Spätestens seit den Olympischen Spielen 2024 in Paris zählt Schwimmerin Isabel Gose zu den bekanntesten Einzelsportlern in Deutschland.
Olympia? „Immer wieder in meinem Kopf“
Ihre begeisternden Auftritte und der Gewinn der Bronze-Medaille sorgte mit dafür, dass die 23-Jährige längst eines der Gesichter des deutschen Schwimmsports ist.
Für Gose wartet mit der am 11. Juli startenden Schwimm-WM bereits das nächste absolute Highlight. In Singapur wird sie dann erstmals bei einem Großereignis neben dem Becken auch im Freiwasser an den Start gehen.
Vor der WM nahm sich Gose aber noch Zeit für SPORT1 und sprach im Interview über die anstehende WM. Durchaus kritisch blickt sie zudem auf die mediale Wahrnehmung ihres Olympia-Coups zurück.
SPORT1: Hallo Frau Gose, bald startet die Schwimm-WM. Wie ist es Ihnen ergangen in der Vorbereitung?
Isabel Gose: Ich bin gut und vor allem gesund durchgekommen. Natürlich gab es auch Phasen, wo es ein bisschen holprig war und das Training nicht so lief, wie ich mir das vorgestellt habe. Aber ich bin ja schließlich keine Maschine. (lacht)
SPORT1: Wenn es mal einen Rückschritt gibt. Was hilf Ihnen da, um mental mit der Situation umzugehen?
Gose: Auf jeden Fall gutes Essen (lacht). Aber so schlimm ist es meist auch nicht. Eine Woche kann ja nicht immer nur perfekt laufen. Dann sagt man sich: Beim nächsten Mal läuft es dann besser.
Schwimm-WM: So blickt Gose auf ihren ersten WM-Start im Freiwasser
SPORT1: Bei der WM treten Sie auch erstmals im Freiwasser an. Was sind Ihre Ziele speziell für diese Wettkämpfe?
Gose: Mal schauen. In der Staffel sind wir gut aufgestellt. Da liebäugeln wir schon mit einem Podiumsplatz, vorausgesetzt, alle bleiben fit. Für mich gibt es dann ja auch noch das Knock-out-Rennen, da schaue ich einfach mal, was da so geht. Ich schwimme das ja dann auch zum ersten Mal. Wir haben im Trainingslager auch schon viel Hitzeanpassung gemacht. Das ist in Singapur ja auch so ein Thema. Da wird es sehr warm und auch die Luftfeuchtigkeit wird sehr hoch sein. Da bin ich mal gespannt, wie unsere Körper dann damit umgehen.
SPORT1: Sie sprechen die Hitze in Singapur an. Wie schafft man es am besten sich darauf vorzubereiten?
Gose: Wir haben regelmäßig ein sogenanntes Hit-Training in der Wärmekammer gemacht: Eine Stunde Fahrrad und Intervall-Training bei 38 Grad mit 60 Prozent Luftfeuchtigkeit. Also da kommt man so richtig ins Schwitzen. Ich glaube, ich habe in meinem Leben noch nicht so viel geschwitzt (lacht). Das ist wirklich super optimal und cool gemacht. Es ist sehr, sehr anstrengend, aber auch eine gute Vorbereitung.
SPORT1: Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie sich entschieden haben, jetzt auch im Freiwasser anzutreten?
Gose: Das wurde eigentlich ein bisschen durch Flo (Anm. d. Red.: Florian Wellbrock) und Oli (Anm. d. Red.: Oliver Klemet) herbeigeredet. Also wir haben uns da immer mal wieder drüber unterhalten. Zunächst war eigentlich nur die Staffel im Gespräch, dann haben wir es in Ägypten in der Staffel einfach mal im Weltcup ausprobiert. Und das hat dann sehr gut funktioniert.
Gose ehrlich: WM-Goldmedaille? „Ich glaube nicht“
SPORT1: Zurück zur anstehenden WM. Was sind ihre Ziele für die Weltmeisterschaft?
Gose: Ziel ist es das bestmögliche aus mir rauszuholen. Ich bin kein Fan davon, das auszusprechen, was in meinem Kopf vorgeht. Das sind Sachen, die ich gerne mit mir selbst ausmache. Natürlich hat man immer die Gedanken, dass man das nochmal erleben möchte, wie in der letzten Saison. Die lief ja wirklich durchweg positiv. Da anzuknüpfen und zu wissen, dass sich das Training bezahlt macht, das ist für mich das Wichtigste. Das ist ein Gefühl, was ich immer wieder erleben möchte.
