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Wo Sport auf Gesellschaft trifft, wird es politisch

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Wo Sport auf Gesellschaft trifft

Nora Hespers setzt sich mit den Zusammenhängen von Sport und der Gesellschaft auseinander. Die „Flutlicht an!“ Porträt-Kolumne #95.
Nora Hespers ist freie Journalistin
Nora Hespers ist freie Journalistin
© Mara Pfeiffer
Nora Hespers setzt sich mit den Zusammenhängen von Sport und der Gesellschaft auseinander. Die „Flutlicht an!“ Porträt-Kolumne #95.

Es war die amerikanische Kinderrechtsaktivistin Marian Wright Edelman, die formuliert hat: „You can’t be, what you can’t see“, was so viel heißt, wie: Man kann nicht sein oder werden, was man nicht sieht, was nicht sichtbar ist. Für viele Frauen in ihren 40ern, die heute im Sport und speziell dem Fußball arbeiten, gab es in der Jugend kaum weibliche Vorbilder. Die Frage war also: Wie und womit sich verbinden, wenn es darum geht: Was kann und will ich sein?

„Man muss ja irgendwie rausfinden, wo passe ich denn hin, wo gehöre ich denn hin?“, sagt Nora Hespers. Die Journalistin ist in Mönchengladbach geboren, so erscheint in jungen Jahren eine Tätigkeit rund um die Formel 1 machbar. Denn da flimmert Kai Ebel über den Bildschirm: Der kommt schließlich auch aus Mönchengladbach. Hespers lacht bei der Erinnerung.

Ihr Weg in den Journalismus führt, wie bei den meisten ihrer Generation, übers Hospitieren. Zu den Erfahrungen, welche die Rheinländerin in dieser Zeit macht, gehört jene, als große, blonde junge Frau unterstellt zu bekommen, sie sei aufgrund eines männlichen Beuteschemas da. „Ich wollte nie im Rock in die Redaktion gehen“, erzählt Hespers von der Internalisierung der Angriffe seinerzeit.

Prägende Erfahrungen mit Ungerechtigkeit

Dies ist sozusagen ein Set von prägenden Erfahrungen. Ein anderes: das enorme Gespür von Ungerechtigkeit darüber, wie Frauen und Kinder gesellschaftlich behandelt werden, als ihre Freundinnen und weitere Bezugspersonen Mütter werden. Ein drittes die Geschichte ihres Großvaters, des Widerstandskämpfers Theo Hespers, ermordet von den Nazis. Diese habe ihre Antennen besonders geschärft für Ungerechtigkeiten, speziell gegen Minderheiten.

Hespers nimmt all das ganz bewusst mit in ihre auch journalistische Betrachtung der Welt und in ihren Blick auf den Sport. Schließlich ist der durchzogen von politischen Themen, werden in ihm gesellschaftliche Fragen verhandelt, trägt er große Verantwortung. Aber so eindeutig all das ist, so intensiv ist dennoch bei manchen der Wunsch ausgeprägt, diese Dinge im Sport nicht zu verhandeln, ihn sozusagen als ein naives, freies Feld zu verteidigen.

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Sport ragt in die Gesellschaft hinein

„Wo ragt Sport in die Gesellschaft rein?“, fragt Hespers. Es seien diese „Übergangsbereiche, wo es wirklich politisch wird“, wo man genauer hinsehen müsse. „Das machen wir aber nicht so gerne, weil das natürlich einen ganz entscheidenden Faktor im Sport betrifft, nämlich den Unterhaltungsfaktor.“ Nicht hinzusehen aber sei ein Privileg, das sich marginalisierte Gruppen gar nicht leisten können, das Hinsehen deshalb Aufgabe der Mehrheitsgesellschaft.

Inzwischen arbeitet die Journalistin, die nicht nur im Sport zuhause ist, seit über 20 Jahren in ganz verschiedenen Bereichen des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. Regelmäßig moderiert sie den „Sport inside“-Podcast, in dem auch historische und gesamtgesellschaftliche Themen mit ihren Sportbezügen Raum haben. Wie gut das für und zu Hespers passt, ist dem Format anzuhören. Apropos passen, das tut es auch zwischen ihr und Freundin Rita Molzberger, mit der sie „Was denkst du denn“, ein eigenes Podcast-Projekt, mit viel Liebe betreibt.

Sie sei, schreibt Hespers auf ihrer Homepage, nicht immer die mit den Antworten. Aber immer die, die sich auf die Suche nach Antworten mache. Das funktioniert auch deswegen so gut, weil ihr die Fragen nicht ausgehen, was vielleicht banal klingt, aber: Wer kein Interesse hat an der Welt, ihren Menschen und Themen, wer sich nicht eingestehen kann, Antworten eben erstmal suchen und dafür Fragen formulieren zu müssen, fördert nichts Überraschendes zutage. Hespers hingegen tut das – und sie geht dabei auch dorthin, wo es wehtut.