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Olympia 2024: Gelebte Nachhaltigkeit oder fragwürdiger Bilanz?

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Olympia 2024: Gelebte Nachhaltigkeit oder fragwürdiger Bilanz?

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Der Traum von grünen Spielen

Nach Jahren der Klimasünden wollte Paris bei Olympia 2024 neue Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit setzen – mit Erfolg?
Seit Tagen bereitet die Seine in Paris den Olympia-Organisatoren Sorgen. Kurz vor dem ersten Triathlon-Rennen steht fest: Der Wettkampf muss verschoben werden. Doch wie lange?
Julian Meißner
Julian Meißner
Nach Jahren der Klimasünden wollte Paris bei Olympia 2024 neue Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit setzen – mit Erfolg?

Ruhe und Normalität sind eingekehrt über eine Woche nach der pompösen Schlussfeier in Paris. Tausende Teilnehmer und ihre Entouragen haben sich ebenso in alle Himmelsrichtungen verstreut wie die Olympia-Touristen. Die Paralympischen Spiele ab dem 28. August werden noch einmal den Blick der Öffentlichkeit auf die französische Hauptstadt lenken, doch die ganz große Show ist vorbei.

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Was bleibt also von den Spielen, da die Erinnerungen an sportliche Glanzleistungen und Dramen langsam verblassen? Ein Ziel der Organisatoren war es, die nachhaltigsten Spiele der Geschichte auf die Beine zu stellen.

Georgina Grenon, die beim lokalen Organisationskomitee den blumigen Titel „Director of Environmental Excellence“ trägt, ist überzeugt, das geschafft zu haben. „Es sind Spiele, die mit weniger mehr leisten und dabei ein dauerhaftes Vermächtnis hinterlassen. Wir haben die Spiele in ein Labor und ein Sprungbrett für Innovationen verwandelt“, sagt sie.

Wissenstransfer für die Zukunft

Das klingt vollmundig. Doch tatsächlich schlug sich der Anspruch in vielen einzelnen Initiativen nieder. Von einem Minimum an Neubauten und der intelligenten Konstruktion des olympischen Dorfes über Holzbesteck, LED-Beleuchtung bis hin zu recyceltem Granulat für die schicke lila Laufbahn im Stade de France – es wurde an diversen Stellen versucht, dem Wahnsinn der Vergangenheit Einhalt zu gebieten und der Nachwelt keine ungenutzten Ruinen zu hinterlassen.

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Stattdessen wird schon über Paris hinausgedacht und an einem Wissenstransfer in die Zukunft gearbeitet. Man sei im engen Austausch sowohl mit den Organisatoren von Mailand - wo im Verbund mit Cortina d‘Ampezzo die Winterspiele 2026 stattfinden - als auch Los Angeles als Ausrichter der nächsten Sommerspiele.

„Wir teilen nicht nur ein paar Gedanken, sondern echte praktische Erfahrungen“, so Grenon bei einer Pressekonferenz zum Thema Nachhaltigkeit in Paris, die einer der treuesten Olympia-Sponsoren organisiert hat.

18 Millionen Drinks

Coca-Cola, seit 1928 Partner des IOC, hatte sich auf die Fahne geschrieben, etwa 18 Millionen Getränke während der Spiele mit einem modifizierten Verteilsystem deutlich energiebewusster und umweltfreundlicher an den Fan zu bringen als noch in der Vergangenheit, Abfall zu minimieren und stärker zu recyceln.

Bei allen Bemühungen blieb die Umsetzung des Ganzen durch den Softdrink-Giganten aber nicht frei von Kritik.

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Es wurde mit Brunnen zum Nachfüllen gearbeitet, mit Mehrweg-Glasflaschen sowie einem angepassten Auslieferungssystem, aber eben auch in zahlreichen Venues schlicht Drinks aus Plastikflaschen in Becher gefüllt - wenig revolutionär.

