabilität.
Nach der historisch schlechten Vorsaison und einem schwachen Start in die neue Spielzeit soll der Belgier im Team von Trainer Rúben Amorim vor allem eins sein: ein sicherer Rückhalt, den man bei Onana oft vermisst hat.