Zugeben: Ich habe auch erstmal gezuckt, als ich davon hörte, dass Valentin Altenburg zu Anne Schröder „Halt die Fresse“ sagte.
Die Empörung ist fehl am Platz
Doch der aufsehenerregende Austausch zwischen dem Hockey-Bundestrainer und seiner Spielerin in der Vorrundenpartie bei den Olympischen Spielen in Paris gegen Frankreich (5:1) war bei genauerer Betrachtung halb so wild.
Olympia 2024: Empörung in den sozialen Medien
Die Empörung, die vor allem auf der Plattform X teilweise zu lesen war, ist zumindest fehl am Platz. Ein Trainer, der so etwas zu einer Spielerin sage, dürfe kein Trainer sein, heißt es beispielsweise. Altenburg habe seinen „Klaus-Kinski-Moment“ - in Anlehnung an den für seine Wutausbrüche berüchtigten Schauspieler - gehabt oder ein „Aggressionsproblem“.
Kommentare wie diese hinterlassen Kopfschütteln, es gibt allerdings auch reichlich andere Meinungen.
Denn wir reden von einer emotionalen Situation in einem wichtigen Spiel bei Olympia - viel größer geht es nicht. Auch im Vereinssport auf niedrigerem Niveau ist es völlig normal, dass es auch in einer Spielpause mal hitzig wird, dass es auch mal knallt, ohne dass etwas hängenbleibt.
Denn entscheidend ist dabei doch, wie die Protagonisten damit umgehen!
Es gibt ein Problem - aber nicht in dieser Szene
Altenburg sprach von einem „bedingungslosen Vertrauen“ zwischen ihm und seiner Spielerin. Die Mannschaft habe Emotionen gebraucht - und die Aktion habe diese geliefert. Und genau so ist es!
Vielleicht wäre „Mund“ statt „Fresse“ ein wenig eleganter gewesen, aber ganz ehrlich: Wenn sich ein Trainer in einem Match bei Olympischen Spielen sich am besten im Vorfeld überlegen soll, was er in einem solchen Moment sagen darf und was nicht, brauchen wir uns nicht wundern, wenn wir zukünftig im Medaillenspiegel noch weiter hinterherhinken. Denn, das betonte zuletzt auch Robert Harting, es geht dann doch noch um Leistung.
Da gehören auch klare Ansprachen im Teamsport unter höchsten Wettkampfbedingungen hinzu, ohne dass über Führungsstile oder einen vermeintlichen schlechten oder „toxischen“ Umgang diskutiert wird.
Wichtig dabei: Es gibt leider 2024 noch genügend Fälle, in denen der Umgang zwischen Chef und Mitarbeitern oder Mann und Frau überhaupt nicht passt und entsprechende Diskussion angebracht sind.
Aber gerade deswegen sollte eine kurze emotionale Szene, die von beiden Parteien im Anschluss entsprechend eingeordnet wird, nicht in die gleiche Schublade gesteckt werden.