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Vor einem Jahr starb eine der größten DDR-Legenden der Leichtathletik

Eine der größten DDR-Legenden

Am 22. Oktober jährt sich der Todestag von Annelie Ehrhardt, geboren als Annelie Jahns, zum ersten Mal. Ihre Karriere bleibt unvergessen – die frühere Spitzenläuferin zählt zu den bedeutendsten Figuren der deutschen Leichtathletik.
Usain Bolt und Co. haben in der Leichtathletik neue Maßstäbe gesetzt. Einige Bestmarken aber bestehen schon seit Jahrzehnten. SPORT1 zeigt die ältesten Weltrekorde der Leichtathletik.
Am 22. Oktober jährt sich der Todestag von Annelie Ehrhardt, geboren als Annelie Jahns, zum ersten Mal. Ihre Karriere bleibt unvergessen – die frühere Spitzenläuferin zählt zu den bedeutendsten Figuren der deutschen Leichtathletik.

Armand Duplantis ist ein Phänomen, ein Überflieger, ein Dominator seiner Sportart. Immer und immer wieder fliegt der Stabhochspringer in Sphären, die noch niemand zuvor erreicht hat. 14 Weltrekorde stellte er während seiner Karriere schon auf. Den neuesten bei der Leichtathletik-WM 2025. Sagenhafte 6,30 Meter.

Längst ist sein steiler Aufstieg vom Wunderkind zum größten Stabhochspringer abgeschlossen. Der mittlerweile 25 Jahre alte Duplantis gilt als absoluter Superstar der Szene und verzaubert das Publikum regelmäßig – doch um mit einer früheren deutschen Athletin mithalten zu können, fehlt selbst dem so erfolgreichen Schweden noch ein Stück. Die Rede ist von Annelie Ehrhardt.

Denn wie Duplantis heutzutage war auch Ehrhardt in ihren Disziplinen einst eine Klasse für sich und für den Rest der Welt schier unerreichbar. Und noch mehr. Sie stellte sogar 20 Weltrekorde über 100 und 200 Meter Hürden auf – eine unglaubliche Zahl. Zwischen 1971 und 1975 blieb sie eine gefühlte Ewigkeit unbesiegt und dominierte ihre Läufe wie kaum eine andere. Am 22. Oktober 2024, also heute vor einem Jahr, starb Ehrhardt.

Ehrhardt holt bei Olympia in München Gold

Ehrhardt stammte aus Sachsen-Anhalt und begann im Mai 1961 ihre sportliche Laufbahn am Sportinternat Halberstadt. 1966 machte sie bei der Kinder- und Jugendspartakiade mit einem Sieg über 80 Meter Hürden erstmals von sich reden. Anschließend wechselte sie zum Sportinternat des SC Magdeburg und wurde erneut Spartakiadesiegerin. Sie wurde dort vom Hürden-Spezialisten Klaus Wübbenhorst trainiert.

Eine positive Entwicklung war schnell zu erkennen. Bei den Europäischen Juniorenspielen 1968 in Odessa holte die Leichtathletin ihren ersten internationalen Titel überhaupt. 1971 heiratete sie den Kanuten Manfred Ehrhardt, im selben Jahr gewann sie bei den Europameisterschaften in Helsinki die Silbermedaille. Doch ihr Höhenflug sollte damit erst noch am Anfang stehen.

Wenige Monate später folgte dann der ganz große Coup. Bei den Olympischen Spielen in München 1972 schrieb Ehrhardt Geschichte. In der kurz zuvor eingeführten Disziplin des 100-Meter-Hürdenlaufs rannte die damals 22-Jährige in der Weltrekordzeit von 12,59 Sekunden vor der Rumänin Valeria Bufanu und ihrer DDR-Teamkollegin Karin Balzer sensationell zum Sieg.

Die 2019 verstorbene Balzer, Olympiasiegerin über 80 Meter Hürden in Tokio 1964, war die DDR-Spitzenläuferin der sechziger Jahre. Ehrhardt trat ihr Erbe in Balzers letztem großem Rennen an, das für Balzer durch den Tod ihres ersten Sohnes an den Folgen eines Autounfalls überschattet war – eine Information, die sie während ihres Laufs noch nicht kannte.

Eine „bodenständige, herzliche und bescheidene Frau”

Für Ehrhardt, deren Laufbahn neben 20 Weltrekorden von unzähligen außergewöhnlichen Erfolgen geprägt war, war der Olympiasieg der Höhepunkt ihres sportlichen Lebens. Fortan gehörte sie zu den unvergesslichen Figuren der deutschen Leichtathletik und wurde vor allem in der DDR zu einer Legende. Nach den Olympischen Spielen 1976 in Montreal, bei denen sie bereits im Halbfinale ausschied, beendete sie ihre Karriere.

In der Folge absolvierte sie eine Ausbildung zur Fotolaborantin im Schwermaschinenkombinat „Ernst Thälmann“ in Magdeburg. Bis 1990 war sie Mitarbeiterin des DTSB-BV Magdeburg, danach arbeitete sie in einem Sport- und Jugendzentrum. Abseits der Sportplätze wurde Annelie Ehrhardt immer wieder als „bodenständige, herzliche und bescheidene Frau” beschrieben und geschätzt.

„Sie war nicht nur für ihre sportlichen Leistungen, sondern auch für ihre Menschlichkeit und Wärme geliebt und respektiert. Ihre Verbundenheit zu unserem Verein und ihrer Heimatstadt Magdeburg blieb auch nach dem Ende ihrer aktiven Laufbahn stark“, heißt es in einem im Jahr 2024 veröffentlichten Nachruf des SCM.

Ehrhardt: Eine unvergesslichen Ikone

Der Verein, zu dem Ehrhardt stets eine enge Bindung hatte, ehrte sie als „herausragende Athletin“ und hob hervor, dass sie die Bördestädter sowie den gesamten Sport in Sachsen-Anhalt nachhaltig geprägt habe. „Mit ihrem Tod verliert der SC Magdeburg eine herausragende Athletin, eine Freundin und eine Weggefährtin.“

„Ihr außergewöhnliches Talent, ihre eiserne Disziplin und ihr unermüdlicher Wille haben sie zur unvergesslichen Ikone gemacht“, steht außerdem in dem Nachruf. Auch ein Jahr nach Erhardts Tod erinnert man sich an sie.