SPORT1: Bei der Europameisterschaft in Rom und auch bei der Kurzbahn-WM in Budapest reichte es schon zu Gold. Ist bei der WM in Singapur auch die erste Goldmedaille mögliche?
Gose: Oh, ich glaube nicht. So realistisch muss ich schon sein. Das ist aber auch ehrlich gesagt gar nichts, was so in meinem Kopf vorkommt.
SPORT1: Auf welchen Strecken rechnen Sie sich die besten Chancen aus, zumindest ein echtes Top-Ergebnis zu liefern?
Gose: Auf jeden Fall über die 1500 Meter.
Hoher Erwartungsdruck! „Manchmal gar nicht so einfach“
SPORT1: Sie werden bei der WM ja wieder über zahlreiche Strecken an den Start gehen. Wie schafft man es da wirklich immer voll fokussiert zu bleiben, sowohl körperlich als auch mental?
Gose: Mental sehe ich kein großes Problem. Es wird aber sehr wichtig sein, dass man sich körperlich zwischen den Wettkämpfen erholt. Gerade auch, weil man so schweren Bedingungen ausgesetzt ist. Es wird sehr warm sein, wir werden sehr viel schwitzen. Deswegen wird es wichtig sein, dass man in der Woche viel trinkt, viele Elektrolyte zu sich nimmt, gut isst, um den Körper wieder auf einen Stand zu bringen, in dem man Top-Leistungen bringen kann.
SPORT1: Sie haben schon angesprochen, dass das letzte Jahr wirklich super war, gerade auch mit den Olympischen Spielen. Sie sind seitdem zu einem der Gesichter des deutschen Schwimmsports geworden. Freut man sich darüber oder bringt es auch zusätzlichen Druck?
Gose: Beides. Es gibt mir schon ein bisschen Sicherheit, dass man weiß, dass man wirklich zur Weltspitze gehört. Man hat aber natürlich auch den eigenen Erwartungsdruck. Das ist manchmal gar nicht so einfach, aber ich versuche dann einfach auf meine Stärken zu vertrauen und das ins Wasser zu bringen, was ich mir im Training hart erarbeitet habe.
SPORT1: Knapp ein Jahr ist Olympia nun her. Wie blicken Sie selbst auf die Spiele zurück?
Gose: Das ist immer wieder in meinem Kopf. Das ist ein Moment, den ich in meinen Gedanken sehr gerne immer wieder abspiele, weil mir das einfach extrem viel Motivation gibt. Das ist ein ganz tolles Gefühl, was der Gedanke in mir auslöst. Es ist Wahnsinn, dass das schon wieder ein Jahr her ist und wie die Zeit vergeht. Das ist auf jeden Fall eine Sache, die mich so schnell nicht loslassen wird.
„Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass man mich als eigenständige Athletin sieht“
SPORT1: Rund um die Olympischen Spiele stand in den Medien immer wieder auch ihre Ex-Beziehung zu Lukas Märtens im Fokus. Hat sie das gestört?
Gose: Ich habe währenddessen davon gar nicht so viel mitbekommen, dadurch, dass ich Medien komplett außen vor gelassen habe und mittlerweile haben wir das Thema auch abgehakt.
SPORT1: Aber man kann schon sagen, dass es Sie zumindest ein bisschen genervt hat, dass dieses Thema oft mehr im Fokus stand, als Ihre eigene sportliche Höchstleistung?
Gose: Es war okay, schließlich war er Teil meines Lebens und wir sind auch heute noch gut befreundet. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass man mich als eigenständige Athletin sieht, aber Lukas ist ein erfolgreicher Schwimmer, da wird eben gerne mal nachgehakt. Für mich ist das, wie gesagt, abgehakt.
SPORT1: Zum Abschluss nochmal zurück zur WM. Wie läuft die Weltmeisterschaft im optimalen Fall für Sie?
Gose: Meine optimale Vorstellung wäre natürlich, dass ich überall Bestzeit schwimme und mit einer Medaille nach Hause komme. Dann ist alles prima (lacht). Aber Spaß beiseite. Ich möchte da wirklich einfach positiv ran gehen und zeigen, was ich drauf habe. Ich bin wirklich sehr gespannt auf die Zeit in Singapur. Es wird sicher eine sehr aufregende Zeit. Da freue ich mich drauf.