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"Wir haben Kimmich die Plattform Profifußball geboten!"

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„Kimmich hat die Plattform genutzt“

Benjamin Ehresmann begleitete die Karriere von Joshua Kimmich, Sadio Mané und vielen mehr. Im „SPORT1-Leadertalk - Fußballpersönlichkeiten im Gespräch“ spricht er über die Herausforderungen des Scoutings - und welche Verpflichtung eines heutigen Superstars scheiterte.
Benjamin Ehresmann begleitete die Karriere von Joshua Kimmich, Sadio Mané und vielen mehr. Im „SPORT1-Leadertalk - Fußballpersönlichkeiten im Gespräch“ spricht er über die Herausforderungen des Scoutings - und welche Verpflichtung eines heutigen Superstars scheiterte.

Als Chefscout von RB Leipzig gehörte Benjamin Ehresmann zu den Architekten einer neuen Scouting-Kultur in Deutschland. Ehresmann hat Fußball nie nur als Spiel verstanden. Sondern als System, als Dynamik - und als menschliche Herausforderung.

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Er verantwortete die Entdeckung und Entwicklung von Spielern wie Joshua Kimmich, Sadio Mané, Dominik Szoboszlai, Dayot Upamecano, Ibrahima Konaté und Naby Keïta, war tätig in leitenden Funktionen in Belgien, Holland und England - und gilt heute als einer der profiliertesten Talentsucher.

Scouting, das zeigt dieses Gespräch eindrücklich, ist weit mehr als Datensichtung oder Videoanalyse. Es ist ein Zusammenspiel aus Menschenkenntnis, mutigen Entscheidungen, systematischer Arbeit – und der Fähigkeit, Potenziale zu erkennen, bevor sie offensichtlich sind. Die Stationen von Ehresmann erzählen von Fußball auf höchstem Niveau – doch seine Haltung verrät noch mehr: dass es im Scouting nicht nur um Treffer, sondern auch um Verantwortung geht.

In einer neuen Ausgabe des SPORT1-Podcasts LEADERTALK - Fußball- Persönlichkeiten im Gespräch mit Host Mounir Zitouni ist mit Benjamin Ehresmann erstmals ein ehemaliger Chefscout zu hören, der offen über Führungsarbeit im Hintergrund spricht - und darüber, wie man Talente erkennt, bevor sie andere entdecken.

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Kind der ersten Stunde bei RB Leipzig

„Ich war Kind der ersten Stunde bei RB Leipzig - in der Oberliga, als Red Bull gerade eingestiegen war. Wäre ich damals nicht zufällig in Leipzig gewesen, hätte meine Vita ganz anders ausgesehen“, sagt Benjamin Ehresmann. Diese frühen Jahre in Leipzig prägen ihn – nicht nur fachlich, sondern auch menschlich.

Mit Anfang 20 beginnt Ehresmann als Videoanalyst im noch jungen RB-System, wächst mit dem Klub, übernimmt immer mehr Verantwortung und wird schließlich Chefscout. Später ist er Teil eines internationalen Netzwerks mit Stationen in New York, Philadelphia, Antwerpen, Den Bosch und Sheffield. Dabei treibt ihn kein klassischer Karrierekalkül an – sondern etwas Tieferes: Neugier, Lernlust und das Bedürfnis, Verantwortung zu übernehmen.

„Ich mag es nicht, mich in meiner Komfortzone zu bewegen. Ich will raus, mich weiterentwickeln. Auch wenn’s mal unbequem wird.“ Früh erkennt Ehresmann, wie entscheidend gute Führung ist – und wie unterschiedlich Leadership in verschiedenen Kulturen verstanden und gelebt wird. Besonders prägend sind für ihn die Erfahrungen mit Ralf Rangnick, Jesse Marsch und Ernst Tanner, die für ihn zu Referenzpunkten für moderne Führung werden. „Jesse war für mich ein Vorzeigebeispiel eines Leaders im absolut positiven Sinne, weil er halt Leute abholt, Leute motivieren kann, extrem darauf achtet, jedem eine Wertschätzung entgegenzubringen.“

Red Bull? „In New York gab es keine Tabus“

Vor allem seine Zeit in den USA verändert seinen Blick: auf Strukturen, auf Zusammenarbeit, auf Wertschätzung. In New York erlebt er ein System, in dem jede Person im Klub eine Rolle spielt – und auch so behandelt wird. „Jeder durfte mitreden, es gab keine Tabus. In New York war es selbstverständlich, dass alle einbezogen wurden. Auch der Zeugwart, die Physios, die Volunteers. Jeder hatte Stimme und Bedeutung. Das hat mich geprägt.“

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Ehresmanns Haltung zu Führung ist klar: Es geht nicht um Lautstärke, sondern um Haltung, Klarheit, Präsenz - und die Fähigkeit, andere größer zu machen. „Man merkt sofort, wenn ein echter Leader den Raum betritt. Das hat nichts mit Lautstärke zu tun. Es ist eine Energie. Eine Fähigkeit, andere groß zu machen.“

Ein besonderer Einfluss auf Ehresmanns Führungsverständnis war Ralf Rangnick, unter dem er viele Jahre gearbeitet hat – erst bei RB Leipzig, später auch im internationalen Netzwerk. Rangnick habe ihm nicht nur strategisches Denken vermittelt, sondern auch eine klare, leistungsorientierte Haltung, die ihn bis heute prägt.

