Der 16. Juni wird für immer ein dunkler Tag in der Geschichte des Radsports sein. An diesem Montag jährt sich der Todestag von Radprofi Gino Mäder zum zweiten Mal.
Ein dunkler Tag im Radsport
An jenem 15. Juni 2023, auf der fünften Etappe der Tour de Suisse, stürzte Mäder in der Abfahrt vom Albulapass in einer Kurve mit hoher Geschwindigkeit in die Tiefe. Noch am Unfallort musste der Schweizer mehrere Minuten reanimiert werden, am nächsten Tag erlag der damals 26-Jährige seinen Verletzungen.
Mäders Team Bahrain-Victorious stieg nach dem Unglück aus der Tour aus, die folgende Etappe wurde neutralisiert und zu einer Erinnerungsfahrt an Mäder umgestaltet. Mäders Nummer 44 wird bei der Rundfahrt in der Schweiz nie wieder vergeben.
Mäders Mutter liefert tragische Einblicke
Im Gespräch mit dem Südkurier sagte Mäders Mutter Sandra, jemand habe sie noch am Tag des Sturzes gefragt, ob ihr Sohn auch bei der Tour de France antreten werde.
Ihre rückblickend tragische Antwort habe damals gelautet, „dass man das nie genau wissen könne. Ein Sturz – und alles kann vorbei sein.“ Im Krankenhaus habe man Mäder äußerlich nur einen Schnitt in der Wange angesehen, innerlich aber hatte er schwere Verletzungen am Gehirn erlitten.
„Der Arzt sagte mir, dass Gino nie mehr ‚Mami‘ sagen wird können, dass er so wie in dem Moment für immer im Bett liegen bleiben würde, dass er nie mehr sprechen oder laufen wird können“, blickte Sandra Mäder zurück.
Eine Nachricht, die die ganze Rad-Welt schockt
Der Beschluss: Noch an demselben Abend wurden die Medikamente abgesetzt, am folgenden Tag um 11.24 Uhr wurde Gino für tot erklärt.
Eine Mitteilung, die in der Welt des Radsports für einen einheitlichen Schock sorgte. Zahlreiche Fahrer zeigten sich betroffen vom Unfalltod des einstigen Wunderkindes, etwas später auch die Schweizer Radgröße Fabian Cancellara, der aus Schock zunächst alle Anfragen abgelehnt hatte.
Als Teamleiter des Teams Tudor war Cancellara direkt an der Tour de Suisse beteiligt. „Ich war im Ziel der Etappe, also in Oberwil-Lieli. An einem Waldrand. Raphael Meyer, unser CEO, rief mich an. Drei Sekunden später war es still, Worte waren unnötig. Ich spürte eine enorme Traurigkeit, war fassungs- und sprachlos“, erinnerte sich der Olympiasieger von 2008 im Gespräch mit Blick an den Tag der Tragödie.
Dennoch stellte Cancellara damals fest: „Die Traurigkeit kommt immer wieder, teilweise völlig unerwartet. Aber ich habe auch schon geschmunzelt, als ich an die Gespräche mit Gino zurückgedacht habe.“
Auch Redakteur Andreas Kublik erinnerte sich beim Radsport-Magazin Tour wenige Monate nach dem Unfall an ein Gespräch aus dem April 2022 und den geplatzten Traum von Mäder.
„Als kleiner Junge steht man da und träumt davon, selbst Radprofi zu werden“, habe Mäder damals erzählt und von seinem kindlichen Wunsch berichtet, seine getrennten Eltern an der Strecke zu vereinen.
Gedenkstätte soll an Mäder erinnern
Nach dem tragischen Unfall gründete die Familie den Verein rideforGino, um „das große Mitgefühl aus der Bevölkerung in etwas Bleibendes zu verwandeln“. Spenden anlässlich der Abschiedsfeier, zwei Gedenkfahrten sowie der Verkauf von rideforGino-Socken haben seither erste Mittel eingebracht.
In diesem Jahr soll Mäder, der sich für gesellschaftliche Projekte und den Klimaschutz engagierte, eine besondere Ehre zuteilwerden. Am Donnerstag (19. Juni) wird am Albulapass im Schweizer Kanton Graubünden eine Gedenkstätte zu Ehren des verstorbenen Mäder eingeweiht.
Eine Skulptur des Schweizer Bildhauers Gügi Eugster, die den Namen „Verbunden Sein“ trägt, soll am Unfallort an Mäder erinnern. Der Künstler ist der Onkel des verstorbenen Radprofis. Die Zeremonie findet am Morgen vor dem Start der fünften Etappe der Tour de Suisse in La Punt statt. Bis heute erinnert zudem das Buch „Gino Mäder - Der Aufstieg eines Wunderkinds im Radsport“ an den talentierten Sportler.
Die Karriere von Gino Mäder blickt auf Etappensiege beim Giro d’Italia, der Tour de Suisse und einen fünften Platz bei der Vuelta a Espana zurück. Zudem machte der Schweizer mit einem dritten Platz in der Gesamtwertung der Tour de France der Nachwuchsfahrer auf sich aufmerksam. Dabei lag er nur hinter Thymen Arensman und dem heutigen Superstar Tadej Pogacar.
Im Radsport löste der Tod von Mäder einige Veränderungen aus, nachdem die Sicherheitsvorkehrungen in die Kritik geraten waren. Seit dem Unglück werden eine Reihe technischer Hilfsmittel angewandt, um schwere Stürze in Zukunft so gut wie möglich zu verhindern.