Die deutschen Meisterschaften im Vielseitigkeitsreiten haben durch den Sturz von Reiterin Maj-Jonna Ziebell und ihrer Stute Chiquita eine tragische Note erhalten. Während sich die Reiterin schnell wieder auf den Beinen befand, gab der Veranstalter am Samstagabend die schlimme Nachricht bekannt, dass das Tier eingeschläfert werden musste.
Drama: Warum das Pferd sterben musste
Grund für die drastische Maßnahme war ein Schulterbruch, den das Pferd beim Sturz über ein Hindernis erlitten hatte. Doch warum musste diese bei einer Verletzung ergriffen werden, die bei einem Menschen meist nur eine Heilungsdauer von wenigen Monaten erfordert?
Sturz-Drama: Tierarzt erklärt drastisches Vorgehen
Tierarzt Dr. Matthias Baumann, der das Turnier für den Weltverband FEI überwachte, schilderte die traurigen Hintergründe. „Es war leider gesichert eine Verletzung, die dem Pferd sehr, sehr viele Schmerzen bereitet“, sagte Baumann dem NDR.
„Ein Pferd ist ein Tier, das gehen, laufen und stehen möchte – nicht liegen. Und leider gibt es auch keinen Rollstuhl für Pferde. Und wenn dauerhafte Schmerzen entstehen, greift unser Tierschutzgesetz. Dann müssen wir leider das Pferd einschläfern", klärte er über die deutlichen Unterschiede zwischen Mensch und Tier auf.
Ziebell blieb also nichts anderes übrig, als das tragische Schicksal von Chiquita zu akzeptieren.
„Mein Pferd war etwas ganz Besonderes. Jeder, der Chiquita besser kennenlernen durfte - was sie selbst auswählte - hat sich in das Pferd verliebt. Ich habe meine beste Freundin verloren und bin unfassbar traurig“, wird die Reiterin in der offiziellen Stellungnahme zitiert.
Meisterin Krajewski nach Horror-Sturz nachdenklich
Durch den tödlichen Unfall werden nun auch die Diskussionen um die Sicherheit im Reitsport wieder lauter. So gab sich auch die frischgebackene Meisterin Julia Krajewski trotz ihres Sieges nachdenklich.
„Ich frage mich sehr, sehr häufig, was ich besser machen kann. Wie ich mich und meine Pferde optimal vorbereiten kann. Und wenn so etwas passiert, ist die Aufgabe aller Beteiligten, sich zu fragen: Gibt es irgendwas, was ich hätte anders machen können, um so etwas zu vermeiden?“, wird sie von der Bild zitiert.
Neues MIM-System soll Reitsport sicherer machen
Fragen wie diese beschäftigen den Reitsport schon seit längerer Zeit. In den vergangenen Jahren wurde das sogenannte MIM-System entwickelt, welches die in der Vielseitigkeit massiven Hindernisse bei einer Berührung zum Klappen bringt.
„Wir versuchen, uns ständig weiterzuentwickeln und den Sport sicherer zu machen. Wir haben an sehr vielen Hindernissen schon entsprechende Sicherheitssysteme und diese Techniken werden immer weiter ausgearbeitet, weil wir genau diese Stürze verhindern wollen“, führte Olympia-Reiterin Bettina Hoy im Gespräch mit dem NDR aus.
Bei dem Sturz von Ziebell und Chiquita, der bei einem als eher unspektakulär geltenden Hindernis geschah, hätte allerdings auch ein MIM-System keinen Unterschied gemacht. Wie in einigen anderen Sportarten bleibt auch beim Reitsport ein gewisses Risiko kaum kontrollierbar - für Mensch und Tier.
Hoy verteidigt Reitsport
Hoy setzt sich aber dennoch gegen die vielen kritischen Stimmen zur Wehr, die den Reitsport aufgrund der Strapazen und Gefahren für die Tiere verurteilen.
„Wenn man sieht, mit wie viel Freude die Pferde in der Startbox stehen – die wollen einfach laufen, die wollen galoppieren, die wollen springen. Die Pferde, die hier an den Start gehen, sind für diesen Sport gezüchtet worden", verdeutlichte sie.
Das Risiko versuche man „durch eine Top-Ausbildung so weit wie möglich zu minimieren. Wenn ich mich ins Auto setze, kann ich auch einen Unfall haben. Das Risiko spielt einfach mit im Leben und gehört leider Gottes auch ein bisschen dazu“, hielt sie fest.
Großes Mitgefühl verspürt sie mit der Reiterin dennoch. „Es stehen alle Reiter hinter Maj-Jonna und drücken sie ganz fest, weil das einfach furchtbar ist“, teilte sie die Gedanken der Reit-Szene.