„Ralf ist jemand, der Dinge auf den Punkt bringt. Der sehr strukturiert ist, sehr zielgerichtet. Das hat mich fasziniert. Von ihm konnte ich sehr viel lernen – sowohl inhaltlich als auch in der Art, wie man einen Klub aufbauen kann.“ Für Ehresmann war Rangnick nicht nur ein Taktikexperte, sondern auch ein echter Leader – einer, der Leistung einfordert, aber auch Verantwortung übernimmt. Und einer, der Menschen mitreißen kann, wenn sie bereit sind, an sich zu arbeiten.

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„Kimmich hätte vielleicht weiter U19 gespielt“

Diese innere Haltung prägt auch seinen Blick auf Talente. Für ihn ist Scouting nie nur Analyse oder Statistik. Es geht immer auch um Intuition, Menschenkenntnis, Erfahrung - und um die Fähigkeit, über den Tellerrand hinauszuschauen. „Ein guter Scout braucht ein Gefühl für Menschen. Für Herkunft, für Charakter, für Umfeld. Es geht nicht nur um das, was du auf dem Platz siehst – sondern um das, was du ahnst.“

Er erzählt von Spielern, die heute in der Weltspitze stehen – und von den Momenten, in denen er sie zum ersten Mal gesehen hat. Nicht als Stars, sondern als unfertige Talente mit besonderem Potenzial. „Joshua Kimmich war bei Stuttgart in der U19. Wir haben ihm die Plattform Profifußball geboten – und er hat sie genutzt. Bei einem anderen Klub hätte er vielleicht weiter U19 gespielt.“

Auch Dominik Szoboszlai, der heute beim FC Liverpool spielt, war so ein Fall. Ein junger Spieler mit besonderem Gespür und Entwicklungspotenzial - das richtige Umfeld zur richtigen Zeit machte den Unterschied. „Szoboszlai haben wir mit 16 nach Salzburg geholt. Heute spielt er in Liverpool – das zeigt, wie entscheidend Plattformen für Entwicklung sind.“

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Mbappé? „Hat nicht geklappt“

Sadio Mané – einer der größten Stars des afrikanischen Fußballs – war ebenfalls nicht sofort als Weltklassespieler erkennbar. Aber Ehresmann und sein Team sahen, was möglich sein könnte: „Bei Sadio Mané war es ähnlich - da war nicht allen sofort klar, was in ihm steckt. Aber wir haben’s gesehen.“

Und sogar Kylian Mbappé war kurzzeitig in Reichweite. Auch hier zeigt sich: Scouting bedeutet nicht nur, zu erkennen – sondern auch, sich durchzusetzen, im richtigen Moment die richtigen Hebel zu bewegen. „Rangnick ist damals nach Monaco geflogen. Wir wollten ihn früh nach Salzburg holen. Hat nicht geklappt – aber das Potenzial war klar erkennbar.“

Doch selbst bei erfolgreichen Transfers bleibt der Scout oft im Hintergrund. Scouting ist Verantwortung – aber auch Unsichtbarkeit. Und wenn es schiefgeht, wird oft genau dort hingeschaut. „Scouting ist nicht nur Spieler gucken. Es ist Teamarbeit. Es ist Verantwortung. Und es ist oft Unsichtbarkeit. Wenn’s klappt, war’s der Trainer. Wenn’s nicht klappt, war’s der Scout.“

Trotzdem bleibt Ehresmann seiner Linie treu: mit Haltung, Klarheit und Teamgeist überzeugen. Sein Rat an junge Spieler - und sinnbildlich auch an junge Scouts oder Führungskräfte: „Beharrlich bleiben. Nicht aufgeben. Auch Rückschläge gehören dazu - aber wer mit Leidenschaft dranbleibt, kann viel erreichen. Aufgeben - das kann ich gar nicht leiden.“

Und wie geht es für ihn weiter? „Sportdirektor in einem Klub in Europa – oder vielleicht auch nochmal USA. Ich will gestalten. Ich will weiter lernen.“

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Mounir Zitouni (54) war von 2005 bis 2018 Redakteur beim kicker und arbeitet seitdem als Businesscoach, betreut Führungskräfte und Teams in puncto Leadership, Kommunikation und Teamentwicklung. Der ehemalige Profifußballer hat die Autobiografie von Dieter Müller geschrieben und im Buch „Teams erfolgreich führen“ (Metropolitan-Verlag, 2024) die Erkenntnisse aus den Gesprächen im Podcast LEADERTALK zum Thema Leadership zusammengefasst.