Von „World Without Waste“, wie ein globales Programm der US-amerikanischen Firma heißt, ist man jedenfalls noch ein gutes Stück entfernt.

Fragwürdige Bilanz

Ähnlich hinkt das IOC seinen Ansprüchen hinterher. Vom ursprünglichen, letztlich überambitionierten Plan, die Spiele sogar einen klimapositiven Effekt haben zu lassen, waren die Organisatoren früh abgerückt. Immerhin: Um 50 Prozent, so das korrigierte Ziel, wollte Paris den CO2-Fußabdruck der vorangegangenen Spiele reduzieren.

Doch die Messbarkeit steht in Frage. Flugbewegungen beispielsweise werden in den offiziellen Berichten nicht aufgeführt, machen aber einen Großteil des ausgestoßenen CO2 aus und sind somit eigentlich Teil der Bilanz. Es ist unbestreitbar: Olympische Spiele, gemeinhin als die weltweit größte logistische Unternehmung abseits von Militäroperationen bezeichnet, haben einen gewaltigen Einfluss auf die Umwelt.

Was an Winterspielen noch viel deutlicher wird. Man erinnere sich nur an Peking 2022, als Berge versetzt wurden, um den Planeten den Anforderungen des Events anzupassen und Ski zu fahren, wo Schnee erst produziert werden muss.

Die nur folgerichtige olympische Imagekrise in der globalen Öffentlichkeit ist durch den positiven Gesamteindruck der Pariser Festspiele nun etwas abgemildert worden.

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Deutsche Bewerbung rückt näher

Sogar eine deutsche Bewerbung scheint wieder möglich, ohne dass das Volk sich direkt entrüstet erhebt.

Innenministerin Nancy Faeser betonte im Zuge der Absichtserklärung der Bundesregierung hinsichtlich der Spiele 2036 oder 2040 den Nachhaltigkeitsaspekt: „Wir wollen vorhandene Sportstätten in verschiedenen Städten nutzen, ohne für viel Geld neue Stadien zu bauen.“

Paris hat jedenfalls mit seinem ausgetüftelten Konzept gezeigt, dass man der Negativspirale der letzten Jahrzehnte, als der Gigantismus im Vordergrund stand, entgegenwirken kann. Natürlich passt es auch in die kommunikative Agenda, mit dem Kampf gegen den Klimawandel ein Zeitgeist-Thema zu treffen.

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Schon die Spiele in Brasilien 2016 wurden als besonders grün propagiert – bis in der Umsetzung eine Klimasünde die nächste jagte. Für Aufsehen sorgte damals der deutsche Beachvolleyball-Olympiasieger Julius Brink, der diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit offen anprangerte.

Los Angeles 2028 sieht sich gerüstet

Der finale Bericht für Paris steht aus, aber es ist zu vermuten, dass man beim Thema Nachhaltigkeit neue Maßstäbe gesetzt hat. Ob Los Angeles 2028 den Trend fortführt? Casey Wasserman, Chef des US-Organisationskomitees, erklärte jüngst bei CNBC, man stünde in Sachen Nachhaltigkeit „erstmal ziemlich gut da“.

Vor allem, weil überhaupt keine neuen Bauten entstehen sollen und 85 Prozent der Sportstätten in einem Radius von 20 Kilometern lägen. Zudem sollen die Spiele komplett autofrei werden – wiederum ambitionierte Ziele. Man wolle die Stadt besser zurücklassen, als man sie vorgefunden habe, sagt Wasserman. So wie es schon bei den Spielen 1984 passiert sei. Und wie es Paris vermeintlich geschafft hat.

Grenon jedenfalls wäre nicht böse, sollte L.A. am Ende eine noch bessere Bilanz vorweisen als die französische Hauptstadt. „Rekorde“, sagt sie, „sind da, um gebrochen zu werden.“

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*Transparenzhinweis: Teile der Recherche vor Ort für diesen Text entstanden mit der Unterstützung von Coca-Cola