Die Krise der AC Mailand hat einen neuen Tiefpunkt erreicht: Der erneute späte K.o. - diesmal gegen Lazio Rom - war Sinnbild für die Situation der Rossoneri, der Vizemeister spielt eine Saison zum Vergessen, die Situation erscheint schier aussichtslos.
Die Fans haben längst aufgegeben
In der achten Minute der Nachspielzeit traf Lazios Pedro vom Elfmeterpunkt zum 2:1-Endstand und besiegelte damit die nächste Pleite der Mailänder. Doch viele Fans hatten das Stadion sowieso bereits längst verlassen.
Serie A: Erschreckende Stimmung im San Siro
Die Gazzetta dello Sport schreibt von einer surrealen Atmosphäre, das Stadion leerte sich am Sonntagabend in Rekordzeit, von einer Spannung - weder im guten noch im schlechten Sinne - war nichts mehr zu spüren.
Selbst das Banner war noch dasselbe, das am Donnerstag bei der Pleite in Bologna im Gästeblock zu sehen war: „Nur für das Trikot“. Die Stimmung rund um den Klub ist an einem Tiefpunkt angelangt.
Bereits nach sechs Minuten hallten Buhrufe durch das San Siro, das eigentlich für seine außerordentliche Kulisse und Stimmung bekannt ist. Buhrufe bei jedem Rückwärtspass, Buhrufe bei jedem der zahlreichen Fehler, Buhrufe bei jeder Unentschlossenheit.
Fan-Ärger: „Dieser Klub verdient uns nicht“
„Die Rossoneri-Welt hat sich von der Mannschaft und dem Verein bereits verabschiedet“, schreibt die Gazzetta. Aus der Kurve waren nach einem 15-minütigen Streik die mittlerweile fast schon alltäglichen Gesänge zu hören: „Unwürdig“. Oder: „Dieser Klub verdient uns nicht“.
Pedro habe mit seinem verwandelten Elfmeter das Giuseppa-Meazza-Stadion endgültig zum Einsturz gebracht. Der Frust sitzt tief - bei allen Parteien.
Trainer Sergio Conceicao, an dem die Kritik nach einer mehr als durchwachsenen Saison immer lauter wird, meldete sich nach der jüngsten Niederlage zu Wort – und ließ dabei tief blicken.
„Was mich am meisten stört, sind die Spieler, ihre Gesichter zu sehen, die Enttäuschung, die große Frustration. Ich bin auf ihrer Seite. Ich bin hier, um meine Spieler und meine Kabine zu verteidigen“, sagte Conceicao bei DAZN.
Der ehemalige Milan-Stürmer Paolo Di Canio hat den Glauben bereits aufgegeben. „Es scheint unmöglich, dass Conceicao die Situation bereinigen kann. Das wird durch die zunehmend schlechten Beziehungen zu den Spielern offensichtlich, die sich seit dem Beginn der Saison verschlechtert haben“, sagte Di Canio in einem Interview mit Sky Italia: „Der Verein befindet sich im freien Fall.“
Vernichtende Kritik an Milan-Star Félix
Dabei hatte Milan im Winter mit einer Transfer-Offensive noch für Aufsehen gesorgt. Stars wie Joao Félix, Santiago Gimenez oder Kyle Walker sollten den strauchelnden Klub wieder in die Erfolgsspur führen - der Effekt ist längst verpufft.
Besonders Félix gerät zunehmend in die Kritik. Gegen Lazio wurde der einstige 127-Millionen-Mann (aktuell vom FC Chelsea nach Mailand ausgeliehen) nach 37 Minuten für Yunus Musa eingewechselt.
In den italienischen Medien hatte sich bereits nach der Niederlage gegen Bologna die Kritik an Félix gehäuft, der Corriere della Sera bezeichnete ihn als „eine Katastrophe. Er war der Schlechteste auf dem Platz, den man weder sieht noch hört“ - gegen Lazio lief es keineswegs besser.
Die lokale Milan News fand noch deutlichere Worte: „Joao Félix ist ungebührlich. Es ist klar, dass er trotz seiner miserablen Leistungen auf qualitativer Ebene eine Art Immunität vor Auswechslungen genießt. Schlimmer als er ist derjenige, der ihn auf dem Platz hält.“
Gemeint ist natürlich Conceicao, der sich gegen die wachsende Kritik unlängst wehrte.
„Ich komme nicht aus dem Nichts“, sagte Conceicao und verwies auf über 100 Spiele in der Champions League als Spieler und Trainer. „Ich habe 13 Titel gewonnen, aber sie haben jeden Tag Spaß daran, über mich zu reden.“
Conceicao bewertet die Situation wie folgt: Wenn man ihm sage, dass er nicht mehr gebraucht werde, „dann packe ich meine Sachen und gehe, ohne einen Euro mehr zu verlangen“, ergänzte der 50-Jährige.
Bleiben die Siege weiter aus, dürfte das nicht mehr lange dauern.