Eigentlich ist Jonas Vingegaard neben Remco Evenepoel so ziemlich der einzige Rad-Profi, der Tadej Pogacar in Topform Paroli bieten kann. Beim Straßenrennen der Europameisterschaft in Frankreich erlebte der Däne allerdings ein wahres Debakel. Der Vuelta-Sieger verlor früh den Anschluss und musste nach rund 90 Kilometern gar aussteigen.
Radsport-Legende übt brisante Kritik an Jonas Vingegaard
Brisante Kritik an Vingegaard
Damit waren nicht nur seine Hoffnungen auf Edelmetall begraben, sondern auch das gesamte dänische Team arg geschwächt. Der isolierte Co-Kapitän Mattias Skjelmose musste sich mit Platz sieben begnügen. Nach dem ernüchternden EM-Auftritt hagelte es Kritik an Vingegaard.
Riis feuert gegen Vingegaard: „Er hat nicht trainiert“
Zu besonders harten Worten griff Ex-Tour-Sieger Bjarne Riis. „Er hat nicht trainiert. Er hat nicht das getan, was nötig war, um für die EM bereit zu sein. Das ist meine beste Einschätzung“, stichelte der ehemalige Teamkollege von Jan Ullrich im Gespräch mit dem Fachportal Feltet in Richtung seines Landsmanns.
Insbesondere durch die Tatsache, dass Vingegaard so früh abgehängt wurde, sieht sich Riis in seiner Einschätzung bestätigt. „Als er abgehängt wurde, waren noch 80 Fahrer im Peloton - und das war die erste richtige Steigung. Wenn so etwas passiert, dann, weil er nicht trainiert hat“, unterstrich Riis seine These.
Vingegaard hat in diesem Jahr zwar nicht viele Rennen bestritten, mit dem zweiten Gesamtplatz bei der Tour de France und dem Sieg bei der Vuelta aber durchaus sein Können unter Beweis gestellt. Riis ist der Ansicht, dass sein Landsmann nach seinem Vuelta-Sieg „nicht genug Zeit auf dem Rad verbracht“ habe.
„Vielleicht hat er eine andere Erklärung, aber das ist das, was ich glaube. Er hat es nicht ernst genug genommen und nicht die spezielle Vorbereitung absolviert, die nötig war, um eine Medaille zu fahren“, unterstellte er Vingegaard.
Riis war 1996 mit dem Team Telekom der erste skandinavische Tour-Sieger der Geschichte, er gestand später EPO-Doping.
Vingegaard nach Vuelta-Sieg zwei Wochen nicht auf dem Rad
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die dreiwöchige Vuelta erst Mitte September zu Ende ging. Pogacar und Evenepoel, die bei der EM die Ränge eins und zwei einfahren konnten, haben die Spanien-Tour nicht in den Beinen.
„Ich gebe es zu, ich hätte mehr Zeit gebraucht, als ich gehofft hatte“, gab Vingegaard nach der EM-Enttäuschung selbst zu verstehen. Zudem sei er „zwei Wochen nicht auf dem Rad gesessen“, betonte jedoch, dass dies keine Sache des Wollens, sondern des Könnens war. Letztlich habe er „nicht die Beine“ gehabt.
Leise Kritik bekam der zweimalige Tour-Sieger auch vom dänischen Nationalcoach Michael Morkov zu hören. „Es ist klar, dass wir gehofft hatten, Jonas würde in der gleichen Verfassung sein wie bei seinem Vuelta-Sieg vor drei Wochen“, befand er nach dem Rennen. „Ich dachte, er würde sich besser schlagen.“
Liegt bei Vingegaard ein mentales Problem vor?
Der US-amerikanische Ex-Profi Tom Danielson ist derweil der Meinung, dass nicht die Beine, sondern der Kopf Vingegaards zum Verhängnis geworden ist.
„Ich würde sagen, dass er nach der Vuelta mental am Ende war. Das (EM-Rennen; d. Red.) war kein Indikator für seine echte Leistungsstärke. Er hat alle Qualitäten, um sich auch in Ein-Tages-Rennen gut zu schlagen“, gab er zu verstehen.