Novak Djokovic ist ein Kämpfer, auf dem Court drehte er zahlreiche Matches nach Rückständen noch. Doch mittlerweile kämpft der 37-Jährige nicht nur mit seinen Gegnern, sondern auch immer mehr mit seiner Gesundheit - und damit auch um die Zukunft seiner Tenniskarriere.
Einer glorreichen Ära droht das Ende
Beim zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres in Paris musste der Serbe aufgrund eines Meniskusrisses seinen Rückzug aus den French Open vor dem Viertelfinale bekanntgeben. Diese Nachricht erschütterte nicht nur das aktuelle Turnier, sondern wirft auch große Schatten auf die kommenden Highlights Wimbledon und Olympia.
Um die Chance der Teilnahme am Leben zu erhalten, hat sich der Tennis-Star bereits unter das Messer gelegt. „Ich bin immer noch dabei, das alles zu verarbeiten, aber ich freue mich, euch mitteilen zu können, dass die Operation gut verlaufen ist“, schrieb der Tennis-Star auf X, ehemals Twitter. Viel Zeit bleibt dem Serben nicht: Die Olympischen Spiele in Paris würden für den Tennisprofi am 27. Juli losgehen, Wimbledon startet bereits am 1. Juli.
Djokovic, der in dieser Saison bisher noch keinen Titel gewinnen konnte, sieht sich mit 37 Jahren am Scheideweg seiner Karriere. Das Jahr 2024 hat dem serbischen Ausnahmespieler bislang wenig Glück gebracht, und die jüngste Verletzung könnte das Ende einer Ära einläuten. Klar ist: Die Zeit läuft gegen ihn.
Der erste Schritt Richtung Wachablösung ist mit dem Rückzug von Roland Garros vollzogen. Der Serbe wird sich nach Abschluss der French Open nicht mehr an der Spitze der Weltrangliste befinden. Die neue Nummer eins ist dann der 22-jährige Jannik Sinner aus Italien.
Der übrig gebliebene des Erfolgs-Trios
Der „Djoker“ kann auf eine Karriere zurückblicken, die ihresgleichen sucht. Immer wieder wird er mit zwei der Größten unserer Zeit verglichen: Rafael Nadal und Roger Federer. Blickt man auf den Karriere-Herbst der beiden Tennis-Asse, fallen Parallelen zu Djokovics momentaner Situation auf.
Federer verabschiedete sich im September 2022 endgültig vom Spitzensport. Der Schweizer war 41, als er endgültig beschloss, seine glorreiche Karriere zu beenden. Insbesondere die letzten drei seiner Profi-Jahre waren von Knieproblemen geprägt.
Und auch wenn Rafael Nadal noch aktiv ist, sein Ruhestand ist ebenfalls in Sicht. Der Spanier hatte ein baldiges Karriereende bereits mehrfach angedeutet. 2022 konnte der heute 38-Jährige seine letzten beiden Grand Slams gewinnen. Seitdem konnte er keine großen Erfolge mehr feiern.
Grund dafür sind wohl einmal mehr Verletzungen. Nadal litt in der jüngsten Zeit vermehrt unter Muskelverletzungen und auch Hüftprobleme zogen ihn mehrere Monate außer Gefecht.
Mehr Grand-Slam-Titel als Federer und Nadal
Ob die Knieverletzung nun auch bei Djokovic der Anfang vom Ende ist, bleibt abzuwarten. Was die großen Erfolge angeht, ist er seinen langjährigen Weggefährten allerdings einen klaren Schritt voraus. Der Serbe ist der älteste Tennisspieler, der je auf Platz eins der Weltrangliste stand und kann sich mit ganzen 24 Grand-Slam-Titeln schmücken. Nadal konnte bislang 22 Grand-Slam-Turniere gewinnen und Federer kam auf 20.
Was Djokovic noch fehlt ist die olympische Goldmedaille. 2008 in Peking gewann er Bronze im Einzel. In Paris, wo jetzt sein Körper streikte, könnte er das den letzten Makel beseitigen.
Langjährige Djokovic-Dominanz
Die Karriere des serbischen Tennisprofis war geprägt von unzähligen Rekorden und herausragenden Momenten. Im Juli 2011 erklomm er erstmals die Spitze der Weltrangliste und gewann in diesem Jahr zehn Finalbegegnungen, darunter die Australian Open, Wimbledon und die US Open. 2015 war sein wohl erfolgreichstes Jahr mit elf Titeln, darunter die Australian Open, Wimbledon, die US Open und sechs Masters-Turniere.
In seiner Karriere gewann Djokovic bislang 98 Titel im Einzel sowie ein Turnier im Doppel. Er ist der einzige Spieler, der jedes Grand-Slam-Turnier mindestens dreimal gewinnen konnte.
Der Serbe dominierte die Tenniswelt über ein Jahrzehnt und stellte immer wieder seine mentale Stärke und Ausdauer unter Beweis. Ob auf den harten Courts von Melbourne, dem heiligen Rasen von Wimbledon oder dem Sand von Roland Garros – Djokovic war stets ein Favorit auf den Titel.
Einer seiner beeindruckendsten Karriere-Momente war wohl 2019, als er in einem epischen Wimbledon-Finale gegen Roger Federer triumphierte. 2021 war ein weiteres herausragendes Jahr für Djokovic: Er gewann die Australian Open, die French Open und Wimbledon und schaffte damit fast den „Grand Slam“, also den Gewinn aller vier Grand-Slam-Turniere innerhalb eines Kalenderjahres.
2024 verlief für den Rekordspieler allerdings alles andere als erfolgreich. Der „Djoker“ absolvierte bis zu den French Open fünf Turniere - konnte allerdings kein einziges gewinnen.
Neben dem Court ein umstrittener Champion
Abseits des Tennisplatzes bleibt Djokovic eine polarisierende Figur. Bekannt für seine kontroverse Haltung gegen Corona-Impfungen, hat er dadurch mehrere große Turniere verpasst und weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Auch seine politischen Äußerungen sind oft umstritten, was ihm regelmäßig den Unmut von Politikern, auch in seinem Heimatland Serbien, einbringt.
Sein unbändiger Ehrgeiz ist ein zweischneidiges Schwert: Während der Serbe auf dem Platz brilliert, rutscht er in der Beliebtheitsskala häufig nach unten. Die Pfiffe des Publikums scheinen ihn zu treffen, denn er reagiert immer wieder mit provokanten Gesten in Richtung seiner Kritiker. Doch paradoxerweise scheint diese Ablehnung seinen Erfolgswillen nur noch mehr anzufachen.
Geht es nach ihm selbst, stehen ihm noch ein paar Jahre im Profi-Tennis bevor. „Ich möchte bis Los Angeles 2028 spielen“, hatte der Serbe im April bei den Laureus Awards verkündet.
Doch die Zeichen der Zeit machen auch vor Legenden nicht halt. Mit 37 Jahren und einer langen Liste an Erfolgen muss er nun akzeptieren, dass der Körper nicht mehr dieselbe Belastbarkeit aufweist wie in jüngeren Jahren.
Die Tenniswelt schaut gespannt auf die kommenden Wochen und Monate, in denen sich entscheiden wird, ob Djokovic noch einmal zu alter Form zurückfindet oder ob wir einen der größten Spieler aller Zeiten am Ende seiner aktiven Karriere sehen.
Eines ist sicher: Novak Djokovic hat das Spiel geprägt wie nur wenige vor ihm, und seine Errungenschaften werden noch lange in Erinnerung bleiben – egal, was die Zukunft für ihn bereithält.