Der plötzliche Rausschmiss von Red-Bull-Teamchef Christian Horner sorgte kurz vor der Sommerpause für großes Aufsehen in der Formel 1. Für ihn sei es „ein Schock“ gewesen, sagte der 51-Jährige in seiner Abschiedsrede in der Fabrik des Rennstalls in Milton Keynes. Jetzt hat sich auch der ehemalige Rennfahrer und heutige Experte Ralf Schumacher zu Wort gemeldet – und eine Anekdote erzählt.
"Ich wurde auf eine Blacklist gesetzt"
„Ich wurde auf eine Blacklist gesetzt“
Auf die Frage, ob Horner kritikfähig gewesen sei, antwortete Schumacher deutlich. „Nein“, lachte er im SPORT1-Webformat Spotlight und fügte hinzu: „Das war wirklich schwierig. Er und Paul (Smith, Leiter der Kommunikation; Anm. d. Red.) hatten ihre ganz eigene Art und Weise. Wir hatten letztes Jahr in Miami ein Problem mit ihnen, als wir von Sky Deutschland sehr offen mit der Affäre um Horner umgegangen sind.“
Zum Hintergrund: Anfang 2024 erschütterte ein Vorfall um Horner den Rennstall. Die niederländische Zeitung De Telegraaf berichtete erstmals über eine interne Untersuchung gegen den Briten. Eine Mitarbeiterin warf ihm unangemessenes Verhalten vor. Es folgten Enthüllungen über Nachrichten, angeblich angebotenes Schweigegeld in Höhe von 760.000 Euro und Chat-Protokolle, die durch das Fahrerlager gingen.
“Danach hat es nie wieder richtig funktioniert”
Die Berichterstattung von Sky zu diesem Thema habe Horner „nicht gefallen“, schilderte Schumacher, „dann schrie er mich an. Daraufhin haben wir uns auf einen Kaffee getroffen. Aber danach hat es nie wieder richtig funktioniert. Diskutieren mag er nicht. Er war davon überzeugt, dass alles, was er macht, richtig ist.“ Laut dem Bruder des siebenmaligen Weltmeisters Michael Schumacher habe Horner bei der Aufarbeitung der Affäre einen entscheidenden Fehler gemacht.
„Ich finde, das ist eine private Sache und gehört ab einem gewissen Punkt nicht mehr in die Öffentlichkeit. Aus meiner Sicht war es unglücklich. Er hätte sich mehr zurückziehen und dem Team mehr Luft geben müssen“, sagte Schumacher. „Er hätte erst seine privaten Angelegenheiten klären müssen. So war der Fokus aber die ganze Zeit auf ihn gerichtet. Das hat auch viel mit der Marke und den Partnern gemacht.“
Aber nicht nur das sorgte für Stress zwischen Schumacher und Red Bull. Auch dessen kritische Anmerkungen über die aktuelle Performance des Rennstalls trugen dazu bei. „Ich wurde von Christian und Paul auf eine Blacklist gesetzt. Da muss man klar sagen: Wenn man eine Leistung nicht mehr normal beurteilen darf, ohne dafür geächtet zu werden, ist das nicht mehr Red-Bull-Style“, sagte er.
Horner-Entlassung war „überfällig”
Generell hätten sich die Strukturen bei Red Bull seit dem Tod von Dietrich Mateschitz verändert, stellte Schumacher fest: „Die Seite von Christian Horner hatte mehr Einfluss. Er hat Dinge umstrukturiert und wichtige Leute wie Adrian Newey und Jonathan Wheatley gehen lassen, doch das hat nicht funktioniert. Das Auto wurde immer schlechter und der Unmut im Team entsprechend größer. Das hat er nicht in den Griff bekommen.“
Horner sei „erfolgsverwöhnt. Er macht das seit 20 Jahren und hat sich ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein erarbeitet. Aber das hat am Ende dazu geführt, dass die Spirale immer weiterging und die Entscheidung, ihn zu entlassen, überfällig war“, so Schumacher weiter. „Das kann man ein bisschen mit dem Fußball vergleichen, wenn ein Trainer seine Mannschaft nicht mehr erreicht.“ Das schlechte Resultat zuletzt in Silverstone habe schließlich das Fass zum Überlaufen gebracht.
Eigentlich hätte Horner noch einen Vertrag bis 2030 gehabt. Die Dominanz von Serien-Weltmeister Max Verstappen bröckelte aber schon in der Vorsaison. In diesem Jahr konnte der Niederländer nur zwei der zwölf Rennen gewinnen, gegenüber McLaren ist das Team weit zurückgefallen. Nachfolger des Briten wird Laurent Mekies, der zuletzt als Teamchef der Racing Bulls fungierte. Diese Lösung bezeichnete Schumacher als „perfekt“.