Die Coronakrise hat den Fußball verändert. Auch der Transfermarkt ist von der Pandemie betroffen. Wie lange und wie intensiv, kann wohl kaum einer vorhersehen.
Neblung sieht große Teams im Vorteil
"Wir sehen an Bayern München, dass das Transfergebaren weitergeht. Neuer, Müller, Sané – das ist schon beachtlich. Gleichwohl sind die meisten anderen Vereine in einer abwartenden Position, da die Umsätze nicht mehr erzielt werden wie vorher, auch aus Transfereinahmen", skizziert Spielerberater Jörg Neblung im Podcast "SPORT1 Corona Update" die aktuelle Marktsituation.
Der Rekordmeister hatte vor zwei Wochen den Transfer von Leroy Sané bekannt gegeben. Vorher wurden die Vertrage von Thomas Müller und Manuel Neuer verlängert - ohne Corona-Discount.
Neblung war Berater des verstorbenen Robert Enke, aktuell zählen unter anderem Stefan Ortega (Arminia Bielefeld) und Robin Himmelmann (FC. St. Pauli) zu seinen Klienten. Das Konzept kleinerer Vereine, Geld über günstige Spielereinkäufe und teure Spielerverkäufe zu generieren, funktioniere in diesen schwierigen Zeiten so nicht.
Neblung sieht keinen langfristigen Effekt bei den Preisen
Deshalb sei es spannend, zu sehen, wie sich die gesamte Wirtschaft erhole. Einen langfristigen Effekt auf die Preise sieht Neblung allerdings nicht. "Ich bin aber sicher, dass wir in zwei bis drei Jahren wieder die Preise sehen werden, die vor sechs Monaten gezahlt wurden und das fleißig eingekauft wird."
Neblung zählt nicht nur Profis aus Bundesliga und 2. Bundesliga zu seinen Klienten, auch unterklassige Spieler zählen zu seinem Portfolio. Für diese Spieler sei die aktuelle Situation noch schwieriger. "Wir haben eine große Abwartesituation, keiner weiß, wie im nächsten Jahr gespielt wird", erklärte er.
Der 52-Jährige verdeutlicht die Probleme: "Die Vereine der unteren Ligen wie Beispielsweise RW Essen oder Alemannia Aachen leben von den Zuschauereinnahmen. Diese Einnahmen fallen weg, es gibt kein TV-Geld und die mittelständischen Sponsoren ziehen sich zurück – das würde große Einschnitte bedeuten. Wir können deshalb nur mit angezogener Handbremse Verträge ins Ziel bringen."
Eine Chance für den Nachwuchs
Doch nicht für alle sei die neue Situation auf dem Transfermarkt schlecht. "Die Klubs, die aktuell über Geld verfügen und etwas ausgeben können, finden einen wunderbaren Markt vor. Sie können mit geringeren Volumina arbeiten, sprich weniger Gehalt und weniger Transferausgaben vornehmen und gleichzeitig eine höhere Spielerqualität kriegen", erklärt Neblung.
Jetzt die Spielewelt von SPORT1 entdecken - hier entlang!
Auch die Spielervermittlung und damit Neblungs Job sei schwieriger geworden. "Der gut bezahlte Durchschnittsspieler wird in diesem Moment Probleme haben." Dieser müsste dann womöglich länger warten, um ein adäquates Angebot zu bekommen.
Allerdings bietet die aktuelle Situation für Neblung auch die Chance für Nachwuchsspieler. "Wer sich in dieser Phase viel bewegt und viel in den Körper investiert, der wird am Ende des Lockdowns als Gewinnen hervorgehen", erklärte Neblung.
Viele Vereine dürften in Zukunft auf einen kleineren Kader setzen. Das sei die Chance für junge Spieler, schneller zu Einsätzen zu kommen. "Die Bedeutung von jungen Spielern rutscht nach oben, in der Hoffnung, dass sich dort ein Leistungsträger von morgen entwickelt, der für eine hohe Ablöse den Verein verlässt. Die Situation ist für talentierte Spieler sehr gut."