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Leichtathletik: Deutscher Ex-Weltmeister bricht nach herber Enttäuschung sein Schweigen

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Was nun, Herr Vetter?

Seit fast vier Jahren kämpft Speerwurf-Ass Johannes Vetter nun schon um seine Form. Nach seinem gescheiterten Comeback-Versuch Anfang Juni spricht der 32-Jährige bei SPORT1 darüber, wie er doch noch zu alter Stärke finden will. An einen Rücktritt denkt Vetter nicht.
Johannes Vetter will wieder zurück zu alter Stärke finden
Johannes Vetter will wieder zurück zu alter Stärke finden
© IMAGO/Beautiful Sports
Seit fast vier Jahren kämpft Speerwurf-Ass Johannes Vetter nun schon um seine Form. Nach seinem gescheiterten Comeback-Versuch Anfang Juni spricht der 32-Jährige bei SPORT1 darüber, wie er doch noch zu alter Stärke finden will. An einen Rücktritt denkt Vetter nicht.

Als Johannes Vetter am 1. Juni in Offenburg die Speere auspackte, um nach fast einem Jahr sein sehnlichst erwartetes Comeback zu geben, zogen dunkle Regenwolken auf und verhinderten einen pünktlichen Start des Wettkampfes.

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Die düstere und regennasse Stimmung nahm symbolhaft die ernüchternde Leistung des früheren Speerwurf-Dominators vorweg: Vetter brach beim souveränen Sieg seines Landsmannes Julian Weber nach zwei gescheiterten Versuchen den Wettkampf ab und verschwand wortlos in die Katakomben.

Leichtathletik-Fans rätseln seitdem, ob der 32-Jährige nun einen Schlussstrich unter seine Karriere ziehen würde. Zehn Tage später gibt Vetter im SPORT1-Interview Entwarnung: Der Weltmeister von 2017 berichtet zwar, einen Tag lang Trübsal geblasen zu haben, aufgeben sei jedoch keineswegs eine Option.

SPORT1: Herr Vetter, waren Sie vor Ihrem Comeback in Offenburg optimistisch oder hatte es sich im Vorfeld abgezeichnet, dass es nicht funktionieren würde?

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Johannes Vetter: Ich war vorsichtig optimistisch. Im Training lief es in der Woche zuvor eigentlich ganz okay, entsprechend hatte ich mir ein bisschen mehr erhofft. Es war allerdings so, dass ich in dieser Woche zum ersten Mal wieder richtig aus dem Anlauf werfen konnte. Das konnte ich davor nicht, weil der Körper durch die Anpassungsprozesse ständig reagiert hat.

„Ich komme nicht in diesen Automatismus rein“

SPORT1: Was ist dann im Wettkampf passiert? Lag es auch am Regen, dass der Speer nicht weit flog?

Vetter: Das war nicht der Grund. Ich hatte ja schon einige Wettkämpfe in meiner Karriere, bei denen das Wetter schlecht war. Das musst du abkönnen. Ich komme momentan noch nicht in diesen Automatismus rein, bei dem man, ohne denken zu müssen, das Ding einfach wirft und es zum Segeln kriegt. Diesen Automatismus habe ich durch die vielen Jahre mit Verletzung verloren.

SPORT1: Wie bekommt man diesen Automatismus zurück?

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Vetter: Ich brauche einfach noch Zeit mit einigen Trainingseinheiten, in denen ich kontinuierlich werfen kann.

SPORT1: Ihr Comeback in Offenburg haben Sie schon nach zwei missglückten Versuchen abgebrochen. War Ihnen klar, dass es an diesem Tag nichts werden würde?

Vetter: Ja, ich will mich nicht unter Wert verkaufen, auch wenn das vielleicht blöd klingt. Aber du hast immer noch deinen Leistungsanspruch und willst den Wettkampf nicht mit 70 Metern beenden. Das macht einfach keinen Spaß.

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„Das hat keinen Spaß gemacht“

SPORT1: Wie schwer ist es psychisch, sich eingestehen zu müssen, dass man in seinem Kampf um die alte Form noch nicht weiter ist?

Vetter: Nach dem Wettkampf war es stressig, muss ich sagen. Das hat keinen Spaß gemacht, weil ich dachte, dass ein bisschen mehr geht. Ich brauchte einen Tag, bis ich einen Plan hatte, ob das alles noch so weitergeht und wirklich funktioniert. Aber ich habe mich dann schnell gefangen und das Training lief dann auch wieder relativ gut. Jetzt sind wir gespannt, wie es weitergeht. Ich bin weiterhin vorsichtig optimistisch.

SPORT1: Ihr Trainer Boris Obergföll meinte, dass Sie möglicherweise noch gehemmt sind und Ihrem Körper noch nicht trauen…

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Vetter: Das glaube ich nicht, denn eigentlich kann ich schon draufgehen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich noch vorsichtig sein müsste, weil erstmal nichts weh tut. Auch die Kraftwerte sind vergleichbar mit denen vor vier Jahren. Mir fehlt einfach die Selbstverständlichkeit, in die Spannung reinzugehen und zu werfen. Und es haben sich in den letzten Jahren Fehler eingeschlichen, weil ich einige Ausweichbewegungen machen musste.

SPORT1: Das heißt, dass auch der operierte Wurfarm keinerlei Probleme macht?

Vetter: Ja, dem geht es gut, da tut nichts mehr weh. Trotzdem kann es ein Jahr lang dauern, bis sich der Ellenbogen angepasst hat. Und wo soll es auch herkommen? Ich habe jetzt vier Jahre nicht gescheit geworfen, da ist es zum alten Status Quo ein langwieriger Prozess. Das ist gerade so, als habe man Fahrradfahren verlernt und müsse jetzt alle Bewegungsabläufe neu erlernen. Das braucht Würfe auf einem hohen Niveau und dieses Niveau muss man sich erst wieder erarbeiten. Ich hätte es gerne gehabt, dass es schneller geht, aber es braucht einfach noch Zeit.

Vetter entscheidet selbst über Rücktritt

SPORT1: Gibt es in Ihrem Umfeld Menschen, die Ihnen zum Rücktritt raten?

Vetter: Nein. Das würde ich aber ohnehin selbst entscheiden.

SPORT1: Worin schöpfen Sie Hoffnung, dass der Knoten in den kommenden Wochen und Monaten platzen wird? Haben Sie sich eine Frist gesetzt?

Vetter: Das kann ich ganz schwer sagen. Ich möchte jetzt einfach mal werfen und mir ein gutes Feeling erarbeiten, dann sehen wir weiter. Spätestens bei den Deutschen Meisterschaften werde ich wieder werfen, aber das Ziel ist natürlich, schon davor einen Wettkampf zu bestreiten.

SPORT1: Gibt es einen Plan B, falls es dieses Jahr wider Erwarten gar nicht mehr klappt?

Vetter: Nein, ich denke nicht ans Aufhören. Dafür ist es noch zu früh, mir jetzt darüber Gedanken zu machen. Ich mache mir keinen Druck und schaue erstmal, wie es dieses Jahr läuft.