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Vom Leichtathletik-Idol zum gefallenen Helden

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Vom Idol zum gefallenen Helden

Sergej Bubka war früher das, was heute Armand Duplantis ist: der Rekordjäger und Superstar des Stabhochsprungs. Mittlerweile ist der Ruf des einstigen Volkshelden der Ukraine durch schwere Vorwürfe massiv beschädigt.
Sergej Bubka bei den Olympischen Spielen in Seoul 1988
Sergej Bubka bei den Olympischen Spielen in Seoul 1988
© IMAGO/WEREK
Sergej Bubka war früher das, was heute Armand Duplantis ist: der Rekordjäger und Superstar des Stabhochsprungs. Mittlerweile ist der Ruf des einstigen Volkshelden der Ukraine durch schwere Vorwürfe massiv beschädigt.

Armand Duplantis hat es wieder getan, natürlich. Bei der Leichtathletik-WM in Tokio hat der Superstar des Stabhochsprungs seine nächste Goldmedaille gewonnen und seinen nächsten Weltrekord aufgestellt. Mittlerweile ist der Olympiasieger aus Schweden bei 6,30 Metern angelangt.

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Was heute Duplantis ist, war früher Sergej Bubka: Er war der umjubelte Rekordspringer, der seine Disziplin in immer neue Höhen schraubte und so zu einem der absoluten Aushängeschilder der Leichtathletik aufstieg.

Der Ukrainer wurde sechsmal in Folge Weltmeister und 1988 Olympiasieger von Seoul. Er stellte über 30 Weltrekorde auf. Bubka - anfangs noch für die UdSSR startend - wurde ab 1991 ein sportlicher Volksheld seines unabhängig gewordenen Landes. Während Sportfans weltweit sich noch gern an die Sternstunden des heute 61 Jahre alten Bubka erinnern, ist er in der Gunst der Menschen in seiner Heimat inzwischen tief gefallen.

Schwere Vorwürfe gegen Bubka

Bubka sieht sich aus Gründen, die nichts mit dem Sport zu tun haben, mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert. Er soll nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 gemeinsame Sache mit dem Aggressorstaat gemacht haben.

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Eine umfassende Recherche von ukrainischen Investigativjournalisten der Medienplattform bihus.info förderte zutage, dass Bubkas Unternehmen „Mont Blanc“ in den von Russland annektierten Gebieten Treibstoff an die Besatzer verkauft haben soll.

Zunächst hatten die Journalisten drei Verträge des Unternehmens mit den Besatzern entdeckt, in denen es um Beträge von mehr als 800.000 Rubel geht, später noch zwei weitere über 73.000 sowie 2250 Rubel. Es geht vor allem um Gutscheine, die an den mindestens sechs Tankstellen eingelöst werden konnten, die Bubka mit seinem Bruder Wassyl in der besetzten Region Donezk betreibt, zudem um Gelder, die an den „Sergej Bubka Sports Club“ geflossen sein sollen.

Umgerechnet geht es dabei zwar nur um eine vergleichsweise geringe Summe von knapp 10.000 Euro, doch der Vorwurf einer möglichen Kollaboration hat Bubka einen Ruf als Landesverräter eingebracht.

Nachdem die schwerwiegenden Vorwürfe im Sommer 2023 aufkamen, soll der ukrainische Sicherheitsdienst SBU eine Untersuchung gegen die Brüder eingeleitet haben. Wassyl wird in allen Verträgen als Direktor des Unternehmens aufgeführt, habe sie unterschrieben - und wurde in Abwesenheit wegen Kollaboration sowie der „Unterstützung einer terroristischen Organisation“ angeklagt.

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Bubka bestreitet Vorwürfe - viele glauben ihm nicht

Bubka wehrte sich gegen die Berichte, beteuerte in einem YouTube-Video, dass er „immer für die Ukraine gekämpft“ habe, „aber jetzt hat eine Kampagne gegen mich begonnen, um meinen Ruf zu zerstören“. Er sei seit 2014 nicht mehr in den besetzten Gebieten gewesen, habe deshalb etwa auch die Beerdigung seiner Mutter verpasst. „Ich habe nichts mit irgendwelchen Geschäften in den besetzten Gebieten zu tun“, so Bubka damals. Konkretere Fragen diverser Medien ließ er seitdem mehrfach unbeantwortet.

Viele aktuelle ukrainische Sportlerinnen und Sportler zweifeln laut an Bubkas Version der Geschichte. Die Stabhochsprung-Ikone konnte etwa Jaroslawa Mahutschich nicht überzeugen, die Weltrekordlerin und Hochsprung-Olympiasiegerin von Paris. „Als der Krieg begann, kooperierten alle Sportler und warteten zumindest auf eine Erklärung von Bubka. Wir haben einen Brief verfasst, aber er trug nie Bubkas Unterschrift“, wurde sie 2023 bei Politico zitiert.

Sie und andere Athleten hätten ihn angerufen und ihm geschrieben, doch er habe erst später seine Erklärung abgegeben, „aber die war bedeutungslos“, so Mahutschich, die vernichtende Worte für Bubka findet: „Ich respektiere ihn als Sportler, aber nicht als Mensch.“

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Politico berichtete auch von Vorwürfen, dass Bubka seit 2022 bei Sportevents ukrainische Athleten meide, aber „weiter mit Repräsentanten der Aggressorstaaten rede, auch solchen, die den Krieg offen unterstützen“.

Was weiteres Öl im Feuer aller Zweifler ist: Während der russische Angriffskrieg in der Ukraine weiterhin tobt, soll Bubka übereinstimmenden Medienberichten zufolge 2022 das Land dauerhaft verlassen und vollständig nach Monaco übergesiedelt sein. Er wurde immer wieder bei Fußballspielen der AS Monaco im VIP-Bereich gesehen. Der Klub gehört dem russischen Milliardär Dmitri Rybolowlew, gegen den ukrainische Sanktionen verhängt worden waren.

Längst nicht mehr so präsent wie früher

Der Fall Bubka ähnelt - unter umgekehrten Vorzeichen - dem der weiblichen Stabhochsprung-Ikone Jelena Issinbajewa aus Russland. Issinbajewa, die lange eine treue Unterstützerin Wladimir Putins war, wird inzwischen von dessen Anhängern nicht mehr gern gesehen, weil sie infolge des Ukrainekriegs und der Sanktionen gegen das Land ihren Lebensmittelpunkt in den Westen verlagert hat.

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Wie Issinbajewa hatte auch Bubka nach der Athletenlaufbahn in der Sportpolitik Karriere gemacht: Er wurde 2008 Mitglied des IOC, saß zwischen 2002 und 2006 im ukrainischen Parlament, war über viele Jahre der Leiter des Nationalen Olympischen Komitees der Ukraine sowie Vizepräsident des Leichtathletik-Weltverbandes.

Bubka ist auch in Tokio vor Ort, wobei er auf dem öffentlichen Parkett inzwischen weit zurückhaltender agiert als einst.

Bis Anfang 2024 meldete er sich noch unregelmäßig auf der Social-Media-Plattform X und versicherte seiner kriegsgebeutelten Heimat seine Solidarität. Die Kommentarfunktion hatte er dabei standardmäßig deaktiviert. Inzwischen ist es auf seinem Profil ganz ruhig geworden.