Diese Geschichte ist eigentlich kaum zu glauben. Ein absoluter Weltstar wird ab der kommenden Saison regelmäßig im beschaulichen Saarland zu sehen sein.
Wechsel elektrisiert ganze Sportart
Tischtennis-Megastar Fan Zhendong wechselt in die Bundesliga. Das gab sein neuer Verein, der 1. FC Saarbrücken, zuletzt bekannt. Im Saarland soll der Chinese in der Bundesliga, im Pokal und auch in der Champions League zum Einsatz kommen.
Der Transfer ist ein unglaublicher Coup, vergleichbare Wechsel in den vergangenen Jahrzehnten sind Fehlanzeige. Gerüchte, dass es den siebenmaligen Weltmeister (fünfmal im Team, zweimal im Einzel) und dreimaligen Olympiasieger (zweimal im Team einmal im Einzel) nach Saarbrücken verschlagen könnte, gab es keine. Die Tischtennis-Megastars aus China spielen fast nie außerhalb ihres Heimatlandes in einer Vereinsmannschaft.
Wie es dazu kommen konnte, erzählt Saarbrückens Manager Nicolas Barrois bei SPORT1.
Transfer-Coup „total surreal“
„Im Tischtenniszirkus ist es so, dass bei Turnieren immer mal unter den Spielern geflachst wird: ‘Komm doch nach Deutschland oder komm doch nach China’“, erinnert sich Barrois im Gespräch mit SPORT1. „Wir haben dann aus mehreren Quellen erfahren, dass er bereit wäre, in Europa zu spielen. Das war erst einmal total surreal.“
„Wir mussten überlegen, wie wir mit dieser Information umgehen sollen. Unser Kader war eigentlich voll, aber eine solche Chance gibt es nur sehr selten“, erzählt Barrois weiter: „Wir haben uns ausgetauscht und sind relativ schnell zu dem Ergebnis gekommen, dass das passen könnte.“
Nachdem grundsätzlich klar gewesen sei, dass sich Fan Zhendong den Wechsel vorstellen könne, sei es dann erst so richtig stressig geworden. Enorm viele Dinge mussten geklärt werden. „Irgendwann war der 31. Mai da, die Wechselfrist lief ab. Und dann hieß es: ‘Ok, jetzt müssen wir es machen oder wir lassen es’“, sagt Barrois.
Weltstar in Saarbrücken! „Das ist unser Projekt“
Und Saarbrücken entschied sich für Fan Zhendong! „Wir mussten unsere Möglichkeiten ausschöpfen, haben uns mit der Tischtennis-Bundesliga ausgetauscht, mit Sportanwälten getroffen, um zu schauen, wie man einen Vertrag für einen chinesischen Tischtennisspieler ausgestalten kann und sind dann zum Schluss gekommen, dass es wenige Hürden gibt“, blickt Barrois zurück.
Man habe sich auch mit der Liga über das Projekt ausgetauscht, allerdings erst, als der Transfer schon fast über die Bühne war. Deshalb macht Saarbrückens Manager auch deutlich: „Das ist kein Projekt der Liga, das ist unser Projekt.”
Und dieses Projekt erfordert auch nach der Verpflichtung noch einiges an Planung. „Es ist noch alles sehr offen. Geplant ist, dass er am ersten Spieltag zum Einsatz kommt. Wir wissen allerdings noch gar nicht, wann dieser stattfindet, vermutlich Ende August.“
Der Ansturm auf die Spiele des Superstars werde groß sein. Entsprechend gibt es Überlegungen, die Heimspiele, bei denen Fan Zhendong zum Einsatz kommt, in die großen Saarlandhalle zu verlegen. Dort finden knapp 3000 Zuschauer Platz.
Sogar die Konkurrenz gratuliert
Der Hype ist nach dem Transfer-Coup riesig. „Von dem ein oder anderen Verein wurden uns Glückwünsche zugetragen. Von anderen Seiten gab es Ungläubigkeit, die Fans konnten es nicht so wirklich fassen. Es war schon wild und verrückt, was da jetzt passiert ist“, erklärt Barrois.
Nun müsse der Verein schauen, wie man dem Ansturm gerecht werden könne. „Es gibt noch zwei bis drei Baustellen, die wir angehen müssen. Den Hype müssen wir irgendwie abfedern. Auch wenn es ganz schlimm ist, dass man Hype abfedern muss, aber in diesem Fall müssen wir es.“
Schließlich gehe es in erster Linie darum, dass Fan Zhendong „entspannt Tischtennis spielen kann. Wir müssen ihn noch bei einigen Dingen unterstützen.“
Dass die Reaktionen derart euphorisch ausfallen, kommt nicht überraschend. An das Niveau des Chinesen kommen und kamen schließlich nur ganz wenige heran. Das bestätigte auch Tischtennis-Legende Timo Boll zuletzt in der SZ: „Viele halten Ma Long für den Besten jemals, aber für mich ist es Fan Zhendong. Er ist der Einzige, gegen den ich nie gewonnen habe. Achtmal gespielt, achtmal verloren.“
Saarbrücken hofft auf „enormen Image-Boost“
Beim 1. FC Saarbrücken bilden sie spätestens nach der Ankunft des Chinesen ein echtes Superteam. Aktuell zählen mit dem schwedischen Weltranglisten-Sechsten Truls Möregardh, dem slowenischen Weltranglisten-Zehnten Darko Jorgic und dem deutschen Weltranglisten-14. Patrick Franziska schon drei Top-Spieler zum Team. Möregardh und sein zukünftiger Teamkollege Fan Zhendong trafen übrigens 2024 im Olympia-Finale aufeinander.
Nicht zufällig konnte Saarbrücken zuletzt dreimal in Folge die Champions League ins Saarland holen. Dem Verein gehe es bei dem Transfer aber nicht nur um den sportlichen Erfolg. Man hoffe „auf Zuspruch bei Zuschauern und beim Merchandising“.
Zudem könne der Transfer auch für die Zukunft viele Türen öffnen: „Wir haben unglaublich viele Anfragen, was Vereinsmitgliedschaften angeht. Es ist ein enormer Image-Boost für uns und es wäre schön, wenn davon was hängen bleibt.“
„Nicht finanziell, sondern dass wenn der Spieler irgendwann nicht mehr bei uns spielt, dass von den Kindern, die sich seinetwegen anmelden, auch welche erhalten bleiben”, hofft Barrois: „Dass man davon für die Zukunft profitieren kann - im Sinne von Mitgliederstärke, im Sinne von Jugendarbeit.”
Wie lange der Weltstar in Saarbrücken bleibt, ist übrigens noch offen. Die aktuelle Saison sei fix, aber: „Man weiß ja nie, wie lange so ein Engagement dauern kann“, sagt Barrois.