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"Geschlechter-Apartheid" in Afghanistan: Wenn Sport zum Versteckspiel wird

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"Geschlechter-Apartheid" in Afghanistan: Wenn Sport zum Versteckspiel wird

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Wenn Sport zum Versteckspiel wird

Seit der Machtübernahme der Taliban ist Sport für Frauen und Mädchen in Afghanistan quasi verboten. Einige trainieren allerdings heimlich und müssen dabei schlimme Konsequenzen fürchten.
Professionelles Boxen ist in Afghanistan für Frauen verboten
Professionelles Boxen ist in Afghanistan für Frauen verboten
© IMAGO/Eibner
SID
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Seit der Machtübernahme der Taliban ist Sport für Frauen und Mädchen in Afghanistan quasi verboten. Einige trainieren allerdings heimlich und müssen dabei schlimme Konsequenzen fürchten.

Bahar trifft sich mit ihren Freundinnen in der Mittagshitze von Kabul. In einem privaten Garten nimmt sie ihr Kopftuch ab, abseits der Öffentlichkeit natürlich. Für einen Moment jagen die afghanischen Frauen gemeinsam ihrer großen Leidenschaft nach. Beim Boxtraining flüchten sie vor ihrem komplizierten Alltag unter Führung der Taliban. Doch Bahar und Co. begleitet dabei stets die Angst, von den drakonischen Machthabern erwischt zu werden.

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„Wenn wir boxen, ist alles für einen Moment vergessen. Selbst wenn wir nur ein paar Minuten trainieren, macht das einen großen Unterschied“, sagt die 20-Jährige der Nachrichtenagentur AFP. Sogar ihr Mann wisse nicht, dass sie noch boxt - und zwar aus gutem Grund: Seit der Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 hat sich die ohnehin prekäre Lage der Frauen und Mädchen in Afghanistan nochmals dramatisch verschlechtert, auch Sport ist ihnen quasi verboten.

Die von keinem Staat anerkannten Behörden der Taliban haben eine strenge Auslegung des islamischen Rechts durchgesetzt, wobei die Frauen die Hauptlast der Einschränkungen tragen. Die Vereinten Nationen bezeichnen dies als „Geschlechter-Apartheid“. Frauen wird gemäß Gesetz seit November 2022 sogar der Zutritt zu Fitnessstudios und Parks verwehrt, weil sie sich sonst nicht an die Kleiderordnung halten würden, die ihnen vorschreibt, sich zu verschleiern.

Frauen-Sport in Afghanistan verboten

Die 25 Jahre alte Sanah geht aus Angst vor den Taliban nur noch früh morgens zum Spazieren auf die Straßen von Kabul - frei bewegen kann sie sich aber auch dann nicht. „Wir können nicht in die Nähe der Taliban-Kontrollpunkte gehen, weil sie sagen: ‚Warum seid ihr so früh vor dem Haus? Wo wollt ihr hin? Warum müsst ihr Sport treiben, ihr müsst es nicht, also lasst es‘“, sagt Sanah. Ihren richtigen Namen will sie wie alle anderen von AFP befragten Frauen aus Angst vor Repressalien nicht preisgeben.

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Durch die Ausübung von Sport ein Mindestmaß an Gesundheit und Seelenfrieden zu erlangen? In Afghanistan für Frauen nicht möglich. „Der Arzt hat mir gesagt, ich solle mehr Sport treiben, weil ich einen hohen Cholesterinspiegel und eine Fettleber habe, aber die Taliban lassen uns nicht trainieren, ins Fitnessstudio gehen oder draußen spazieren“, erklärt Sanahs gute Freundin Latifah. Stattdessen sei sie zuletzt gewaltsam aus einem Park entfernt worden.

Viele Sportlerinnen sind nach der Machtübernahme der Taliban aus Afghanistan geflohen. Drei Frauen starteten unter afghanischer Flagge bei Olympia, dazu zwei weitere für das Flüchtlingsteam. Alle fünf Starterinnen eint, dass sie nicht mehr in ihrer Heimat leben oder trainieren (können). Frauensport existiert in Afghanistan nur noch im Verborgenen und wird somit zum Versteckspiel.