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So kämpfte sich Jan Ullrich aus der Hölle

Ullrichs Weg aus der Hölle

Jan Ullrich hat ein wechselhaftes Leben hinter sich. Einst als gefeierter Held an der Spitze, durchquerte er ein tiefes Tal. Inzwischen hat sich die Radsport-Legende gefangen und den Weg zurück gemeistert - dank der Hilfe eines Rivalen und eines überfälligen Geständnisses.
Mit 23 Jahren gewann Jan Ullrich als erster und einziger Deutscher die Tour de France. Er erlebte maximalen Ruhm, aber auch einen tiefen Fall. Kurz vor seinem 50. Geburtstag gestand er jahrelanges Doping.
Jan Ullrich hat ein wechselhaftes Leben hinter sich. Einst als gefeierter Held an der Spitze, durchquerte er ein tiefes Tal. Inzwischen hat sich die Radsport-Legende gefangen und den Weg zurück gemeistert - dank der Hilfe eines Rivalen und eines überfälligen Geständnisses.

Vom gefeierten deutschen Sporthelden zum Dopingsünder mit Depressionen und Drogenproblemen: Jan Ullrich geriet am Gipfel in den freien Fall. Doch vom Abgrund kämpfte sich der bislang einzige deutsche Tour-de-France-Sieger wieder zurück nach oben.

Der 51-Jährige hat ein bewegtes Leben hinter sich - und sich nach schwierigen Jahren gefangen. „Ich war im Radsport-Himmel – und später scheintot“, fasste Ullrich sein Leben Anfang des Jahres beim NDR treffend zusammen.

Ullrichs rasanter Weg auf den Sport-Olymp

Zunächst war der im Jahr 1973 geborene Rostocker die Karriereleiter steil emporgeklettert. Sein Talent wurde früh erkannt und gefördert. Aus einfachen Verhältnissen stammend, hätte sich Ullrich schließlich nicht das nötige Equipment leisten können.

Im Alter von 13 Jahren kommt Ullrich deshalb zum SC Dynamo Berlin auf die Sportschule, zwei Jahre später wird er DDR-Jugendmeister. Nach dem Mauerfall zog es Ullrich in den Westen, wo er nach weiteren Erfolgen mit 22 Jahren seinen ersten Profi-Vertrag beim Team Telekom unterschrieb.

Ullrich wird zum Helden der Nation

Ein Jahr darauf folgte dann der große Durchbruch. Bei der Tour de France 1996 fuhr Ullrich sensationell auf den zweiten Platz, bevor ihm ein Jahr später dann der ganz große Wurf gelang. Mit 23 Jahren erklomm Ullrich 1997 den Gipfel des Radsport-Olymps und gewann die Tour de France.

Der Junge aus Rostock wurde ein Held der deutschen Nation, der in der Folge international jedoch im Schatten seines großen Rivalen Lance Armstrong auskommen musste. Sieben Mal in Serie triumphierte der US-Amerikaner bei der Frankreich-Rundfahrt - gedopt, wie später ans Licht kommen sollte. Doch dessen sollte auch Ullrich überführt werden. Einen Tag vor dem Beginn der Tour im Jahr 2006 sollte Ullrich, der sich in Deutschland immer noch großer Beliebtheit erfreut, von den Organisatoren gesperrt werden.

Ullrichs Absturz: „Da wäre ich fast gestorben“

Der riesige Knall erschütterte die deutsche Sportwelt: Vom deutschen Bundeskriminalamt konnten sichergestellte Blutbeutel Ullrich per DNA-Analyse zugeordnet werden. In Zusammenarbeit mit dem berüchtigten spanischen Sportwissenschaftler Eufemiano Fuentes hatte Ullrich betrogen, leugnete dies allerdings vehement. Stattdessen beendete der inzwischen 34-Jährige seine Karriere - und stürzte ab.

„Dann war ich wirklich depressiv. Mir hat nichts mehr Spaß gemacht. Ich habe nur das Nötigste hinbekommen. Ich habe keine Lust mehr auf Sport gehabt“, blickte Ullrich auf die damalige Zeit zurück.

Vom deutschen Sporthelden gab es in der Folge lange Zeit nur noch negative Schlagzeilen: Auto-Unfälle unter Alkoholeinfluss, Gewalt gegen eine Prostituierte, auch auf dem Grundstück von Nachbar Til Schweiger randalierte er.

Der Höhepunkt kam 2018, als ihn seine Frau verließ und mit den Kindern wegzog. „Da habe ich es absolut übertrieben, da wäre ich fast gestorben“, erinnerte sich Ullrich. Das war die Teufelsmischung: Kokain mit hartem Alkohol über viele Wochen. Ich war nicht mehr ich selbst, schon lange nicht mehr.“

Sein großer Rivale hilft ihm aus der Krise

Doch inzwischen hat sich Deutschlands einziger Tour-de-France-Sieger gefangen. Auch dank seinem früheren Rivalen Armstrong, der ihm wieder auf die Beine half. „Er hat mir damals viel geholfen“, betonte Ullrich. Bis heute ist der US-Amerikaner ein enger Freund.

2023 machte Ullrich dann auch endlich reinen Tisch und gab seine Doping-Vergehen zu. „Ja, ich habe gedopt“, enthüllte er in der Dokumentarserie „Jan Ullrich - Der Gejagte“. „Wenn ich meine Geschichte erzählt hätte, hätte ich viele schöne Jahre gewinnen können“, sagte er dabei. „Ich hatte die Eier nicht. Es tut total gut, es auszusprechen.“

Ullrich glänzt mit Expertise

Auch von den Drogen ist er weg. „Ich trinke nur noch Wasser und esse sehr gesund. Ich weiß, dass ich Alkohol und Drogen nie mehr in meinen Körper lassen darf“, schilderte Ullrich, der heute auf „Werkzeuge wie Sport und Yoga” setzt: „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal Yoga mache. Was mir auch geholfen hat, sind Atemübungen, lesen und längere Runden mit den Hunden.“

Auch seine Liebe zum Radsport hat er wiederentdeckt. Ullrich veranstaltet selbst Events und gibt seine Expertise zu den aktuellen Geschehnissen ab. Ob in seinem Podcast Ulle & Rick mit dem ehemaligen Profi-Radfahrer Rick Zabel, oder als Experte der Tour de France bei Eurosport. Ullrich glänzt mit kompetenten Analysen und gewinnt viel Sympathie.

Seine Söhne eifern Ullrich nach

Auch privat ist wieder alles in Ordnung. Mit seiner Partnerin Elizabeth Napoles lebt er wieder in Merdingen in der Nähe von Freiburg, wo er schon während seiner aktiven Karriere gewohnt hatte. Nach der Karriere hatte er auf Mallorca sowie in der Schweiz gelebt.

Zu seinen vier Kindern pflegt die Radsport-Legende ebenfalls wieder regelmäßigen Kontakt. Toni (12) und Benno (14) eifern ihrem Vater fleißig nach und sind auf dem Rad aktiv. „Sie sind zwar noch nicht in dem Alter, um Profis zu sein, aber die kommen auch nach. Ein paar Jahre noch, dann schlägt’s ein. Ich drücke die Daumen“, sagte Ullrich stolz Anfang dieses Jahres.

Am Wochenende gibt es dann allerdings einen Rollentausch. Dann werden Ullrichs Kinder ihrem Vater die Daumen drücken, der am Samstag bei der TV-Show „Schlag den Star“ gegen Skisprung-Legende Sven Hannawald antritt.