Das am schlechtesten gehütete Geheimnis des Radsports ist endlich gelüftet. Doppel-Olympiasieger Remco Evenepoel wechselt zur nächsten Saison zum deutschen Topteam Red Bull-Bora-hansgrohe.
Ein Spiel mit dem Feuer!
Evenepoel-Coup: Spiel mit dem Feuer
Der Transfercoup macht das Team mit dem deutschen Shooting Star Florian Lipowitz, Evenepoel und Routinier Primoz Roglic zu einem schlagkräftigen Dreizack, der den Anspruch unterstreicht, Dominator Tadej Pogacar anzugreifen.
Red Bull-Bora-hansgrohe greift mit Evenepoel an
Immerhin sind Evenepoel und Roglic mit geschätzten Jahresgehältern zwischen 4,5 und 5 Millionen Euro in den Top Fünf des Radsports angesiedelt – Lipowitz wird nach seiner brillanten Tour eher früher als später in diesen Bereich vorstoßen.
Auch wenn die Tour für Evenepoel in diesem Jahr enttäuschend verlief, ist er in Bestform dennoch einer der besten Rundfahrer der Welt und immer noch erst 25 Jahre alt. So kann Bora alle großen Rundfahrten mit einem erstklassigen Kapitän besetzen und gleichzeitig alle drei Asse bei der Tour ziehen.
Das Trio müsste Pogacar ernst nehmen, vielleicht wäre er mit dieser Strategie sogar in Schwierigkeiten zu bringen. In der Theorie würde Bora damit sogar Visma mit Jonas Vingegaard als gefährlichsten Widersacher für Pogacars UAE-Team ablösen.
Radsport mit zu vielen Häuptlingen ist gefährlich
ABER: Die diesjährige Tour hat auch eine große Gefahr dieses Deals aufgezeigt. So viele Häuptlinge und zu wenige Helfer kann im Radsport auch schiefgehen.
Roglic hatte bei weitem nicht das Niveau, mit Lipowitz oder der Konkurrenz um das Podium zu kämpfen. Dennoch fuhr er nahezu die komplette Rundfahrt auf eigene Rechnung, lediglich am Mont Ventoux unterstützte er Lipowitz.
Seine Attacken in der letzten Woche hätten den Deutschen fast noch das Podium und das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers gekostet – der sportliche Leiter Rolf Aldag musste wohl auch deshalb seinen Hut nehmen.
Tour: Würde sich Evenepoel hinter Lipowitz anstellen?
Jetzt kommt mit Evenepoel noch ein Alphatier mit dem Anspruch „zu prägen und nicht mitzufahren“, wie es Teamchef Ralph Denk in der PM zum Wechsel formulierte. Der Belgier ist schon als Kapitän nicht der einfachste Teamkollege und steht sich mental hin und wieder selbst im Weg.
Wie würde das also laufen, wenn er beispielsweise als Kapitän auf den Giro gesetzt wird, dann aber je nach Form Lipowitz bei der Tour helfen soll? Kann er dafür die Motivation aufbringen? Das ist die größte Gefahr für das Team und Lipowitz.
Der traditionellere Ansatz wäre gewesen, ein bis zwei erstklassige Helfer einzukaufen, die ihre Rolle kennen und sich im zweiten Glied einreihen – wie bei UAE und Visma.
Bora hat mit Lipowitz – auch marketingtechnisch in Deutschland – das große Los gezogen. Braucht es dann das Risiko mit einem weiteren Topstar? Um Pogacar zu schlagen, vielleicht schon. Der Evenepoel-Coup ist aber dennoch ein Spiel mit dem Feuer.