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"Verrückte Dinge": Salah nur noch ein Schatten seiner selbst

Nur noch ein Schatten seiner selbst

Mohamed Salah steckt im wohl größten Formtief seiner Liverpool-Ära. Muss der Ägypter jetzt auf die Bank? Und was ist der Grund für sein Scheitern?
Liverpool-Trainer Arne Slot betont, dass Mohamed Salah die Qualität hat, seine Form gegen jedes Team zu zeigen, nicht nur gegen den Rivalen Manchester United.
Mohamed Salah steckt im wohl größten Formtief seiner Liverpool-Ära. Muss der Ägypter jetzt auf die Bank? Und was ist der Grund für sein Scheitern?

Wenn Mohamed Salah gegen Manchester United spielt, dann gibt es für gewöhnlich eine fulminante Show des Ägypters. Seitdem der Rechtsaußen beim FC Liverpool spielt, hat er im Derby gegen die Red Devils unglaubliche 22 Torbeteiligungen gesammelt - in bis zum Sonntag lediglich 17 Spielen. In der Geschichte der Premier League hat kein Akteur in diesem historischen Duell mehr Scorerpunkte.

Bei seinem 18. Aufeinandertreffen gegen United war dieser Mohamed Salah allerdings kaum wiederzuerkennen. Genau wie der FC Liverpool steckt auch Salah inmitten einer sportlichen Krise. Bei der 1:2-Pleite vor heimischem Publikum an der Anfield Road leistete sich der 33-Jährige zahlreiche Fehler und blieb meilenweit hinter den Erwartungen zurück. Von britischen Medien wurde der Linksfuß als einer der schlechtesten Spieler auf dem Platz bewertet.

„Salah war United jahrelang ein Dorn im Auge, heute war das anders. Er verschwendete eine goldene Chance und blieb wieder mal still“, schrieb der Mirror. Von einem „enttäuschenden Nachmittag für Salah“ berichtete der Standard.

„Bei einem Spielstand von 1:2 aus Liverpools Sicht wurde er ausgewechselt, das sagte alles“, meinte Sky UK. „Er ist meilenweit von seinen stratosphärischen Leistungen der Vergangenheit entfernt.“

Salah übersieht Wirtz und vergibt kläglich

Besonders eine Szene sorgte für große Kritik: In der 65. Minute fand sich der Ägypter nach einer Flanke von Linksverteidiger Milos Kerkez am langen Pfosten plötzlich völlig frei vor dem gegnerischen Tor wieder - aus fünf Metern jagte Salah den Ball allerdings deutlich am Tor vorbei.

Mindestens genauso schlimm war allerdings, dass Salah einen völlig freistehenden Florian Wirtz übersah. Der Deutsche stand links vom Ägypter einschussbereit in deutlich besserer Position und forderte sogar den Ball, bevor er nach Salahs Fehlschuss die Hände über dem Kopf zusammenschlug.

Bezeichnend ist an der Szene, dass Mitspielers Curtis Jones bereits zum Jubel ansetzte, weil er sich bei Salahs Abschlusschance schon so sicher war.

Carragher fordert Bankplatz für Salah

Reds-Legende Jamie Carragher forderte in seiner Funktion als TV-Experte nun sogar, dass man Salahs bislang unumstrittene Rolle in der Startelf hinterfragen müsse.

„Wir haben jetzt bei Salah einen Punkt erreicht, an dem er nicht mehr jedes Spiel machen sollte. Er darf nicht mehr der Erste sein, der auf den Spielberichtsbogen geschrieben wird“, teilte Carragher bei Sky Sports mit und bewertete es als „interessant“, dass Salah trotz Rückstand kurz vor Schluss ausgewechselt wurde.

Der Ägypter gehört für den 47-Jährigen zwar grundsätzlich weiterhin zur besten Elf der Reds, sollte allerdings nicht mehr der Dauerbrenner sein: „Man muss bedenken, dass Liverpool mit Frankfurt und Brentford jetzt zwei Auswärtsspiele hat - und ich glaube nicht, dass er in beiden Partien spielen wird.“

Neville stellt Salah-These auf

Gary Neville nahm in seinem eigenen Podcast Bezug zu diesen Aussagen und schilderte, dass er erste Anzeichen eines Leistungsabfalls sehe - allerdings nicht in körperlicher, sondern in technischer Hinsicht.

„Ich sehe nicht, dass er körperliche abbaut – einige seiner Sprints sehen ziemlich gut aus, er wirkt im Strafraum sehr aktiv. Aber es gibt verrückte Dinge, wie den Ball, der zum langen Pfosten kommt ... seine Technik beim Schießen und Flanken, das ist es, was ziemlich falsch aussieht“, erklärte die United-Legende. „Es gab heute ein paar Momente, in denen man dachte: ‚Das ist nicht Mo Salah.‘“

Bei genauer Betrachtung wird aber deutlich, dass es diese Momente gegen Manchester United nicht zum ersten Mal gab. Verglichen mit seinen hohen Standards ist Salah nur noch ein Schatten seiner selbst. In der Premier League hat der Ägypter zwei Tore und zwei Vorlagen auf dem Konto, traf allerdings auch einmal per Elfmeter.

Besorgniserregende Statistiken von Salah

Salah scheitert allerdings nicht nur erst direkt vor dem Tor. Der Ägypter kommt auch viel seltener in Abschlusssituationen. Pro 90 Minuten kommt Salah nur auf durchschnittlich 0,30 erwartete Tore, zeigen die Daten von fbref. Der 33-Jährige befindet sich also deutlich seltener in aussichtsreichen Positionen vor dem Tor.

In den vergangenen acht Jahren bei Liverpool kam Salah auf durchschnittlich 0,64 erwartete Tore pro 90 Minuten, seine Chancen haben sich also mehr als halbiert.

Auch bei den erwarteten Vorlagen ist ein deutlicher Leistungsabfall zu erkennen. In dieser Saison sind es 0,18 pro 90 Minuten. Letztes Jahr waren es noch 0,38, im Jahr davor sogar 0,42 erwartete Assists pro 90 Minuten. Salah kreiert also auch weniger Chancen für seine Mitspieler.

Aktuell steht er bei seinen Dribblings bei einer Erfolgsquote von mageren zehn Prozent. Durchschnittlich waren es in den letzten acht Spielzeiten 46,9 Prozent.

Die entscheidende Frage bei Salah

Doch woran liegt das, woher kommt dieser plötzliche Leistungsabfall? Denn lange ist es nicht her, dass Salah England nach Strich und Faden dominierte.

Mit 28 Toren und 19 Vorlagen in 38 Premier-League-Spielen hatte Salah Liverpool vergangene Saison noch zur Meisterschaft geschossen.

Die entscheidende Frage ist: Spielt Salah so schlecht, weil Liverpool so schlecht spielt? Oder spielt Liverpool so schlecht, weil Salah so schlecht spielt? Schnell zu beantworten ist wohl keine der beiden Varianten, am wahrscheinlichsten liegt die Antwort in der Mitte.