Roter Rekord-Alarm in Baku! Sechs rote Flaggen im Qualifying zum Großen Preis von Aserbaidschan – so oft musste noch nie in einer einzigen F1-Zeitjagd abgebrochen werden. Die Mauern von Baku haben gleich reihenweise Opfer gefordert: Von WM-Leader Oscar Piastri über Ferrari-Star Charles Leclerc bis hin zu Routinier Nico Hülkenberg – kaum einer kam fehlerfrei durch den Chaos-Samstag.
Crash-Rekord: Müssen die F1-Stars in die Fahrschule?
Was machen die F1-Fahrer falsch?
„Es war echt schwierig, eine Runde zusammenzubekommen“, stöhnte sogar Pole-Mann Max Verstappen, der als einer der Wenigen die Nerven behielt und seinen Red Bull trotz Nieselregen und Reifenchaos auf Startplatz eins stellte.
Der Niederländer zeigte damit eindrucksvoll, warum der Fahrer in der Formel 1 eben doch nicht nur Statist, sondern wertvoller Bestandteil im Rennwagen ist.
Viele Unfälle in Baku
Allein: Warum kracht es ausgerechnet in Baku so oft? Und warum zählt der Lenkradkünstler in der Stadt am Kaspischen Meer so viel mehr als auf anderen Kursen?
Der Stadtkurs durch die malerische Altstadt ist berüchtigt. Enge Mauern, extrem lange Geraden und hohes Tempo, windige Bedingungen und heikle Bremspunkte machen ihn zu einer der tückischsten und damit herausforderndsten Strecken im Kalender.
Die diversen harten Bremspunkte entpuppten sich am Samstag als echte Stolperfallen. Grund: Der Wind wehte in Böen aus verschiedenen Richtungen und war für die besten Rennfahrer der Welt deshalb nicht kalkulierbar.
Prominente Unfallopfer im Qualifying
„Die Fahrer verschätzen sich hier wegen des Windes um wenige Zentimeter – und schon ist der Flügel ab“, bringt Sky-Experte Ralf Schumacher das Dilemma gnadenlos auf den Punkt: „Wer nur etwas zu spät bremst oder den Wind eben falsch einschätzt, wird gnadenlos bestraft.“
Die Opfer der Baku-Bande waren dabei durchaus prominent. Der viermalige Baku-Pole-Sitter Charles Leclerc drehte sich erst und landete später frontal im Reifenstapel. WM-Leader Oscar Piastri verpasste den Bremspunkt in Kurve 3, räumte die Bande ab und kam nur auf Startplatz neun.
Routinier Nico Hülkenberg schlitterte mit blockierenden Vorderrädern ebenfalls geradewegs in die Leitplanke. Auch der hochgelobte Williams-Pilot Alexander Albon touchierte gleich in Kurve eins nur wenige Minuten nach Beginn der Zeitenjagd die Leitplanke.
Dabei waren das längst nicht alle: Auch Oliver Bearman (Haas), Pierre Gasly (Alpine) und Franco Colapinto (Alpine) nahmen die Betonbegrenzung mit.
Verstappen bleibt unerschütterlich
Genau diese Reihe hochkarätiger Formel-1-Piloten, die am Ende eben doch die Kontrolle über ihre Rennwagen verloren, beweist die Klasse eines Max Verstappen. Der amtierende Champion blieb cool, wo andere die Nerven verloren, und stellte seinen Red Bull auf die Pole, als hätte er im Gasfuß mehr PS oder am Popometer mehr Sensoren als die Konkurrenz.
„Max ist gerade in solchen Bedingungen unheimlich wertvoll“, sagt Red Bull-Motorsportchefberater Helmut Marko zu SPORT1. „Bei ihm sieht man, wie sich auch in der Königsklasse des Motorsports, bei den Besten der Besten, noch die Spreu vom Weizen trennt.“
Fahrschule für die F1-Stars?
Dass Verstappen in dieser Hinsicht ein guter Lehrer zu sein scheint, beweisen vier Red Bull-Piloten in den Top Ten. Liam Lawson stellte seinen Racing Bulls auf Platz drei, Yuki Tsunoda startet im zweiten Red Bull von Rang sechs und Isack Hadjar (Racing Bulls) wurde Achter. Wobei insbesondere der Neuseeländer Lawson anschaulich beschrieb, was in seinem Rennfahrerhirn in den letzten Minuten so vor sich ging.
„Es war extrem schwierig, weil man den Regen auf dem Visier sieht und ihn spürt“, rekapitulierte Lawson. „Und man kann auch die Tropfen auf der Strecke sehen. Aber weil die Reifen noch warm sind, hat man trotzdem noch Grip. Man muss also ein bisschen sein eigenes Gehirn austricksen, nicht nachlassen, sondern weiter Druck machen. Das ist definitiv kniffelig.“
Die Quintessenz des Chaos-Qualifyings: Natürlich sind die Fahrer keine Anfänger und müssen auch nicht noch mal in die Fahrschule. Doch Baku ist ein Crash-Kurs im wahrsten Sinne des Wortes. Jeder Fehler, jede Windböe, jeder Meter zu spät am Bremspunkt wird hier doppelt bestraft. Das Limit schlägt auf dem Baku City Circuit gnadenloser zu als anderswo. Und das könnte auch am Rennsonntag wieder so sein.