Trevor Berbick stand auf - und fiel rückwärts wieder in die Seile. Auch sein zweiter Versuch aufzustehen, schlug fehl. Und während der sich mühsam berappelnde Berbick vom Ringrichter ausgezählt wurde, ging in der anderen Ringecke der Box-Stern eines 20-Jährigen auf: Mike Tyson.
Als Tyson ein wahres Phänomen war
An jenem 22. November 1986, heute vor 38 Jahren, sollte sich Tyson beim als „Judgment Day“ titulierten Fight zum jüngsten Schwergewichtsweltmeister der Geschichte krönen und die Geburt einer Legende einläuten.
Im Las Vegas Hilton Hotel und Casino, dem damals größtem Hotel der Welt in Winchester, Nevada, galt es in einem Box-Turnier den ersten unangefochtenen Champion seit Leon Spinks im Jahr 1978 zu küren. Tyson war zu dem Zeitpunkt 20 Jahre alt, hatte zwölf Jahre weniger Erfahrung vorzuweisen als sein Konkurrent aus Jamaika.
Beeindruckende Zahlen
Kid Dynamite, wie Tyson später auch getauft wurde, galt aber keineswegs als Außenseiter. Seine Bilanz vor dem Kampf war beeindruckend: Tyson hatte zu dem Zeitpunkt eine weiße Weste, in seiner noch jungen Karriere konnte der begnadete Kampfsportler alle 27 Kämpfe gewinnen, 25 davon durch Knockout.
Beeindruckend. Für den 32 Jahre alten WBC-Champion ging es dagegen um die Titelverteidigung, nachdem Berbick in der ersten Runde Pinklon Thomas aus dem Turnier geworfen hat, galt es auch den aufmüpfigen Jüngling in die Schranken zu verweisen.
Technischer K.o.: Tyson überrollt Berbick
Doch Tyson hatte einen anderen Plan und der sollte es in sich haben. Abwarten: Ein Fremdwort, von Beginn dominierte der junge US-Amerikaner seinen maßlos überforderten Gegner. Angriffe um Angriffe prasselten auf den fast schon amateurhaft wirkenden Berbick ein.
Symbolhaft für die Demontage: Zum Ende der ersten Runde packte Tyson eine unfassbare Vierer-Kombination aus, die den jamaikanischen Hundert-Kilo-Koloss über den Ring schickte, als wäre er eine Feder.
Ein Schema, welches sich auch durch die zweite Runde ziehen sollte. Offensive Bemühungen des Champions: Fehlanzeige. Eine Kombination nach der anderen hagelte auf Berbick ein, eine unmenschliche Wucht, der er sich nach 2:35 Minuten in der zweiten Runde geschlagen geben musste. Es folgte der Technische K.o.
Der WBC-Champion am Boden. Über ihm ragte majestätisch thronend, bestaunt vom Publikum, der neue Schwergewichts-Champion. Selten wurde ein Titelträger derartig gedemütigt.
Der Startschuss: Was folgt, ist historisch!
Der Abend sollte für Tyson aber nicht nur seinen ersten Titel als Schwergewichtsweltmeister bedeuten. Er sollte eine Karriere einleiten, die ihresgleichen sucht. Der gebürtige New Yorker war der erste Weltmeister, der gleichzeitig von den drei Boxverbänden WBC, WBA und IBF anerkannt wurde.
Der Mythos Tyson war dabei wahrlich nicht ohne Brüche: Sportlich war die sensationelle Niederlage gegen Buster Douglas der erste Bruch, 1992 folgte der tiefe persönliche Fall, als er wegen Vergewaltigung der Misswahl-Teilnehmerin Desiree Washington verurteilt wurde und drei Jahre in Haft saß.
Nach seinem Comeback stieg er zwar wieder zum Weltmeister auf. Die frühere Höhe seines Schaffens erreichte er aber nicht mehr - der legendäre Ohrbiss im Kampf gegen Evander Holyfield festigte sein Image als Skandal-Attraktion.
Was für ein bahnbrechendes Phänomen die Urgewalt Tyson in jungen Jahren aus sportlicher Sicht war, kann nur dunkel erahnen, wer ihn am vergangenen Wochenende als Altherren-Preiskämpfer gegen Jake Paul erstmals erlebt hat.