Es war der 6. Mai 2025 – ein Abend, der in die Vereinsgeschichte von Inter Mailand eingehen sollte.
Inter zerlegt sich selbst
Mit einem dramatischen 4:3 gegen den FC Barcelona stürmte die Mannschaft zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren ins Champions-League-Finale.
Euphorie, pure Gänsehaut, die Fans träumten vom „Doblete“ aus Meisterschaft und Königsklasse. Finalgegner Paris Saint-Germain schien schlagbar, der SSC Neapel in der Liga noch in Reichweite. Alles war offen.
Doch nur 55 Tage später ist von all dem nichts geblieben. Stattdessen: Null Titel, Enttäuschung und eine gefährliche Zerrissenheit. Aus fünf möglichen Wettbewerben (Serie A, Coppa Italia, Supercoppa, Champions League und Klub-WM) hat Inter in der vergangenen Saison keinen einzigen gewonnen.
Inter zerfällt in seine Einzelteile
Noch Mitte Mai sah es in der Serie A gut aus. Ein Sieg gegen den FC Turin und ein Remis von Neapel gegen den CFC Genua eröffneten drei Spieltage vor Schluss neue Chancen in der Liga.
Als Neapel am vorletzten Spieltag der Serie A gegen Parma Calcio wieder nicht über ein Unentschieden hinauskam und Inter gegen Lazio 1:0 führte, war die Chance auf den Titel greifbar.
Doch dann kam die 90. Minute: Handspiel von Yann Bisseck, Elfmeter für Lazio – Pedro traf. Der Titel war futsch.
Das Champions-League-Finale gegen PSG in München wenige Tage später sollte für Entschädigung sorgen und zum großen Triumph werden – wurde aber zum Totalschaden. 0:5 gegen Paris - die bis dahin beste Inter-Mannschaft der vergangenen Jahre zerfiel auf der größten Bühne in ihre Einzelteile.
Und Trainer Simone Inzaghi, zuvor gefeiert, war nach dem Spiel nicht mehr zu halten. Der Wechsel zu Al-Hilal nach Saudi-Arabien wurde kurze Zeit später offiziell. Versuche, Cesc Fàbregas von Como 1907 zu verpflichten, scheiterten. Kurz vor der Klub-WM kam Cristian Chivu als neuer Trainer – doch auch der Rumäne konnte das plötzlich marode Inter bisher nicht stabilisieren.
Auch die Resthoffnung platzt bei der Klub-WM
Denn auch bei der Klub-WM lief am Ende alles schief. Schon das Unentschieden im Auftaktmatch gegen CF Monterrey war holprig.
Gegen die Urawa Reds und River Plate schöpften die Italiener kurz Hoffnung – ein vermeintlich günstiger Turnierbaum winkte. Doch im Achtelfinale gegen Fluminense Rio de Janeiro setzte es eine weitere herbe Pleite – der letzte Titeltraum war geplatzt.
Es folgte ein öffentlicher Schlagabtausch innerhalb der Mannschaft: „Jeder, der bei uns bleiben will, soll bleiben. Jeder, der nicht bleiben will, soll gehen“, sagte Lautaro Martínez nach dem Klub-WM-Aus bei DAZN.
Experten sehen dies als Affront gegen Hakan Calhanoglu, der wegen einer Verletzung der Klub-WM fernblieb und auch prompt mit deutlichen Worten auf Instagram reagierte. „Respekt kann keine Einbahnstraße sein“, schrieb der Türke dort.
Selbst der Vereinspräsident teilt aus
Und auch Vereinspräsident Beppe Marotta konnte es nicht lassen, weiter Öl ins Feuer zu gießen.
„Die Forderung von Lautaro wird vom Verein geteilt, es ist der Siegergeist, der uns weit bringen kann“, erläuterte Marotta und dachte dabei scheinbar gar nicht daran zu deeskalieren.
Zwischen dem 6. Mai und dem 30. Juni ist Inter förmlich kollabiert. Was als Märchen begann, endete nun sogar im Zwist. Inter steht heute zerrüttet da und muss sich erstmal wieder neu finden.