Lukas Gloßner gewann 2024 bei den Paralympischen Spielen in Paris mit der Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft die Bronzemedaille. Parallel zum Spitzensport studiert der 25-Jährige Digital Business Management an der AKAD Online-Hochschule Stuttgart.
Wahl zum Sport-Stipendiat des Jahres: Rollstuhlbasketballer Lukas Gloßner im Interview
„Mache ich mit Leidenschaft und Herz“
Der aus der Nähe von Weißenburg stammende Erlanger ist ehrgeizig und trainingseifrig – Eigenschaften, die ihm nach seinem Motorradunfall im Alter von 16 Jahren und der daraus resultierenden Querschnittlähmung geholfen haben, neue Ziele und Herausforderungen im Leben zu finden – in Sport und Studium.
Frage: Lukas, der Gewinn eurer Bronzemedaille in Paris war die erste paralympische Medaille im Rollstuhlbasketball seit Barcelona 1992. Welche Bedeutung hatte das für Sie und das Team?
Lukas Gloßner: Gefühlt war das wie der Gewinn der Goldmedaille. Die Teams davor – Großbritannien und die USA – waren für uns schwer erreichbare Hausnummern. Das hat die klare Halbfinalniederlage gegen die Briten unterstrichen. Deshalb war der Sieg im Spiel um Bronze über Ex-Weltmeister Kanada eine unglaubliche Befreiung. Ich war während der 32-jährigen Durststrecke seit Barcelona ja noch nicht im Team, ich kam sogar erst ein Jahr vor Paris dazu. Aber ich empfinde den Erfolg auch nicht als Glück, denn in unserem Team steckt hohes Potenzial. Und die U23-Jungs sind aktuell Weltmeister, wir sind also auf einem hohen Niveau!
Frage: Da Sie erst 25 Jahre alt sind, könnte Ihre Karriere noch ein paar Jahre andauern.
Gloßner: Ich denke da in Zyklen. Bis zu den Paralympics in Los Angeles 2028 wird der Sport für mich absolut im Fokus stehen. Danach bewerte ich das neu. Aber aktuell könnte ich mir schon gut vorstellen, auch bis Brisbane 2032 weiterzuspielen.
Frage: Sie waren kein Basketballer, bevor Sie in den Parasport kamen.
Gloßner: Das ist richtig. Bevor ich mir 2016 bei einem Unfall den Rücken gebrochen habe und querschnittsgelähmt wurde, war Fußball meine Sportart Nummer eins, außerdem habe ich Handball gespielt. Ich war immer sehr aktiv und ambitioniert.
Frage: Wie kamen Sie dann zum Rollstuhlbasketball?
Gloßner: Ich hatte in meiner Reha schon den ersten Kontakt. Mein damaliger Physio hat mich zum Rollstuhlbasketball mitgenommen. Es war ein schwieriger Start, ich konnte ja gar nichts. Zum Glück hatte ich Talent und bin schnell besser geworden. Aber damals hätte ich nie erwartet, damit mal so erfolgreich sein zu können. Ich habe es ein Stück weit der Welt gezeigt!
Frage: Das Studium ist aber offenbar Ihre zweite große Priorität?
Gloßner: Ich studiere Digital Business Management, mit dem Fokus auf digitale Möglichkeiten. Ich habe meine Bachelorarbeit als Werkstudent geschrieben, inzwischen bin ich im Masterstudium an der AKAD Online-Hochschule in Stuttgart. Ich könnte das zwar bis Los Angeles strecken, aber eigentlich möchte ich es nächstes Jahr finalisieren und mit der Masterarbeit anfangen.
Frage: Wie helfen Ihnen die Sporthilfe-Förderung und das Deutsche Bank Sport-Stipendium dabei?
Gloßner: Durch die Unterstützung kann ich mich leichter und vermehrt auf den Sport fokussieren, ohne bereits jetzt mehr zu arbeiten, um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren. So kann ich mich durch viel Training noch weiterentwickeln, um zur besten Version meiner selbst zu werden.
Frage: Trotz der Doppelbelastung von Leistungssport und Studium engagieren Sie sich zusätzlich auch noch stark in Ihrem Verein?
Gloßner: Im Rollstuhlbasketball ist die Verantwortung in den Vereinen auf wenige Schultern verteilt. Da muss man sich engagieren, wenn man sein Team voranbringen will. Das mache ich mit Leidenschaft und Herz, bisher in meinem ehemaligen Verein Iguanas München, und inzwischen auch in Erfurt, wo ich jetzt spiele. Dort wird mir ein höheres Niveau auch im Training geboten, das mich als Spieler hoffentlich noch weiter voranbringen wird.
Frage: Sie haben sich von Ihrem Schicksal nie unterkriegen lassen?
Gloßner: Wenn man sein Schicksal annimmt, bekommt man viel hin. Da gibt es eigentlich fast keine Limits. Für mich sind dadurch sehr viele Türen aufgegangen – ich denke da zum Beispiel an mein Erasmus-Semester 2022 in Bilbao und dem Einsatz bei den dortigen Rollstuhlbasketballern des Bidaideak Bilbao BSR, mit denen ich die Copa del Rey gewinnen konnte. Ich bin sehr dankbar, dass ich das machen und viel erleben kann, weil ich in einem freien Land lebe, in dem es uns hervorragend geht!
Frage: Wie verträgt sich ein derart großes Engagement mit einer Partnerschaft?
Gloßner: Da habe ich unglaublich viel Glück. Meine Freundin Lilly Sellak ist auch Rollstuhlbasketballerin. Wir leben zusammen in Erlangen. Sie kennt die Umstände des Sports, den hohen Trainingsaufwand und die langen Stunden Fahrzeit. Da sie einen genauso hohen Aufwand fährt – sie studiert parallel Medizin – sitzt sie nicht zuhause und langweilt sich. Ich bewundere unglaublich, was sie jeden Tag leistet.